Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch und Anspruch auf eine Kopie der personenbezogenen Daten nach Art. 15 DSGVO – (vermutlich) keine andere Norm verbindet Unsicherheit, Rechtsauslegung und Rechtsprechung derart miteinander.

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 04.05.2023 – C-487/21) Mitte 2023 das datenschutzrechtliche Recht auf Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO umfassend erläuterte und Fragen zu Inhalt und Umfang des Betroffenenrechts klärte (wir berichteten), hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem wegweisenden Urteil vom 05.03.2024 (Az.: VI ZR 330/21) klargestellt, wie der Begriff „Kopie von personenbezogenen Daten“ zu verstehen ist.

Vorab hatte der BGH das Verfahren ausgesetzt, um die Entscheidung des EuGH abzuwarten (Beschluss vom BGH, 21.02.2023, Az.: VI ZR 330/21).

Hintergrund des Falls

Die Klägerin (nachfolgend: betroffene Person) wurde von den Beklagten (nachfolgend: Verantwortlicher) in Finanzfragen betreut. Diese forderte vom Verantwortlichen gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO Kopien aller beim Verantwortlichen vorhandenen personenbezogenen Daten – insbesondere Telefonnotizen, Aktenvermerke, Protokolle, E-Mails, Briefe und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen – auszuhändigen.

In der ersten Instanz wurde der Verantwortliche insoweit antragsgemäß verurteilt und im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat auf die Berufung des Verantwortlichen das Urteil des Landgerichts (LG) München I abgeändert und den Verantwortlichen auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag der betroffenen Person hin verurteilt, dieser „[…] Kopien der [vom Verantwortlichen, Anm. d. Verf.] verarbeiteten personenbezogenen Daten der [betroffenen Person, Anm. d. Verf.] betreffend die Datenkategorien Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, E-Mails, Briefe und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen im Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 31. März 2018 zu überlassen.“ (Urteil vom 05.03.2024, Rn. 2)

Die Berufungsinstanz entschied antragsgemäß. Hiergegen richtet sich die Revision des Verantwortlichen.

Entscheidung des BGH

Der BGH legt zunächst noch einmal dar, dass Art. 15 DSGVO der betroffenen Person ein Auskunftsrecht über die Verarbeitung personenbezogener Daten gibt und verweist dabei verschiedene Rechtsprechungen des Gerichts (siehe Urteil vom 05.03.2024, Rn. 16). So umfasst der Begriff personenbezogene Daten „[…] potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist […]“ (BGH, Urteil vom 06.02.2024 – Az.: VI ZR 15/23, Rn. 7).

Unter Berücksichtigung dessen bewertet der BGH die Schreiben der betroffenen Person (verfasste Briefe und E-Mails) an den Verantwortlichen ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten.

Begründung: Die personenbezogenen Informationen bestehen bereits darin, „[…] dass die betroffene Person sich dem Schreiben gemäß geäußert hat, umgekehrt aber Schreiben des Verantwortlichen an die betroffene Person nur insoweit, als sie Informationen über die betroffene Person nach den oben genannten Kriterien enthalten […]“ (Urteil vom 05.03.2024, Rn. 16). Dabei sei es unerheblich, dass diese Schreiben der betroffenen Person bereits bekannt sind.

Demgegenüber seien weder Schreiben und E-Mails des Verantwortlichen, noch Telefonnotizen, Aktenvermerke oder Gesprächsprotokolle des Verantwortlichen oder Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen zwangsläufig in ihrer Gesamtheit personenbezogene Daten der betroffenen Person, auch wenn diese Dokumente Informationen über die betroffene Person enthalten.

Begründung: Zwar ist bei diesen Dokumenten denkbar, dass diese ausschließlich Informationen über die betroffene Person enthalten. Das kann und muss aber nicht immer der Fall sein.

Aus diesem Grund entfällt grundsätzlich der Anspruch auf entsprechende Kopien. Etwas anderes gilt nur, wenn diese Dokumente erforderlich sind, damit die betroffene Person den Gesamtzusammenhang der Datenverarbeitung nachvollziehen und ihre Betroffenenrechte effektiv ausüben kann. In solchen Fällen muss die betroffene Person entweder eine überzeugende Begründung vortragen oder die Notwendigkeit ist allgemein ersichtlich.

Fazit

Durch das Urteil des BGH lichtet sich der Nebel über dem Umfang des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs ein weiteres Stück. Danach kann festgehalten werden:

  1. Der Anspruch auf eine Kopie personenbezogener Daten umfasst die Dokumente und Schriftstücke, die von der auskunftsersuchenden Person erstellt wurden.
  2. Interne Vermerke, Telefon- und Gesprächsnotizen sind nicht pauschal vom Recht auf Erteilung einer Kopie umfasst.