Die Nutzung von Bewertungsplattformen ist themenübergreifend weitverbreitet. Der enorme Informations- und Erfahrungsaustausch, der über solche Plattformen möglich ist, macht diese so beliebt. Damit nicht nur die Zahl der lesenden Nutzer solcher Bewertungsplattformen weiterhin ansteigen, sondern auch der Bewertungsfluss mit seinen Inhalten nicht ins Stocken gerät, setzen viele Anbieter auf die Möglichkeit der anonymen Bewertung. Das Folgeproblem solcher anonymen Bewertungen ist u. a. die Überprüfbarkeit der Korrektheit und der Nachweis der Zuordnung.

Genau dieses Problem war der Ausgangspunkt einer landgerichtlichen Entscheidung (LG München I, Beschluss vom 19.02.2025 – 25 O 9210/24). Auf einer Bewertungsplattform, auf der aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Bewerber und Lehrlinge europaweit Arbeitgeber anonym bewerten können, wurden innerhalb weniger Wochen mehrere negative und teils rufschädigende und degradierende Bewertungen über die Antragstellerin – ein Automobilunternehmen – abgegeben. Einige dieser Bewertungen gingen so weit, dass sich die Antragstellerin zur Wehr setzte und Auskunft über die Bestandsdaten der Verfasser bei der Bewertungsplattform begehrte. Aufgrund eines rechtskräftigen Beschlusses erteilte das Unternehmen, das die Plattform betreibt, der Antragstellerin Auskunft über die Bestandsdaten der verfahrensgegenständlichen Bewertungen, wobei es sich lediglich um E-Mail-Adressen handelte.

Nun verlangte die Antragstellerin von dem betroffenen E-Mail-Anbieter Auskunft über die Namen, Anschriften und Geburtsdaten der Nutzer der verfahrensgegenständlichen Bewertungen.

Positionierung des LG München I

Das LG München I folgte der Ansicht der Antragstellerin, dass § 21 des Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetzes (TDDDG) vorliegend Anwendung findet und es sich bei dem verfahrensgegenständlichen E-Mail-Anbieter um einen Anbieter digitaler Dienste im Sinne von § 21 Abs. 2 Satz 1 TDDDG handelt:

„Denn ein E-Mail-Dienst dient naturgemäß dem Empfangen und Versenden von elektronischen Nachrichten, es werden Daten von einem Ausgangspunkt zu einem anderen vollständig elektronisch gesendet bzw. empfangen und dies erfolgt auch ausschließlich mittels Geräten für elektronische Verarbeitung, seien dies normale Computer, Tablets oder Smartphones. Dieser Dienst wird von der Beteiligten auch regelmäßig gegen Entgelt erbracht, was auch von der Beteiligten nicht in Abrede gestellt wird. Es ist allgemein bekannt, dass sämtliche E-Maildienste ihre Leistungen entweder gegen monetäre Bezahlung erbringen […] oder aber die Nutzer den Dienst dadurch bezahlen, dass sie ihre Daten dem Betreiber zum Zwecke der Auswertung […] zur Verfügung stellen. Bei dem Dienst der Beteiligten handelt es somit um einen digitalen Dienst im Sinne von § 1 Abs. 4 Nr. 1 DDG und in der Folge auch um einen solchen im Sinne von §§ 2 Abs. 1, 21 Abs. 2 TDDDG.“ (Rn. 18)

Weiterhin kann das LG München I auch

„[…] nicht erkennen, warum ein Telekommunikationsdienst im Sinne des TKG nicht auch gleichzeitig ein Anbieter digitaler Dienste im Sinne des TDDDG sein können solle. Das insoweit von der Beteiligten konstruierte Exklusivverhältnis dieser Begriffe ist weder dem TKG noch dem TDDDG zu entnehmen.“ (Rn. 19, Hervorhebungen des Autors)

Das Gericht folgt auch nicht der Ansicht des E-Mail-Anbieters,

„[…] eine Kettenauskunft sei nicht zulässig und ein Auskunftsanspruch gemäß § 21 TDDDG setzte zwingend voraus, dass die Äußerung, die Grundlage für das Auskunftsersuchen ist, über den Dienst der Beteiligten veröffentlicht wurde. Eine solche „Verbindung zwischen dem Anbieter des digitalen Dienstes und der Verbreitung des rechtsverletzenden Inhalts in dem digitalen Dienst“ lässt sich § 21 TDDDG weder dem Wortlaut nach, noch systematisch, noch historisch entnehmen. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass der Gesetzgeber ganz bewusst, gerade keine solche Verbindung aufgenommen hat“. (Rn. 20, Hervorhebungen des Autors)

Würde man für eine Anspruchsbegründung eine solche Verbindung zwischen Äußerung und Dienst voraussetzen,

[…] wäre der Anspruch aus § 21 TDDDG aber regelmäßig wertlos, weil als Nutzerdaten häufig (ganz bewusst) nur Fantasie-Daten hinterlegt sind und einziges weiteres hinterlegte Detail eine zumeist zur Authentifizierung verwendete E-Mail-Adresse ist. Der Verletzte würde also in den meisten Fällen für ihn nutzlose Daten erhalten, die ihm eine Verfolgung seiner Ansprüche gerade nicht ermöglichen. Für eine effektive Verfolgung muss es dem Verletzen daher möglich sein, die Datenkette bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen und die erforderlichen Daten auch von Anbietern zu verlagern, bei denen die maßgeblichen Inhalte nicht unmittelbar verbreitet wurden“. (Rn. 20)

Das LG München I hebt auch nochmals den Gesetzestext hervor, dass dem E-Mail-Anbieter hierdurch keine Nachteile entstehen,

„[…] da die Kosten des Auskunftsverfahrens gemäß § 21 Abs. 3 Satz 7 TDDDG in jedem Fall durch den Antragsteller zu tragen sind“. (Rn. 20)

Inhaltlich haben die verfahrensgegenständlichen Bewertungen dem Gericht nach auch den Tatbestand der §§ 185-187 StGB erfüllt. Rechtfertigungsgründe ergaben sich keine.

Ergebnis und Fazit

Die Antragstellerin kann von dem E-Mail-Anbieter zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche die Auskunft der Daten (Namen und Anschriften) verlangen. Eine Notwendigkeit der Geburtsdaten für die zivilrechtliche Anspruchsverfolgung kann das Gericht jedoch nicht erkennen und weist den Antrag der Antragstellerin insoweit zurück.

Im Ergebnis ist die Entscheidung zu begrüßen und diese stellt einen gewichtigen Schritt in der Nachverfolgung und Bekämpfung von anonymen Äußerungen mit rufschädigendem und degradierendem Inhalt in der digitalen Welt dar.