Telefónica Digital hat am 09. Oktober 2012 in einer Pressemitteilungden Start einer neuen Abteilung, der Telefónica Dynamic Insights,bekanntgegeben.
Diese bietet auf Grundlage der Verkehrs- und Bestandsdaten der eigenen Mobilfunkkunden mit einem ersten Produkt ›Smart Steps‹ Bewegungsprofile an, die zu Zwecken der Marktforschung genutzt werden können. Die laut Telefónica anonymisierten und aggregierten Daten sollen es beispielsweise Einzelhändlern erlauben, die Anzahl von Personen an bestimmten Orten nachvollziehen zu können. Beworbenes Ziel von Dynamic Insight ist es dabei, sogar Informationen über die Aufenthaltsorte, -frequenz und Wege von bestimmten Zielgruppen zur Verfügung stellen zu können.
Rechtliche Einschätzung
Ein Mobilfunkkonzern muss den Standort der Mobiltelefone seiner Kunden kennen: Um die von ihm angebotenen Vertragsleistung erfüllen zu können, muss er wissen, in welcher Zelle seines Mobilfunknetzes sich das Mobiltelefon gerade aufhält, – beispielsweise um eingehende Anrufe oder Mitteilungen zustellen zu können. Für diese Zwecke dürfen die Standortdaten der Mobiltelefone – und damit personenbezogene Daten der Mobilfunkunden bzw. der Mobiltelefonnutzer -verarbeitet werden. Eine Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 96 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz. Erlaubt ist eine Verarbeitung der Standortdaten allerdings grundsätzlich nur, soweit diese im Rahmen der Telekommunikationsdienstleistung nach § 96 TKG erforderlich ist, oder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Ist dies nicht der Fall, sind die Daten unverzüglich zu löschen bzw. zu anonymisieren.
Wenn nun, wie in dem Werbefilm von Telefónica Dynamic Insights angepriesen, Standortdaten über einen längeren Zeitraum, Aufenthaltsverläufe, oder gar die Häufigkeit der Aufenthalte an bestimmten Orten gespeichert, verknüpft und ausgewertet werden sollen, hat es den Anschein, dass Standortdaten zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Zweck und für eine gesetzlich nicht vorgesehene Dauer gespeichert und genutzt werden sollen. Ohne Einwilligung des betroffenen Nutzers wäre dies rechtlich unzulässig – selbst wenn die Daten in pseudonymisierter Form erhoben werden. Unter Umständen kann eine solche Datenverarbeitung ohne wirksame Einwilligung des Betroffenen sogar einen strafbewehrten Verstoß gegen das in § 88 Telekommunikationsgesetz geregelte Telekommunikationsgeheimnis darstellen.
Für einen zulässigen Betrieb in Deutschland wird bei Verwendung von Bewegungsprofilen eine freiwillige und ausdrücklich erteilte Einwilligung eines transparent informierten Nutzers unerlässlich sein. Datenschutzrechtlich wird sich eine solche Einwilligung an den Vorgaben des § 4a Bundesdatenschutzgesetz und des § 94 Telekommunikationsgesetz orientieren müssen. Die Anforderungen sind daher besonders hoch. Ob es ausreichend sein wird, eine solche Einwilligung im Rahmen des Vertragsschlusses im Kleingedruckten abzubilden, mag bezweifelt werden. Vielmehr werden hohe Informationspflichten zu erfüllen sein.
Unter Umständen wird die Form der Einwilligung und die Art und Weise der Benachrichtigung der von Dynamic Insights analysierten Mobilfunknutzer durch § 98 Telekommunikationsgesetz sogar noch erheblich verschärft. In diesem Zusammenhang wird sich die Frage stellen, wie der Nutzer eines Mobiltelefons, der den Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter nicht selbst abgeschlossen hat über die Bewegungsprofilbildung informiert wird (Stichwort: Diensthandy oder Familienhandy).
Für Kunden des zum Telefónica-Konzerns gehörenden Mobilfunkanbieters O2 bietet das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein auf seinen Webseiten ein vorgefertigtes Auskunfts- und Widerspruchsformular an.