Eine überzeugende Unternehmenspräsentation im Internet ist für viele Firmen ein aus dem Unternehmensalltag nicht mehr wegzudenkendes Marketinginstrument von zentraler Bedeutung. Nicht selten sollen dabei Bilder von Beschäftigten oder Werbefilme mit Mitarbeitern das Gesamterscheinungsbild der eigenen Webseiten verschönern und die Homepage ansprechender machen. Vielen Firmen ist bewusst, dass sie hierzu von den auf den Fotos oder in den Videoaufnahmen erkennbaren Arbeitnehmern eine Einwilligung in die Veröffentlichung benötigen: Nach § 22 Kunsturhebergesetz dürfen „Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden“. Was aber passiert, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt und in der Einwilligungserklärung keine Vereinbarung zur Dauer der Veröffentlichung getroffen wurde? Muss der Arbeitgeber Videoaufnahmen und Fotos des Ex-Arbeitnehmers automatisch deswegen von seinen Webseiten entfernen, weil der Arbeitnehmer nicht mehr im Unternehmen arbeitet? Dies hatte nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden und lehnte mit gestrigem Urteil ein automatisches Erlöschen einer erteilten Einwilligung zur Veröffentlichung von Videoaufnahmen mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses ab.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Februar 2015

In dem jetzt entschiedenen Fall hatte die beklagte Firma einen Werbefilm, in dem ihr Unternehmen dargestellt wird, auf Ihrer Homepage veröffentlicht. In mehreren Sequenzen des Films war für einige Sekunden der Kläger als Arbeitnehmer des Unternehmens zu sehen. Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen widerrief der Kläger eine „möglicherweise gegebene Einwilligung“ zur Veröffentlichung seines Bildes und forderte die Beklagte auf, das Video von der Homepage zu entfernen. Die Beklagte folgte dieser Aufforderung zwar, behielt sich aber vor, den Werbefilm zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf der Unternehmenswebseite einzustellen. Hiergegen ging der Kläger gerichtlich vor.

Mit gestrigem Urteil (Aktenzeichen 8 AZR 1011/13) stellte das BAG nun fest, dass  ein Unternehmen Videoaufnahmen, die mit Einwilligung der darin zu sehenden Arbeitnehmer auf der Unternehmenswebseite veröffentlicht wurden,  nicht schon allein deswegen von der Webseite entfernen müssen, weil der Arbeitnehmer nicht mehr im Unternehmen beschäftigt ist. Auch ein Widerruf des Arbeitnehmers bezüglich seiner Einwilligung in die Veröffentlichung führt laut BAG nur dann zu einer Pflicht, die Videoaufnahmen zu entfernen, wenn der betroffene Arbeitnehmer einen plausiblen Grund  für den Widerruf angeben kann. Alleine die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt dabei noch keinen wichtigen Grund dar, der zum Widerruf berechtigt.

Das Urteil ist auch hinsichtlich eines weiteren Aspekts wichtig für die tägliche Marketingpraxis: Bislang herrschte Uneinigkeit darüber, ob eine Einwilligung für die Veröffentlichung von Fotos oder Videoaufnahmen zwingend schriftlich zu erfolgen hat: Zwar ist im allgemeinen Datenschutzrecht, also in § 4 Absatz 1 Satz 3 Bundesdatenschutzgesetz, grundsätzlich die Schriftform für Einwilligungen geregelt. In den für die Veröffentlichung von Bildnissen relevanten spezielleren (und somit eigentlich vorrangigen) Regelungen des Kunsturhebergesetzes sind jedoch keine Formvorschriften für die Einwilligung enthalten, sodass sich hier die Frage stellte, ob die allgemeine BDSG-Regelung Anwendung finden konnte und eine Einwilligung von Gesetzes wegen in Schriftform erteilt werden muss. In der gestern veröffentlichten Pressemitteilung des BAG wurde nun ohne weitere rechtliche Ausführungen erwähnt, dass das Erfordernis einer schriftlichen Einwilligung besteht, „das sich aus dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung ergibt“. In unserer täglichen Beratungspraxis rieten wir in der Vergangenheit schon zur Schriftform, die vor allen Dingen bei Beweisfragen Vorteile gegenüber einer nur mündlich erteilten Einwilligung bringt.

Auch auf die Veröffentlichung von Fotos anwendbar?

Inwieweit das gestrige Urteil auch auf die Veröffentlichung von Fotos mit Mitarbeitern Anwendung findet, ist jedoch fraglich, da hier entscheidende Unterschiede zu Videoaufnahmen bestehen: Die Erstellung von Werbefilmen und Videoaufnahmen und die nachträgliche Entfernung einzelner Sequenzen daraus ist regelmäßig mit viel größerem Aufwand und höheren Kosten verbunden als das Erstellen von Fotos und deren Entfernung von den eigenen Webseiten, sodass wir bei Fotos weiterhin dazu raten, diese nach Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen von der Webseite zu entfernen (wir berichteten). Zudem wird es bei der rechtlichen Bewertung unter Umständen auch entscheidend sein, wie die Videoaufnahmen im Einzelfall konzipiert sind, z.B.  ob der Mitarbeiter, wie im vorliegenden Fall, nur in einer „Nebenrolle“ für einige Sekunden zu sehen ist oder ob vorrangig oder nur der betroffene Mitarbeiter in dem veröffentlichten Film zu sehen ist.