Hat der Inhaber eines kostenlosen E-Mail-Postfaches keine ausdrückliche Zustimmung in den Erhalt von Werbung im Mail-Eingangs-Ordner erteilt (sog. Inbox-Advertising), ist diese Werbung wettbewerbswidrig. So entschied vor Kurzem der BGH und verwies insbesondere darauf, dass sich eine Einwilligung nicht bereits aus der pauschalen Zustimmung zum Erhalt von Werbeeinblendungen im Gegenzug für die unentgeltliche Nutzung des E-Mail-Dienstes ergeben würde (BGH, Urteil vom 13. Januar 2022, Az. I ZR 25/19).

Im amtlichen Leitsatz heißt es:

„Eine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung (automatisierte Werbeeinblendung auf bestimmten dafür vorgesehenen Flächen in der E-Mail-Inbox des Nutzers), die eine Werbung unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. (Anmerkung: Nunmehr § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG n.F.) darstellt, liegt nicht vor, wenn der Nutzer, der eine unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante eines E-Mail-Dienstes gewählt hat, sich allgemein damit einverstanden erklärt, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen. Erforderlich ist vielmehr, dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden.“

Der BGH bewertet das Inbox-Advertising als Werbung im Sinne des UWG

Der beklagte Diensteanbieter hatte seine Werbenachrichten unter Verwendung elektronischer Post und damit eines unter § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F., Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG unterfallenden elektronischen Kommunikationsmittels verbreitet. Der BGH betonte hierbei u. a. und mit Verweis auf das Urteil des EuGH (Urteil in der Rechtssache C-102/20, 25. November 2021), dass die in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG aufgeführte Liste der elektronischen Kommunikationsmittel nicht abschließend, sondern aus technologischer Sicht entwicklungsfähig und mit Blick auf das Schutzziel der Regelung, welches vorgibt, dass den Nutzern der öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste der gleiche Grad des Schutzes personenbezogener Daten und der Privatsphäre geboten werden soll, weit auszulegen sei.

Die mittels elektronischer Post verbreiteten Informationen hätten zudem eine Nachricht mit kommerziellem Ziel und somit eine Direktwerbung bezweckt. Hierfür bedarf es einer zusätzlichen Rechtsgrundlage.

Diese Form der werblichen Ansprache bedarf der Einwilligung des betroffenen Adressaten

Das Inbox-Advertising stellt im vorliegenden Fall eine unzulässige geschäftliche Handlung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. dar, da durch diese Art der Werbung ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird. Die geschäftliche Handlung eines Unternehmers ist belästigend, wenn sie dem Empfänger aufgedrängt wird und dies wegen ihrer Art und Weise, unabhängig vom Inhalt, als störend empfunden wird. Dies ist der Fall, wenn der Werbende durch die Handlung den Adressaten zwingt, sich ohne oder gar gegen seinen Willen mit der Störung auseinanderzusetzen (Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher, 4. Aufl. 2019, UWG § 7 Rn. 17). Darüber hinaus ist eine unzumutbare Belästigung zudem stets anzunehmen, also ohne Interessenabwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 I ZR 65/14), bei einer Werbung unter Verwendung einer elektronischer Post (u. a.), ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.

Der Umstand, dass eine allgemeine, nicht auf die konkret beanstandete Werbung bezogene Einwilligung in den Erhalt von Werbeeinblendungen erteilt wurde, um einen E-Mail-Dienst unentgeltlich nutzen zu können, ließe nach Ansicht des BGH nicht die Annahme einer wirksamen Einwilligung zu.

Fazit

Mit dieser Entscheidung des BGH und dem vorangegangenen Urteil des EuGH (Urteil vom 25.11.2021, Az. C-102/20, StWL Städtische Werke Lauf a. d. Pegnitz GmbH) dürfte die Rechtslage zu Werbemaßnahmen mittels Inbox-Advertising eindeutig geklärt und eine künftige werbliche Ansprache in dieser Form ausschließlich mit ausreichend transparent und konkret formuliertem Opt-in möglich sein. Im bestehenden und auch neuen Kundenverhältnis müsste der Diensteanbieter das Inbox-Advertising zunächst deaktivieren und die erforderliche Einwilligung z. B. mittels eines Consent-Management-Tools einholen.