In einer globalisierten und immer stärker vernetzten Welt sind Vorstellungsgespräche über Skype keine Seltenheit mehr. Bewerber, die eine berufliche Veränderung und damit einhergehend einen Ortswechsel anstreben, können sich sich dem neuen Arbeitgeber von ihrem jeweiligen Lebensmittelpunkt aus präsentieren, ohne hierfür eine kostspielige und langwierige Anreise in Kauf nehmen zu müssen. Auf der anderen Seite erspart sich der potentielle Arbeitgeber, der grds. zur Erstattung von Reisekosten rechtlich verpflichtet ist, diese Ausgaben, wenn das Vorstellungsgespräch über das Internet stattfindet. Demnach also eine Win-win-Situation für beide Seiten?
Nicht unbedingt, da die Datenübermittlung übers Internet durchaus zu Lasten des Datenschutzes gehen kann. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist ein Kritikpunkt bei Vorstellungsgesprächen via Skype, dass hierbei Microsoft als 100-prozentiger Eigentümer von Skype ein Zugriff auf die Daten der Skype-Nutzer ermöglich wird. Dies nahm die Berliner Beauftragte für Datenschutz, wie im Jahresbericht für 2016 beschrieben, zum Anlass, dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von einer Nutzung von Skype in Bewerbungsverfahren abzuraten. Ausgangspunkt für die datenschutzrechtliche Einschätzung war dabei § 2 Abs. 2 BlnDSG i. V. m. § 32 Abs. 1 BDSG, wonach
„Personenbezogene Daten eines Bewerbers nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn dies zur Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.“
Freiwillige Einwilligung?
Eine Erforderlichkeit der Datenübermittlung via Skype und damit eine gesetzliche Grundlage sah die Berliner Beauftragte für Datenschutz nicht, so dass ein zulässiger Einsatz von Skype nur im Rahmen einer freiwilligen Einwilligung in Betracht kommt. Nach Auffassung der Berliner Beauftragten für Datenschutz wäre – selbst wenn man eine wirksame Einwilligung in die Datenerhebungen und -flüsse auf Bewerberseite annimmt – allerdings die Einwilligung der für den Arbeitgeber im Auswahlgremium tätigen Mitarbeiter in Ermangelung der Freiwilligkeit unwirksam. Die Mitarbeiter im Auswahlgremium stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Arbeitgeber, so dass die Beurteilung der Freiwilligkeit vor dem Hintergrund des § 26 Abs. 2 BDSG-neu zu beurteilen wäre:
„Erfolgt die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten auf der Grundlage einer Einwilligung, so sind für die Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung insbesondere die im Beschäftigungsverhältnis bestehende Abhängigkeit der beschäftigten Person sowie die Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt worden ist, zu berücksichtigen. Freiwilligkeit kann insbesondere vorliegen, wenn für die beschäftigte Person ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und beschäftigte Person gleichgelagerte Interessen verfolgen. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Der Arbeitgeber hat die beschäftigte Person über den Zweck der Datenverarbeitung und über ihr Widerrufsrecht nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 in Textform aufzuklären.“
Inwieweit in diesem Fall für die beschäftigten Personen mit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und beschäftigte Person gleichgelagerte Interessen verfolgen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Im Fall einer Einwilligung der Mitarbeiter in die Verarbeitung ihrer Daten via Skype wird die Freiwilligkeit – ausgehend von der neuen Rechtslage nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – jedoch i.d.R. bereits an einem fehlenden Hinweis auf den Widerruf der Einwilligung gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO scheitern.
Informierte Einwilligung?
Nicht nur die Freiwilligkeit der Einwilligung ist nach Ansicht der Berliner Datenschutzbeauftragten zweifelhaft, sondern auch das Erfordernis einer informierten Einwilligung. Für eine wirksame Einwilligung sind die Betroffenen über die Bedeutung ihrer Erklärung und insbesondere über den Verwendungszweck der Daten aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfasst dabei nach Ansicht der Berliner Beauftragten für Datenschutz bei beabsichtigten Übermittlungen auch den Empfänger der Daten sowie den Zweck der Übermittlung. Nach den Nutzungsbedingungen von Skype werden Chat-Protokolle auf den Servern von Microsoft in den USA bis zu 90 Tage zwischengespeichert, so dass eine Datenübermittlung dorthin stattfindet. Nach den einschlägigen Datenschutzbestimmungen von Microsoft erhebt, verarbeitet und nutzt das Unternehmen personenbezogene Daten (Kommunikationsnutzerdaten) und kann somit auf die Nutzerdaten bei Skype zugreifen, diese offen legen und speichern. Eine informierte Einwilligung könne hier nach Ansicht der Berliner Datenschutzbeauftragten aufgrund der Ungewissheit, wie Microsoft und Skype mit den Daten verfahren, gar nicht erteilt werden.
Microsoft macht demgegenüber deutlich, dass man die Datensicherheit und den Schutz der Privatsphäre ernst nehme. Die eigene Datenschutzerklärung sei transparent und mit den geltenden Datenschutzgesetzen der EU vereinbar. Außerdem verbleibe jedem Nutzer die Möglichkeit, in seinem Profil die Einstellungen zum Datenschutz anzupassen.
Im Ergebnis empfahl die Berliner Datenschutzbeauftragte dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, von der Nutzung von Skype in Bewerbungsverfahren abzusehen.
Speicherort der Daten?
Die Berliner Datenschutzbeauftragte riet weiterhin zur Wahl eines Videokonferenz-Anbieters mit Sitz in der EU. Die größeren Anbieter wie Skype & Co. haben ihren Hauptsitz wie auch ihre Rechenzentren in vielen Fällen außerhalb der EU. Es lässt sich nur dann aushandeln, in welchem Rechenzentrum die Daten gespeichert werden, wenn man sich als Unternehmen für das kostenpflichtige Skype for Business entscheidet. Bewerber werden als Einzelpersonen diese Möglichkeit i.d.R. aber nicht haben, sondern auf die normale Variante von Skype angewiesen sein. Selbst wenn das Vorstellungsgespräch über Skype for Business stattfinden kann, möchte man in diesem Fall als Bewerber ungern zuvor beim potentiellen Arbeitgeber nachfragen, wo denn die Daten ggf. gespeichert werden.
Es ist auch nicht gesagt, dass bei der Speicherung der Kommunikationsdaten in der EU die Datenübermittlung bereits rechtskonform ist. Vielmehr sollte ein Unternehmen beim Einsatz eines Videotelefonie-Anbieters mit diesem Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung oder EU-Standardverträge schließen. Auch dieser Punkt dürfte für einen Bewerber kaum in Erfahrung zu bringen sein, geschweige denn, dass eine solche Nachfrage beim Arbeitgeber auf ein positives Echo stoßen dürfte. Es bleibt in diesem Fall schließlich immer das Risiko, dass man als Bewerber bei allzu kritischen Nachfragen zum Datenschutz aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird.
Nicht zuletzt könnten Unternehmen für die Bewerber-Auswahl einen eigenen Videotelefonie-Dienst aufsetzen, was ein relativ aufwendiges Unterfangen darstellt, dass sich nur bei regelmäßigen Video-Bewerbungsgesprächen lohnen dürfte. Natürlich bietet sich auch ein konventionelles Telefonat an, bei dem aber beide Seiten den Nachteil haben, sich nur auf der „Audio-Spur“ und sich eben nicht Wort und Bild präsentieren zu können. Diese beiden datenschutzfreundlicheren Alternativen würden allerdings beim Bewerber deutlich machen, dass man als Unternehmen auf den Datenschutz Wert legt – ganz im Sinne von „Datenschutz als Wettbewerbsvorteil“.
Zulässige Videoaufzeichnung?
Es soll auch Arbeitgeber geben, die ihre Bewerber verpflichten, in einem Video einheitliche Fragen zu beantworten, wobei die Antworten aufgezeichnet und später ausgewertet werden. Ein solches Vorgehen beurteilen sowohl die Berliner als auch die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte als i.d.R. „rechtswidrig“ und „datenschutzrechtlich unzulässig“. Mit einer Aufzeichnung einher geht ein weitaus stärkerer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als bei einem Bewerbungsgespräch, das „live“ stattfindet. Bei einer Aufzeichnung lässt sich im Nachgang sehr viel genauer verfolgen, welches nonverbale Verhalten der Bewerber an den Tag gelegt hat. Für eine solche Aufzeichnung ist keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, ebenso wenig dürfte diese auf Grundlage einer Einwilligung zulässig sein, weil es spätestens dann mit der Voraussetzung der Freiwilligkeit problematisch wird.
Sollte es dennoch zu einer Aufzeichnung des Vorstellungsgesprächs kommen, sollten die Videodaten – wie dies auch bei Bewerbungsunterlagen zu empfehlen ist – spätestens innerhalb von sechs Monaten gelöscht und keinesfalls an andere Abteilungen oder Recruiter weiter gegeben werden. Auch insoweit gilt nämlich das „need to know-Prinzip“, als der datenschutzrechtliche Zweckbindungsgrundsatz.
Fazit
Der Einsatz von Videotelefonie über Anbieter wie Skype bietet einen ganzen Strauß an datenschutzrechtlichen Fragestellungen und Fallstricken. Sowohl Arbeitgeber als auch der Bewerber sollten sich daher gut überlegen, ob sie diesen Weg gehen möchten, der laut einer Studie weniger erfolgversprechend sein soll als ein persönliches Gespräch – schließlich geht es bei einem Vorstellungsgespräch um eine beiderseitige Vorstellung und auch um den persönlichen Eindruck voneinander.