Der Bundesgerichtshof hat am 15.12.2015 entschieden, dass E-Mails mit werblichem Inhalt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen, wenn der Empfänger dem Erhalt von Werbung widersprochen hat. Damit wurde das Berufungsurteil des Landgerichts Stuttgart aufgehoben und die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt wiederhergestellt (wir berichteten).

Der Fall

Ein Kunde kontaktierte per E-Mail seine Versicherung und bat darum, den Eingang der Kündigung zu bestätigen, welche er zuvor ausgesprochen hatte. Auf seine E-Mail erhielt der Kunde eine automatische Eingangsbestätigung. Die Signatur enthielt den Hinweis auf eine Unwetter-App und Unwetterwarnungen per SMS, welche die Versicherung anbietet. Daraufhin wandte sich der Kunde an den Datenschutzbeauftragten der Versicherung und widersprach der Zusendung von Werbung. Die Antwort des Datenschutzbeauftragten enthielt in der Signatur abermals den beanstandeten Hinweis auf die Unwetter-App und die Unwetterwarnungen per SMS. Der Kunde klagte daraufhin auf Unterlassung des Zusendens von E-Mails mit werblichem Inhalt.

Wie haben die Vorinstanzen entschieden?

Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt gab der Klage statt. Es befand, dass die Zusendung von E-Mails mit Werbung in der Signatur gegen den erkennbaren Willen des Empfängers einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstelle. Dabei sei es unerheblich, dass sich die Werbung im „Abspann“ der Mitteilung befände und nicht gelesen werden müsse. Ausreichend sei bereits der Versuch, ein Produkt oder eine Leistung zu bewerben.

Auf die Berufung der Versicherung hob das Landgericht Stuttgart das erstinstanzliche Urteil auf und lehnte einen Unterlassungsanspruch des Kunden ab. Dem Eingriff fehle es an der erforderlichen Erheblichkeit. Erheblich ist ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bei der Zusendung von Werbung insbesondere dann, wenn dem Empfänger Kosten entstehen können und das Aussortieren der werblichen Nachrichten einen gewissen Aufwand bedeutet. Diese Umstände sah das Landgericht Stuttgart nicht als gegeben an. Die E-Mails der Versicherung hätte der Kunde auch öffnen müssen, wenn die Signatur am Ende der E-Mail keinen werblichen Zusatz enthalten hätte. Dem Betreff konnte der Empfänger eindeutig entnehmen, dass es sich um eine automatische Eingangsbestätigung auf seine Anfrage handele. Solche E-Mails stellten keine „klassischen“ Werbe-E-Mails dar.

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof bestätigte das erstinstanzliche Urteil und befand, dass jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz den Kunden in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze, wenn sie gegen den zuvor erklärten ausdrücklichen Willen des Empfängers erfolgt sei. Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof nach der veröffentlichten Pressemitteilung hingegen die Frage, ob schon die erste Eingangsbestätigung wegen der in der Signatur enthaltenen Werbung unzulässig war, weil der Empfänger dem Erhalt von Werbung per E-Mail – wie von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gefordert – nicht ausdrücklich zugestimmt hatte. Ob sich der Bundesgerichtshof überhaupt mit dieser Frage befasst hat, wird sich erst den Entscheidungsgründen entnehmen lassen.

Welche Bedeutung hat das Urteil?

Bislang war unklar, ob dezente werbliche Inhalte in E-Mails, die primär der Vertragsdurchführung oder üblichen geschäftlichen Kommunikation dienen, zulässig sind. Auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann gut vertreten werden, dass der Versand von E-Mails mit dezenter Werbung in der Signatur zulässig ist, wenn ein nachvollziehbarer Grund für den Versand wie z.B. die Ankündigung des Lieferzeitpunkts von bestellter Ware besteht und die werblichen Inhalte optisch erkennbar nicht im Vordergrund stehen.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn der E-Mail Empfänger dem Erhalt von Werbung ausdrücklich widerspricht. In diesem Fall darf auch in der E-Mail-Signatur keine Werbung enthalten sein. Allerdings stellt sich die Frage, wie diese Anforderungen in der Praxis umgesetzt werden können, müsste doch für jede einzelne Anfrage festgestellt werden, ob der Empfänger dem Erhalt von Werbung widersprochen hat. Insofern könnte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Anfang vom Ende der E-Mail-Signatur mit werblichen Inhalten sein.