Als Anrufer in einem Callcenter bekommt man häufig Formulierungen wie „Zu Trainingszwecken kann dieses Gespräch aufgezeichnet werden.“ durch eine freundliche digitale Stimme zu hören. Neben „Trainingszwecken“ sind auch andere Zwecke denkbar, bspw. die „Sicherstellung der Qualität“ oder ähnliches. Im Endeffekt geht es in der Regel um eine Kontrolle der Leistung und des Verhaltens der Mitarbeiter im Callcenter durch den jeweiligen Betreiber.

In diesem Beitrag soll beleuchtet werden, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen derartige Aufzeichnungen von Telefonaten zulässig sind.

§ 201 StGB Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes

Beim Aufzeichnen von (Telefon-)Gesprächen ist zunächst der § 201 Strafgesetzbuch (StGB) relevant. Dort heißt es:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt

  1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
  2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.“

Zur Vermeidung einer Strafbarkeit bei der Aufzeichnung von Telefonaten in Callcentern wird daher zunächst eine Einwilligung benötigt und zwar von beiden Gesprächspartnern. Sowohl vom Mitarbeiter des Callcenters als auch vom Anrufer.

Für die Wirksamkeit einer solchen Einwilligung gibt es verschiedene Voraussetzungen.

  1. Die Einwilligung muss vor der Aufzeichnung eingeholt werden.
  2. Die Erteilung der Einwilligung muss für den Betreiber des Callcenters beweisbar sein.
  3. Der Einwilligung muss auf informierter Grundlage erteilt werden. Personal und Anrufer müssen also genau über die Umstände der Aufzeichnung informiert werden.
  4. Die Einwilligung muss absolut freiwillig abgegeben werden können. Dies gestaltet sich insbesondere im Hinblick auf das Personal schwierig. Es darf keinerlei Druck ausgeübt werden, um die Mitarbeiter zur Erteilung der Einwilligung zu drängen. Es muss ohne Weiteres möglich sein, die Einwilligung auch zu verweigern oder für die Zukunft zu widerrufen. Einwilligungen dürfen auch nicht als fester Bestandteil des Arbeitsvertrags eingeholt werden, da hierdurch der Eindruck einer arbeitsvertraglichen Pflicht des Beschäftigten erweckt wird. Die Freiwilligkeit wäre in solchen Fällen gerade nicht gegeben.

Datenschutzrechtliche Zulässigkeit

Neben der strafrechtlichen Komponente hat das Thema aber natürlich auch datenschutzrechtliche Relevanz.

Das Aufzeichnen von Telefonaten ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), so dass eine Rechtsgrundlage für diese Datenverarbeitung benötigt wird.

Bezüglich der Anrufer:

Im Hinblick auf die Anrufer kommt allein eine Einwilligung als Rechtsgrundlage in Betracht. Die Einwilligung, die vom Anrufer eingeholt wird, hat somit zwei Funktionen: Zum einen legitimiert sie die Datenverarbeitung datenschutzrechtlich, zum anderen schließt sie als Rechtfertigungsgrund die Strafbarkeit des Aufzeichnenden aus.

Bezüglich der Mitarbeiter:

Bezüglich der Mitarbeiter könnte zunächst § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG die einschlägige gesetzliche Erlaubnisnorm sein, da die Aufzeichnung der Leistungs- und Verhaltenskontrolle und somit der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses im weiteren Sinne dient. In § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG heißt es:

Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies […] nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung […] erforderlich ist.

Daraus folgt, dass das Aufzeichnen erforderlich sein müsste, um die damit verfolgten Zwecke (Training, Qualitätssicherung) erreichen zu können. Erforderlich bedeutet hierbei, dass es kein milderes Mittel geben dürfte, um die genannten Zwecke zu erreichen. Dies ist nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht der Fall, da Callcenter Betreibern andere und mildere Mittel zur Verfügung stehen. So kommt sowohl ein bloßes Mithören von Telefonaten in Betracht und auch die Durchführung von sogenannten Mystery Calls. Auch wenn die Aufzeichnung potentiell effektiver als diese beiden Kontrollmittel sein kann, so ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vor dem Hintergrund der Eingriffsintensität der Sprachaufzeichnung das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten höher zu bewerten, als das Interesse des Callcenter Betreibers an einer dritten Kontrollmöglichkeit durch Sprachaufzeichnung.

Hinweis: Hier kann auch ein anderes Ergebnis vertreten werden.

Folgt man jedoch der Ansicht, dass § 26 BDSG keine taugliche Erlaubnis schafft, bleibt die Frage, ob vorliegend eine Einwilligung der Mitarbeiter die Grundlage der Aufzeichnung von Telefonaten bilden könnte.

Grundsätzlich ist die Einwilligung im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen als Erlaubnisgrundlage kritisch zu bewerten, da aufgrund des besonderen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten oft davon ausgegangen werden muss, dass die Einwilligung nicht freiwillig erteilt wird. Vielmehr wird der Beschäftigte regelmäßig nur seine Einwilligung erteilen, da er Repressalien seitens seines Arbeitgebers befürchtet. Die Freiwilligkeit ist aber wie bereits dargestellt eine der wesentlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen von Einwilligungen. Eine nicht freiwillige erteilte Einwilligung, die mittels offener oder verdeckter Drohung oder Druckes eingeholt worden ist, ist unwirksam und gilt als nicht erteilt.

Der Callcenter Betreiber kann eine Einwilligung als Grundlage der Sprachaufzeichnung also nur verwenden, wenn absolut gewährleistet werden kann, dass ein „Nein“ eines Beschäftigten ohne weitere Probleme berücksichtigt wird.

Ausgestaltung der Aufzeichnungen

Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Aufzeichnungen als Kontrollmaßnahme gilt:

  1. Das Aufzeichnen ist nur in Einzelfällen, als gelegentliche Stichproben oder anlassbezogen zulässig. In der Anlernphase sind auch umfassendere Maßnahmen zulässig.
  2. Die Mitarbeiter sollten grundsätzlich über jeden Einzelfall vorab informiert werden. Ausnahmsweise kann eine Vorabinformation des Arbeitgebers, dass der Mitarbeiter in einem eingegrenzten Zeitraum mit Kontrollen zu rechnen hat, genügen.
  3. Weiterhin müssen konkrete Zahlenobergrenzen im Callcenter festgelegt werden (z.B. 3 % aller geführten Gespräche oder eine konkrete Summe von Gesprächen im Monat).
  4. Aufzeichnungen sind sofort zu löschen, wenn Sie für den Zweck ihrer Erstellung nicht mehr benötigt werden. Am besten sollten hier festen Löschroutinen implementiert werden.

Diese Empfehlungen gelten erst recht, wenn die Aufzeichnungen gegenüber den Mitarbeitern nicht auf eine freiwillige Einwilligung gestützt werden, sondern auf die gesetzliche Erlaubnis aus § 26 BDSG.

Exkurs

Sollen Telefonate nicht aufgezeichnet, sondern nur live durch Vorgesetzte oder Coaches mitgehört werden, spielt § 201 StGB mangels Aufzeichnung keine Rolle. Eine datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage wird jedoch auch hier benötigt. Nach hier vertretener Ansicht, bedarf es auch für das Mithören von Telefonaten einer Einwilligung der Anrufer. Gegenüber den Mitarbeitern kann sich jedoch auf § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG berufen werden. Es gelten im Übrigen die Empfehlungen zur Ausgestaltung von Aufzeichnungen sinngemäß.

Maßnahmen, die zur Leistungskontrolle geeignet sind, unterliegen nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz der Mitbestimmung von Betriebsräten. Soweit im Callcenter ein Betriebsrat vorhanden ist, ist dieser vor Einführung und Anwendung der technischen Einrichtungen zum Aufzeichnen und Mithören von Telefonaten zu beteiligen. Aus einer Betriebsvereinbarung können sich dann weitere datenschutzrechtliche Vorgaben ergeben, die durch den Betreiber des Callcenters zu beachten sind.