Viele geplante Konferenzen mussten aufgrund der Corona-Krise abgesagt werden. Einige haben aber auch den Schritt ins Digitale gewagt. Hierzu gehört auch die ANON SUMMIT 2020 – eine Blockchainkonferenz mit über 8.500 angemeldeten Teilnehmern. Hier ein kurzer Bericht:

Anmeldung und Vorbereitung

Die Anmeldung zum ANON Summit 2020 konnte mit wenigen Schritten über die Plattform hopin.to online durchgeführt werden. Zur Vorbereitung der Konferenz baten die Veranstalter um das Ausfüllen des eigenen Online-Profils für die Konferenz. Kurz vor Konferenzstart erfolgte eine Erinnerung per E-Mail. Erstaunlicherweise war aus Teilnehmersicht kaum etwas vorzubereiten, da die gesamte Veranstaltung über eine eigene Plattform abgewickelt wurde. Innerhalb der Plattform hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, verschiedene Räume zu betreten (u.a. Stage, Sessions, Networking, Expo – hierzu später mehr).

Eröffnungsrede durch Ministerin Karoline Edtstadler

Die Eröffnungsrede des ANONN SUMMIT 2020 wurde von Karoline Edtstadler, Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt der Republik Österreich, live vor ca. 1.000 virtuell zugeschalteten Teilnehmern gehalten. In dem Videostream stellte die Ministerin die Herausforderungen von Bürgern und Verwaltung während er Corona-Krise dar und machte darauf aufmerksam, dass sich Geschäftsmodelle, Arbeits- und Lebensgewohnheiten der Krise anpassen müssen. Im Rahmen ihrer Rede machte die Ministerin klar, dass Österreich und die EU ein großes Interesse daran haben, Blockchain-Technologien voranzubringen, positive Rahmenbedingungen zu schaffen und eine Führungsrolle zu übernehmen: „We need the best and smartets people“.

Networking auf großen Online-Konferenzen

Neben der „Stage“, auf der die Vorträge im Live-Stream und mit Chatmöglichkeit verfolgt werden konnten, gab es im Rahmen der Konferenz auch einen interessanten Bereich namens „Networking“. Hier hatten Teilnehmer die Wahl, 10-minütige Kurzgespräche mit Videounterstützung zu führen, die zufällig unter den Teilnehmern vermittelt wurden – eine Art „Blind-Date“ für Konferenzteilnehmer, um die Kaffeegespräche und das Networking regulärer Konferenzen zu ersetzen. Insgesamt ein interessanter Ansatz, der im Selbstversuch durchaus zu interessanten Gesprächen und neuen Kontakten führte.

Panel und Diskussionen zu Libra

Im Panel zum Thema “Libra, China, Digital Programmable Euro: Getting Real about CBDC” wurde das Thema Libra kurz geschnitten. Handelt es sich hierbei um einen „Big Brother Coin“? Plant Facebook ein eigenes Payment System und wird zum Digital Identity Provider? Zumindest seit dem Ausscheiden zentraler Partner aus dem Libra-Kosortium stellt sich die Frage, welche Ziele Facebook tatsächlich verfolgt. Einige Antworten finden sich vielleicht im neuen Libra White Paper v2.0, das im April 2020 vorgestellt wurde. Das White Paper findet sich übrigens hier. Prof. Philipp Sandner vom Frankfurt School Blockchain Center stellte dar, dass Facebook im Gegensatz zu anderen Blockchain-Projekten über den Vorteil verfügt, bereits viele Nutzer mittels einer App zu erreichen, die eine zentrale Rolle bei der Errichtung eines neuen Zahlungssystems spielen könnte. Auf der anderen Seite wies Sandner auf den Nachteil hin, dass Facebook in der Vergangenheit viel Nutzervertrauen durch den negativen Umgang mit dem Thema Datenschutz verspielt hatte. Wird WhatsApp in Zukunft (auch) eine Payment-App? Oder werden Regierungen in Zukunft den Euro mit der Blockchain verknüpfen bzw. werden Zentralbanken zukünftig „Central Bank Digital Currencies“ als Alternative zu Fiatgeld etablieren?

Eine weitere interessante Funktion des Panels: Fragen konnten über Sli.do gestellt werden.

Raiffeisen Bank International über Tokenization

Stefan Andjelic, Blockchain Hub Lead der Raiffeisen Bank International hielt einen interessanten Vortrag zum Thema Asset Tokenization und stellte die These vor, dass bis zum Jahr 2027 10% des globalen Bruttosozialprodukts mithilfe von Tokenisierung digitalisiert werden. In diesem Rahmen stellte er einen an den Euro gebundenen Stable Coin der Raiffeisen Bank International dar (RBI Coin), der innerhalb der Raiffeisen Bankengruppe in Zukunft verwendet werden soll, um weltweite Finanztransaktionen innerhalb der Bankengruppe vorzunehmen.

Im Umfeld des Vortrags kam die Frage auf, ob Bankencoins nur den Zweck verfolgen, Kosten zu reduzieren und CrossBorder-Transaktionen zu vereinfachen oder nicht auch Themen wie Datenschutz und Transparenz eine treibende Rolle spielen sollten.

A1 Telekom Austria stellt Use Cases dar

Markus Schreiber, Head of Enterprise Marketing der A1 Telekom Austria, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass Blockchain-Technologien derzeit ein zentraler Innovatiostreiber für die Telekommunikationsindustrie sind und stellte verschiedene use cases dar. Spannend war ein Projekt, das einen Austausch von Gütern über Packstationen in Österreich mit Hilfe von Blockchainanwendungen realisiert – getreu dem Motto: „Find your locker station and exchange goods“.

Wirklich interessant wurde es dann aber, als Markus Schreiber darstellte, dass A1 Austria bereits seit einiger Zeit einen sog. „silent launch“ einer neuen Zahlungslösung u.a. in den A1 flagship stores testet. Hierbei handelt es sich um ein weiterentwickeltes Zahlungsterminal, das neben den gängigen digitalen Zahlungsmitteln auch verschiedene CryptoCurrencies wie Bitcoin oder Dash akzeptieren kann, wenn der Händler dies akzeptieren möchte.

Verschiedene Sessions während der Konferenz

Im Rahmen des Anon Summit 2020 konnten neben der Main-Stage auch sog. Sessions besucht werden, in denen parallel zueinander mehrere Projekte in etwas kleinerem und interaktivem Rahmen dargestellt wurden. Spannend war u.a. eine Session der Österreichischen Post, in der schon einmal allgemein über die künftige Crypto Stamp 2.0 berichtet wurde. Hierbei handelt es sich um den Nachfolger der ersten von einer offiziellen Post tokenisierten Briefmarke (wir berichteten). Leider konnte im Rahmen der Session noch nicht viel erzählt werden, aber die Spannung auf die neuen Marken wurde kräftig befeuert.

Eins zu eins Gespräche

Auch die (digitale) Welt ist manchmal klein und so war es Teilnehmern der Konferenz auch möglich, sich in separaten Gesprächen über die Videofunktion der Plattform zu verabreden.

Andreas M. Antonopoulos

Im Rahmen der Closing Keynote trumpfte Andreas M. Antonopoulos mit einem Vortag über sich beispiellos und überraschend wandelnde Lebensumstände auf und formulierte dabei auch Thesen der menschlichen Reaktion auf „Black Swan“ Ereignisse. Dabei blickte er einerseits auf geschichtliche Ereignisse zurück, wagte aber vor den aktuellen Ereignissen auch einen Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft. Er zeichnete ein Bild des Endes der Globalisierung wie wir sie kennen und prophezeite eine dezentralisierte neue Globalisierung.

Fazit

Der erste Tag des Anon Summit 2020 hat im Rückblick eine Menge Spaß gemacht und braucht sich vor Konferenzen im physischen Raum nicht zu verstecken. Insgesamt bot der erste Tag eine Reihe an Informationen und Erfahrungen und zeigte deutlich auf, dass in dem Thema Blockchain ein erhebliches Potential für die Zukunft steckt. Auch das Thema Datenschutz wird hier in Zukunft eine große Rolle spielen. Datenschützer, die jetzt noch keine Wallet haben, sollten sich möglicherweise gerade jetzt eine solche zulegen, um das Thema in Zukunft gestaltend mitbegleiten zu können.