Eine Videoüberwachung in Kindergärten wird an hohe datenschutzrechtliche Anforderungen geknüpft. Kinder stehen unter besonderem Schutz, weil sie sich gemäß Erwägungsgrund 38 DSGVO der betreffenden Risiken, Folgen […] und ihrer Rechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten möglicherweise weniger bewusst sind. Während eine sog. NurseryCam, mit der Eltern ihre Kinder im Kindergarten aus der Ferne beobachten könnten, i. d. R. unzulässig sein dürfte (siehe hier), kann eine Videoüberwachung auf dem Gelände eines Kindergartens u. U. zulässig sein.

Anfrage eines Kindergartens

Der Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) äußert sich zur Videoüberwachung auf einem Kindergartengelände in seinem kürzlich veröffentlichten 4. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz nach der DS-GVO für das Jahr 2021 unter Nr. 2.14. Vor Installation der Kameras fragte ein Thüringer Kindergarten beim TLfDI nach, ob Kameras am Tor zulässig seien. Die Kameras waren geplant, um zu verhindern, dass einerseits Kinder das Kindergartengelände ohne Kenntnisnahme des Personals verlassen und andererseits, dass Fremde den Kindergarten betreten, die kein Kind vorbeibringen oder abholen würden, z. B. Postboten.

Rechtmäßigkeit

Bei dem anfragenden Kindergarten handelte es sich um eine öffentliche Stelle. Die einschlägige Rechtsgrundlage wird zwar nicht im Tätigkeitsbericht, aber im hilfreichen Leitfaden für die Videoüberwachung durch öffentliche Stellen in Thüringen aus Juli 2021 erwähnt.

Öffentliche Stellen können sich gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSGVO bei Erfüllung ihrer Aufgaben nicht auf die berechtigten Interessen gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO berufen. Die Videoüberwachung könnte grds. aber nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e DSGVO zulässig sein, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich wäre, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt. Die spezifische Rechtsgrundlage, die gem. Art. 6 Abs. 3 DSGVO erforderlich ist, ist § 30 Thüringer Datenschutzgesetz. Danach ist die Videoüberwachung vereinfacht gesagt u. a. zulässig zum Schutz der Beschäftigten des Kindergartens, der Kinder und zunächst erstmal sonstiger Personen, die den Kindergarten aufsuchen, wenn die Videoüberwachung erforderlich ist, um die Aufgabe des Kindergartens wahrzunehmen. Die im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe des Kindergartens ist z. B. die Kinderbetreuung, Fürsorge und Erziehung. Falls die Videoüberwachung am Tor somit bspw. für die Kinderbetreuung und Fürsorge erforderlich wäre, wäre sie zulässig.

Geeignetheit und Erforderlichkeit des Zwecks

Bevor festgestellt werden kann, ob eine Maßnahme erforderlich ist, sind der Zweck und die Geeignetheit zu ermitteln. Der Kindergarten plante zum Schutz der Kinder eine Kameraaufzeichnung. Der TLfDI verneinte die Geeignetheit, da die Aufnahmen dabei nur im Nachhinein eingesehen und somit nicht direkt eingegriffen werden könne, wie dies bei einer Videobeobachtung (Live-Monitoring) möglich wäre.

Zudem waren anstatt der Videokameras aus Sicht des TLfDI etliche andere, mildere Mittel denkbar, z. B. ein Briefkasten außerhalb des Zaunes sowie ein verbessertes Schließsystem am Tor mitsamt einer Klingel mit Gegensprechfunktion. Der Kindergarten teilte daraufhin mit, zunächst keine Kameras anzubringen und die Umsetzung der Maßnahmen zu prüfen.

Fazit

Der Fall veranschaulicht einmal mehr, dass eine Videoüberwachung nicht ohne Weiteres durchgeführt werden darf, insbesondere, da vorher mildere Maßnahmen, die weniger in die informationelle Selbstbestimmung eingreifen, zu prüfen sind.