Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) normiert in Art. 17 Abs. 1 das Recht der betroffenen Personen auf Löschung und gleichzeitig die Pflicht der verantwortlichen Stelle, personenbezogene Daten in den gesetzlich geregelten Fällen zu vernichten. Die Pflicht der verantwortlichen Stelle besteht hierbei, ausgehend vom Wortlaut der Norm, unabhängig von einem entsprechenden Antrag der betroffenen Person (Kühling/Buchner/Herbst, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 17 Rn. 8). Daher müssen Verantwortliche aktiv prüfen, zu welchem Zeitpunkt welche personenbezogenen Daten zu löschen sind. Flankiert wird diese Pflicht von den Grundsätzen der Datenminimierung und Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c und e DSGVO; landesrechtliche Regelungen, wie das Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holstein (LDSG-SH) können darüber hinaus weitere Aspekte, z. B. die Archivierungspflicht für öffentliche Stellen (§ 6 LDSG-SH), berücksichtigen.
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat sich mit dieser Thematik im Rahmen einer Beschwerde einer betroffenen Person gegen deren ehemaligen Dienstherren befasst und dies auch im aktuellen Tätigkeitsbericht (dort S. 37, Ziffer 4.1.5) abgebildet:
Die Aufbewahrungsfristen für abgeschlossene Personalakten von Beschäftigten des öffentlichen
Dienstes in Schleswig-Holstein würden sich grundsätzlich nach § 15 LDSG-SH in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG) richten. Sofern eine Personalakte abgeschlossen sei, sei diese von der personalaktenführenden Behörde fünf Jahre lang aufzubewahren. Wann eine Personalakte abgeschlossen ist und ab wann die 5-jährige Frist zu laufen beginnt, regele § 91 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-4 LBG. Fristbeginn kann z. B. das Ausscheiden von Beamt*innen aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf nach Ablauf des Vorbereitungsdienstes oder der Ablauf des Todesjahres sein, wenn der/die Beamt*in verstorben ist und keine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen hinterlässt. Darüber hinaus regeln die Absätze 2 und 3 der Vorschrift Abweichungen von der 5-Jahres-Frist für Unterlagen über z. B. Beihilfen, Heilfürsorge, Erholungsurlaub und Erkrankungen sowie Versorgungs- und Altersgeldakten.
Unterschiede bei Beamt*innen und Tarifbeschäftigten
Das ULD weist zudem darauf hin, dass die Regelung des § 91 Abs. 1 LBG dem Wortlaut nach keine klaren Vorgaben zum Fristbeginn für die Personalakten von Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst enthalte. Jedoch seien für diese Personen die Vorgaben nach § 91 Abs. 2 LBG (drei bis fünf Jahre) anwendbar. Die Grundakte und Teilakten der Personalakten von Tarifbeschäftigten seien zudem nach spezifischen Aufbewahrungsfristen, z. B. nach anderen gesetzlichen Vorgaben, zu differenzieren. Dies könne sich z. B. auf steuerrechtlich relevante Unterlagen nach der Abgabenordnung (sechs bzw. zehn Jahre) beziehen oder aber auf Teile der Personalakte, welche für Ansprüche aus dem Beschäftigtenverhältnis innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist (§§ 195, 199 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) – drei Jahre) erheblich seien.
Empfehlung der Aufsichtsbehörde
Öffentliche Stellen hätten geschlossene Personalakten im Hinblick auf geltende Aufbewahrungsregelungen einzelfallbezogen zu prüfen und dahingehend zu entscheiden, welche Löschfristen einzuhalten sind. Für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst seien auch Vorgaben außerhalb des Landesbeamtengesetzes relevant.
Fazit
Die Ausführungen des ULD verdeutlichen, dass die Umsetzung der datenschutzkonformen Datenlöschung, gerade im Personalbereich, herausfordernd ist. Die pauschale Annahme einer einheitlichen Aufbewahrungsfrist und ganzheitlichen Löschung für die gesamte Personalakte dürfte nicht zulässig sein. Vielmehr sollten sich verantwortliche Stellen mit den einzelnen Inhalten der Personalakte, den jeweiligen Rechtsgrundlagen und einschlägigen Aufbewahrungsfristen und letztlich auch mit der Umsetzung der Löschung (Vernichtung von Papierakten oder Löschung von elektronischen Daten aus Laufwerksverzeichnissen und Fachverfahren) auseinandersetzen (sowohl bei abgeschlossenen, als auch noch laufenden Personalakten). Und dies möglichst frühzeitig, um im Falle des Ablaufs einer Aufbewahrungsfrist nicht mit dem Problem konfrontiert zu werden, dass die hierbei eingesetzte Software (z. B. zur Führung einer elektronischen Personalakte) gar keine Löschung zulässt. Die eingesetzten Systeme zur elektronischen Datenverarbeitung müssen die Löschpflichten aus der DSGVO umsetzen können, was bereits zum Zeitpunkt der Überlegung zur Softwareanschaffung überprüft und bestätigt werden sollte; im Zweifel sollte die Verantwortliche bzw. der beauftragte Dienstleister ein alternatives System einsetzen, welches eine Löschung im Sinne der DSGVO zuverlässig erfüllen kann. Um den Anforderungen der DSGVO zur Speicherbegrenzung und Umsetzung der Löschung hinreichend Rechnung tragen zu können, sollten Verantwortliche ein Löschkonzept – auch fachbereichsbezogen – erarbeiten und mit ihrer/ihrem Datenschutzbeauftragten abstimmen.
Nicole Folchert
24. Mai 2024 @ 9:18
Toller und sehr verständlich geschriebener Artikel zu einem sehr aktuellen Themenfeld. Die korrekten Inhalte einer Personalakte und deren jeweilige Aufbewahrungsfrist sind ein Thema, das immer noch für viel Unsicherheiten in den Unternehmen sorgt.