Was für viele Teckis eine super Erfindung sein mag, ist für Datenschützer ein Albtraum: Amazon hat jüngst ein neues Patent für Alexa, dem hauseigenen digitalen Assistenten, angemeldet. Während Alexa als Lautsprecher und verknüpft mit weiteren IoT-Geräten im Haushalt steht und dabei verschiedene Aufgaben proaktiv wahrnehmen bzw. das Leben des Nutzers vereinfachen soll, schwebt dem Internetgiganten noch eine erhebliche Erweiterung des Funktionsumfangs vor.
Laut dem neuen Patent soll Alexa über das Mikrofon auch weitere Zusatzinformationen des Nutzers sammeln und analysieren können, die auf die Gesundheit des Anwesenden schließen. Anschließend sollen dem Kunden passende Inhalte angeboten werden. Wird beispielsweise ein Husten über das Mikro wahrgenommen oder lassen sich aus der Spracheingabe vergleichbare Erkenntnisse über etwaige Erkrankungen des Nutzers gewinnen, soll der digitale Assistent von Amazon sich aktiv einschalten und Medikamente bzw. Arzneimittel zum Kauf anbieten. Die konkrete Auswahl des Produktes und den Preis würde der Dienst dann mutmaßlich schnell überspringen und auch gleich den Blitz-Versand veranlassen, damit in wenigen Stunden der Postbote mit entsprechender Ware vor der Tür steht.
Doch damit nicht genug: Das sehr allgemein gehaltene Patent soll auch noch zahlreiche weitere Analyseverfahren und Auswertungsmethoden nach dem Prinzip der „verhaltensbasierten Zielkriterien“ vorsehen, die sich Alexa zu Nutze machen kann. Von Meta-Daten, Surfveralten bis hin zur Auswertung des Browserverlaufs am Computer und anderen Endgeräte, die über die Amazon App/Webseite im Netzwerk mit dem Lautsprecher verbunden sind, darf sich die Software danach bedienen. Es ist damit zu rechnen, dass auch Standortdaten und Interessen/Interaktionen hierbei einfließen werden.
Eigentlich beschränkt sich laut Medienberichten das Interesse vom Internet-Riesen auf die Erkennung von offenkundigen Gefühlen und Krankheiten seines Nutzers, um diesen besser zu verstehen und zu versorgen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz dürfte die Technik stets optimiert werden, so dass auch weitere Emotionen, Ängste, Sorgen, Traurigkeit bis hin zu Depressionen anhand der Stimmlage, Wortwahl sowie des Verhaltens identifiziert werden könnten. Hier bestehen Gefahren, dass durch die Verhaltensanalyse sogar bestimmte Handlungen des Betroffenen vorhersehbar werden und dadurch diese auch beeinflusst werden können. Denn bei der individuellen Preisgestaltung und personalisierten Werbung schwingen derartige Bedenken häufig mit.
Alexa vs. Datenschutz
Amazons Pläne der Automatisierung und Beschleunigung von Kauf- und Bestellvorgängen mögen das Leben vereinfachen, stoßen aber auf rechtliche Bedenken. Auch der Datenschutz dürfte zumindest in Europa diesen Konzepten im Wege stehen.
Für eine derartige individuelle wie auch umfassende Kundenanalyse bedarf es der Einwilligung, insbesondere bei der Verarbeitung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten (Art. 9 DSGVO), zu denen auch die Gesundheitsdaten zählen. Darüber hinaus könnten sogar biometrische Daten des Betroffenen berührt sein, wenn sich durch die Stimme und insgesamt durch ein Verhalten (Verhaltensbiometrie) ein einzigartiger Datensatz zu einer Person ergibt, die danach eindeutig identifiziert werden kann (Vgl. Art. 4 Nr. 14 DSGVO).
Eine Rechtsvorschrift wäre nur schwerlich anzunehmen, da Amazon (noch) keine Rolle als Arzt oder Apotheker einnimmt und folglich diese sensiblen Daten des Betroffenen auch nicht zur medizinischen Diagnostik oder Behandlung auf Grund einer Rechtsgrundlage verarbeitet. Und dann bliebe zu hinterfragen, ob all diese ständig verarbeitet Daten des Nutzers über das Mikrofon wie auch die Analyseverfahren auch hierfür erforderlich wären.
Eine ähnliche Diskussion lässt sich bei einem neuen Patent von WalMart führen, wonach der der Supermarkt-Betreiber mittels Sensoren am Griff des Einkaufwagens Gesundheitsdaten der Kunden verarbeiten und für viele denkbare Szenarien nutzen könnte.
Sodann bestehen Zweifel an einer Aufklärung über die Tragweite und Logik des Systems durch Amazon. Mithin wäre eine langfristige Speicherdauer und Auswertung der Eingaben (Ton, Suchverhalten, Interessen), die sicherlich zur Steigerung der Effizienz und Treffgenauigkeit beabsichtigt ist, äußerst bedenklich. Eine jederzeitige Kontrolle über die Audiodateien und Datensätze wäre zu fordern. Ob und inwiefern diese Datenverarbeitung auch tatsächlich innerhalb Europas erfolgt und verbleibt, ist angesichts der Cloud-Lösung von Amazon kritisch zu sehen.
Außerdem tritt bei den sprachgesteuerten digitalen Assistenten wie Alexa oder Google Home noch die Besonderheit hinzu, dass diese theoretisch auch Stimmen anderer anwesender Personen, wie z.B. von weiteren Familienangehören oder Gästen aufzeichnen und deren Daten verarbeiten können. Doch diese Personen werden erst recht keine Einwilligung in die Datenverarbeitung durch die Software von Alexa erteilt haben. Unabhängig dessen würden diese Daten Unbeteiligter möglicherweise auch die Nutzer-Analyse beeinflussen und somit den Erfolg der erhofften technologischen Revolution verwässern.
Im Ergebnis wäre daher der Einsatz des Patents von Alexa in Europa unzulässig, selbst bei Annahme einer halbwegs haltbaren Einwilligung des Nutzers durch Aktivierung dieses Features in der Amazon App.