Bereits der eine oder andere Beitrag bei den datenschutz notizen beschäftigte sich mit aktuellen datenschutzrechtlichen Themen rund um die Bewerbung sowie den sich daran anschließenden Beschäftigungsverhältnissen. So berichteten wir beispielsweise über die Berechtigung des Arbeitgebers zur konkreten Fragestellung nach einer Schwerbehinderung und stellten einen von unserem Blogautor Sebastian Ertel verfassten und in der DUD erschienenen Fachartikel online, welcher sich mit dem Fragerecht des Arbeitgebers befasst. Da das Thema aber in der Praxis immer wieder Fragen aufwirft, wollen wir es noch einmal beleuchten und dabei den Schwerpunkt auf das Bewerbungsverfahren legen: Was darf der potentielle Arbeitgeber schon während des gesamten Bewerbungsverfahrens generell alles wissen? Sind die ihm gegenüber anzugebenden Daten vergleichbar mit denen zu Beschäftigungsbeginn? Oder gibt es im Vorwege einer (arbeits-)vertraglichen Beziehung engere Grenzen?

Allgemeiner Grundsatz

Wie auch bei den Beschäftigtendaten richtet sich das Erheben und Verarbeiten der Daten eines Bewerbers unter anderem nach § 32 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), jedoch mit dem Unterschied, dass die Erhebung von Bewerberdaten nur zulässig ist, wenn sie der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses dient und gerade nicht dessen Durchführung. Dies hat zur Folge, dass etwa bei einem Vorstellungsgespräch einzig solche Fragen gestellt werden dürfen, an deren wahrheitsgemäßer Beantwortung der mögliche Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat, welches dem Belangen des Bewerbers in Form des Schutzes seines Persönlichkeitsrechtes vorgeht. Das berechtigte Interesse des Arbeitsgebers ist dabei ausschließlich auf Auskünfte begrenzt, mit deren Hilfe er letztendlich darüber entscheiden kann, ob der Bewerber überhaupt geeignet ist in die nähere Auswahl für den Arbeitsplatz zu kommen (Feststellung der fachlichen Eignung für die vorgesehene Tätigkeit).

Beispiele unrechtmäßiger Fragen

Im Rahmen des Bewerbungsprozesses, also von der Bewerbung selbst bis hin zur Entscheidung des Arbeitgebers für oder gegen den Bewerber, ist insbesondere die Erhebung folgender Daten rechtlich problematisch bzw. sogar gänzlich unzulässig:

  1. Ausdrückliche Fragen zum Geschlecht, zum Geburtsdatum, -ort, –namen, zum Familienstand, zur Anzahl und Alter der Kinder bzw. zu einer möglichen Schwangerschaft, zur Konfession sowie zur Staatsangehörigkeit sind im Bewerbungsverfahren nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Diskriminierungsgedankens im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) problematisch und sollten vermieden werden. Diese Angaben dienen etwa im Gegensatz zur Anschrift eines Bewerbers gerade nicht der Kontaktaufnahme, sondern können diesen gezielt wegen einer Eigenschaft, eines Persönlichkeitsmerkmals oder Einstellung benachteiligen. Ergo sollte der Bewerber diesbezüglich auch von sich aus keine Angaben machen.
  2. Die Frage nach einer bestehenden Aufenthaltsgenehmigung oder einer Arbeitserlaubnis ist hingegen zulässig, wenn der Bewerber aus einem Nicht-EU-Land stammt.
  3. Die Telefonnummer ist im Bewerbungsverfahren grundsätzlich nicht erforderlich, sodass darauf verzichtet werden kann, außer es ist ausdrücklich eine kurzfristige Kommunikation erwünscht.
  4. Im Gegensatz zum Beginn des Beschäftigungsverhältnisses sind Auskünfte über die Bankverbindung, die Krankenkasse oder die Sozialversicherungsnummer für das Bewerbungsverfahren generell nicht notwendig.
  5. Das bisherige Gehalt darf im Bewerbungsverfahren gemäß einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (AZ: 2 AZR 171/81) nur in Ausnahmefällen, wenn das Gehalt für die Besetzung der Stelle relevant ist, beauskunftet werden.
  6. Ähnlich zum bisherigen Gehalt verhält es sich auch bei Fragen nach Krankheiten oder Vorstrafen. Diesbezügliche Fragen sind insbesondere nur zulässig, soweit sie auf die vorgesehene Tätigkeit konkrete Auswirkungen haben oder für die zu leistende Arbeit von unmittelbarer Bedeutung sind (z.B. Vermögensdelikte bei Kassierern).
  7. Die Schwerbehinderteneigenschaft darf im Bewerbungsverfahren nicht abgefragt werden. Daten über die Gesundheit unterliegen insofern einem besonderen Schutz. Zulässig und geboten ist aber der Hinweis vom Arbeitgeber, dass eine freiwillige Angabe gegebenenfalls zu Vorteilen in der Bewerberauswahl führen kann.
  8. Auch die Frage nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers, beispielsweise ob eine eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde, ist unrechtmäßig, da dies einen schweren Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zur Folge hätte.
  9. Der Arbeitgeber darf zudem grundsätzlich nicht nach Führungszeugnissen fragen. Dies würde sein Fragerecht unzulässig ausweiten. Eine „freiwillige“ Vorlage des polizeilichen Führungszeugnisses ist aber auch keine Alternative, da eine Freiwilligkeit schon aufgrund der Bewerbersituation ausscheidet. Dem stimmen die Datenschutzaufsichtsbehörden zu.

Konsequenzen und Fazit

Stellt der Arbeitgeber unzulässige Fragen, dürfen Bewerber unrichtige Antworten geben ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen; sogenanntes Recht zur Lüge. Ebenso die Angst vieler Bewerber, dass der potentielle Arbeitgeber mit dem vorherigen Arbeitgeber Kontakt aufnimmt, um zusätzliche, aus der Bewerbung nicht ersichtliche, Informationen zu erhalten, ist erstmal unbegründet. Denn für eine rechtmäßige Kontaktaufnahme ist die (freiwillige) Einwilligung des Bewerbers notwendig. Bleibt nur noch die Hürde für den Bewerber, die Einwilligung im Fall der Fälle zu verweigern bzw. auf die Unzulässigkeit der Frage nach der Einwilligung hinzuweisen.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellt jedes missbräuchliche Auskunftsbegehren des Arbeitsgebers zudem einen Verstoß dar und kann schlimmstenfalls Bußgelder, Strafen sowie zivilrechtliche Schadensersatzansprüche zu seinen Lasten nach sich ziehen.

Insgesamt sind die von der Rechtsprechung und dem Gesetzgeber bei der Datenerhebung im Bewerbungsverfahren gesteckten Grenzen der Zulässigkeit enger als bei der Erhebung von Beschäftigtendaten. Schon beim Verfassen der Bewerbung sollte der Bewerber daher sparsam sein, Daten preiszugeben, und seinen Blick ausschließlich auf die für die Tätigkeit wesentlichen Informationen richten. Weniger ist manchmal mehr.