Die sind ja doch alle gedopt, war die Antwort eines befreundeten Radrennsportenthusiasten auf meine Frage, ob er sich die Tour de France anschaue. Daraus wird deutlich, wie die Reputation des Sports unter Dopingfällen leidet. Dies ist nicht nur für den Sport als solchen problematisch, sondern vor allem auch für die Athletinnen und Athleten, die sich fair verhalten und sich unter Generalverdacht gestellt sehen.

In Deutschland wacht die NADA (Nationale Anti-Doping-Agentur) über die Einhaltung der Regeln für einen sauberen, dopingfreien Sport. Zu diesem Zweck, und um Doping-Verstöße transparent zu machen, veröffentlichte die NADA seit 2016 in einer online Dopingsünder-Datenbank (NADAjus) Entscheidungen und Sanktionen gegen Athletinnen und Athleten nach einem abgeschlossenen Disziplinarverfahren bei einem Verstoß gegen Antidopingbestimmungen. Dabei handelt es sich sowohl um von der NADA durchgeführte Verfahren vor dem Deutschen Sportschiedsgericht als auch um beendete sportgerichtliche Verfahren, die von den Sportfachverbänden selbst geführt wurden. Im Einzelnen wurde die Art des Verstoßes und das Datum sowie die verbotene Substanz oder Methode sowie die verhängten Sanktionen veröffentlicht, zusammen mit dem Vornamen und dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens der Athleten. Entscheidungen gegenüber Minderjährigen wurden nicht aufgeführt. Nach Ablauf der Verjährungsfrist wurden die Einträge gelöscht.

Die Datenschutzaufsichtsbehörde wird eingeschaltet

Nun hatte sich ein in der Datenbank genannter Athlet wegen des Eintrags an die zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) gewendet und sich gegen die Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Dopingsanktionen beschwert.

Die Datenschutzaufsichtsbehörde war zu der Einschätzung gelangt, dass es für die unbeschränkte Veröffentlichung von Sanktionsentscheidungen aus Doping-Verfahren unter Nennung des Namens oder sonstiger identifizierender Informationen keine Rechtsgrundlage gebe.

Die Behörde argumentierte weiter, dass vor einer Veröffentlichung eine Einzelfallprüfung stattfinden müsse – was unter dem Aspekt des auch im Datenschutzrecht geltenden Prinzips der Verhältnismäßigkeit nicht abwegig scheint – und forderte ferner, dass die personenbezogenen Daten unkenntlich zu machen seien. Das aufsichtsbehördliche Prüfverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die NADA hat in einem ersten Schritt die Dopingsünder-Datenbank offline genommen. Allerdings betont die Antidoping-Agentur, dass ihrer Ansicht nach durch den Verzicht auf eine namentliche Nennung die Interessen einer Einzelperson über den Schutz der Gesamtheit der sauberen Athletinnen und Athleten gestellt würden. Nach dortiger Auffassung müssen Sanktionsentscheidungen kommuniziert werden, um nachvollziehbar zu sein. Die NADA teilte mit, bis zur abschließenden Klärung keine Veröffentlichungen von Sanktionsentscheidungen in einer Online-Datenbank mehr vorzunehmen, aber weiterhin Verbände und Veranstalter informieren zu wollen.

Angeprangert oder transparent?

Die Veröffentlichung gegen Athleten ergangener Entscheidungen unter Nennung des Namens der Betroffenen kann in der Tat als problematisch gesehen werden, wenn man etwa einen Vergleich zu Verurteilungen aus Strafverfahren ziehen wollte. Athletinnen und Athleten, die zwar in gewisser Weise durch die Ausübung ihres Berufs im Interesse der Öffentlichkeit stehen, steht grundsätzlich ein Recht auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten zu. Andererseits kann auch der Wunsch nach einer transparenten Berichterstattung über Dopingfälle nachvollzogen werden, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass die namentliche Nennung der Verurteilten dazu beiträgt, den Generalverdacht gegenüber der Gesamtheit der Sportlerinnen und Sportler auszuräumen.

Die Rechtsgrundlage?

Eine Veröffentlichung von Sanktionsentscheidungen ist ausdrücklich im Nationalen Anti-Doping Code (NADC) vorgesehen. Danach ist die NADA zur Erfüllung der Vorgaben aus dem Welt Anti-Doping Code (WADC) zur Veröffentlichung von Entscheidungen über Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen 20 Tage nach Rechtskraft der Entscheidung mit Angaben zur Sportart, der verletzten Anti-Doping-Bestimmung, zum Namen des/der Athleten/in oder der anderen Person, die/der den Verstoß begangen hat, zur verbotenen Substanz oder Methode sowie zur Nennung der Konsequenzen verpflichtet.

Ob daraus eine rechtliche Verpflichtung zur Verarbeitung der Athletendaten in Form der Veröffentlichung in einer Online-Datenbank resultiert, so dass eine Befugnis nach Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO gegeben wäre, darf wohl als fraglich angesehen werden, zumal der Kommentierung zur vorgenannten Vorschrift (Art. 14.3.2 WADC) zu entnehmen ist, dass, soweit die Veröffentlichung gegen geltendes, nationales (Datenschutz)Recht verstoßen würde, die NADA, wenn sie auf die Veröffentlichung ganz oder teilweise verzichtet, nicht wegen Non-Compliance belangt wird.

Man könnte auch noch daran denken, ob sich daraus unter Umständen eine Einwilligung der Athleten in die Veröffentlichung im Falle einer Verurteilung ableiten ließe. Hier wäre – wie bereits im Zusammenhang mit der Nachverfolgbarkeit der Aufenthaltsorte von Sportlern für Dopingkontrollen hier diskutiert – die Freiwilligkeit näher zu beleuchten.

Wie geht es weiter?

Laut NADA würden in anderen europäischen Ländern viel weitreichendere Informationen zur Verfügung gestellt. Das Thema soll nun mit anderen europäischen Antidopingorganisationen sowie der Welt-Antidoping-Agentur WADA erörtert werden, mit dem Ziel, „eine einheitliche und allgemein verbindliche Veröffentlichungspraxis in Europa unter Berücksichtigung der Vorgaben des Datenschutzes zu etablieren“. Die Datenschutzaufsichtsbehörden haben ihrerseits die Möglichkeit, den Themenkomplex innerhalb ihres Gremiums, der Datenschutzkonferenz, weiter zu diskutieren.

Auf der NADA Website heißt es derweil: Die NADAjus-Datenbank befindet sich derzeit in Überarbeitung.