Nachdem das Landgericht Krefeld bereits zur Grenze des Auskunftsrechts ein Urteil gefällt hat (wir berichteten), hat sich nun auch das Landgericht Berlin der Rechtsansicht des Landgerichts Krefeld angeschlossen.
Beitragserhöhung nicht akzeptiert
Ähnlich wie im Fall des Landgerichts Krefeld geht es im Urteil des Landgerichts Berlins (LG Berlin, Urteil vom 21.12.2021, Az. 4 O 381/20) um die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung eines Versicherten. Die Versicherung informierte den Versicherten über Beitragsanpassungen, sprich Erhöhungen. Diese akzeptierte der Versicherte nicht und griff sie vor Gericht an. Um die Unrechtmäßigkeit der Beitragserhöhungen zu belegen, klagte der Versicherer auf Kopien der Unterlagen über die Beitragserhöhungen von 2011 bis 2015. Diese Unterlagen sollten Anschreiben und Nachträge zum Versicherungsschein beinhalten.
Die DSGVO ist kein Steigbügelhalter zur Durchsetzung von zivilen Rechtsansprüchen
Das Landgericht lehnte einen Auskunfts- und Herausgabeanspruch u. a. aus Art. 15 DSGVO ab. Das Gericht geht schon gar nicht davon aus, dass Vertragserklärungen überhaupt personenbezogene Daten enthalten. Zwar sieht das Gericht, dass sich nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen, personenbezogen sind und damit auch Beitragsanpassungsschreiben erfasst sind, die den Namen des Versicherten enthalten. Dieses Verständnis der Personenbezogenheit sei aber mit dem Zweck des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO nicht vereinbar. Die Auskünfte sollen primär dazu dienen, dass die natürliche Person weitere Rechte aus Art. 16 ff. DSGVO ausüben kann, wie etwa das Recht auf Löschung oder Berichtigung. Zweck der DSGVO sei es aber nicht, Erkenntnisse aus personenbezogenen Daten zu nutzen, um Ansprüche aus anderen Vorschriften zu begründen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die DSGVO dazu geschaffen worden wäre, die grundsätzliche Struktur des deutschen Zivilprozessrechts, die dem Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast von für ihn günstigen Tatsachen auferlegt, umzukehren, so das Gericht weiter. Daraus zieht das Gericht den Schluss, dass die begehrten Auskünfte nicht mehr personenbezogen zu verstehen seien, sondern vertragsbezogen.
Fazit
Es scheint sich eine Verstetigung der Rechtsprechung in dieser Sache abzuzeichnen. Sollte die antragstellende Person nicht im Sinn haben, die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung der Verantwortlichen zu überprüfen, sondern mit den Informationen tatsächlich Prozesse gegen den Verantwortlichen führen zu wollen, kann dieser die Auskunft verweigern. Allerdings sollte der Verantwortliche das zweckfremde Ansinnen belegen können, da ansonsten eine verweigerte Auskunft ein Bußgeld der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde nach sich ziehen kann.
JKU
2. Februar 2022 @ 9:36
Wenn Art. 15 DSGVO nicht zieht, sollte man auch noch an § 810 BGB denken.
hobbyRA
26. Januar 2022 @ 23:34
Dazu mal lesen das BGH Urteil vom 15.06.2021 Az.:VI ZR 576/19 !
Entspr. LG Urteile und das Fazit „Verstetigung der Rechtsprechung“ sind daher für die Tonne!
Anonymous
21. Januar 2022 @ 16:06
Dementgegen steht allerdings die Leitlinien der EDSA:
„Auch die Motivation hinter einem Auskunftsersuchen ist kein Kriterium für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs.“
https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/02_EDSA-Leitlinien-Auskunftsrecht.html
Anonymous
21. Januar 2022 @ 16:05
Dementgegen steht allerdings die Leitlinien der EDSA:
„Auch die Motivation hinter einem Auskunftsersuchen ist kein Kriterium für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs.“
Reinhard Knoblich
20. Januar 2022 @ 11:45
Würde das dann auch heißen, das ein Arzt der einen Behandlungsfehler machte und der Patient es vermutet und deshalb sein Recht auf Auskunft auf alle Daten macht, der Arzt aber mit der Begründung „vermutlicher Behandlungsfehler mit vermutlicher Schadennsersatzforderung“, das Auskunftsbegehren ablehnt?