Ab dem 1. Mai ging es wieder los – die Bockjagd ging in den meisten Bundesländern an diesem Tag wieder auf (d. h. ist ab diesem Tag wieder gestattet) und da in der heutigen hektischen Zeit kaum noch jemand die Muße für ein ausgiebiges Ansitzen findet, wird gerne auf technische Hilfsmittel zurückgegriffen: Wildkameras.

Doch nicht nur in diesem Zusammenhang setzen Jagdpächter und Waldbesitzer immer häufiger Tierbeobachtungskameras ein, um Wald und/oder Pachtflächen zu überwachen. Die Gründe für den Einsatz von Wildkameras sind ebenso vielfältig, wie die verwendeten Kameramodelle. Sie reichen von der Beobachtung der Entwicklung des Wildbestandes bis hin zum Nachweis von Beschädigungen der Kirrungen oder Hochsitze durch Jagdgegner, Waldbesucher und sogar durch Jagdkollegen.

Zwar ist die Verwendung von Wildkameras durch Privatpersonen, die aufgrund eines Bewegungsmelders einzelne Fotos oder gar eine Videosequenz aufnehmen, inzwischen nicht mehr anzeige- oder genehmigungspflichtig, allerdings ist die Aufstellung und Verwendung nicht nur aus datenschutzrechtlicher Sicht lediglich in sehr engen Grenzen überhaupt möglich bzw. erlaubt.

Der Wald ist für alle da …

… denn nach den Landeswaldgesetzen hat jeder Mensch grundsätzlich das Recht, den Wald zu Erholungszwecken und auf eigene Gefahr zu betreten – ein Grundsatz, der selbst für Privatwälder gilt.

Allerdings sind einige Bereiche des Waldes von diesem Betretungsrecht ausgenommen: Waldflächen und Waldwege, auf denen Holz eingeschlagen, aufbereitet, gerückt oder gelagert wird, dürfen nicht betreten werden. Auch Forstkulturen, Wildäcker, Baumschulen, fischereiwirtschaftliche oder jagdliche Einrichtungen unterliegen einem generellen Betretungsverbot für unbefugte Personen. Das Problem dabei ist, dass auch die genannten Waldbereiche, die eigentlich für den Besucherverkehr „gesperrt“ sind, faktisch in den meisten Fällen dennoch mehr oder weniger problemlos von Personen betreten werden können und werden.

Führt man sich jetzt vor Augen, dass es einer installierten Kamera natürlich völlig egal ist, was ihr vor die Linse kommt, wird die Misere deutlich. Sobald der Bewegungssensor „Signal gibt“, bildet die Kamera alles ab, was sich in ihrem Fokus befindet. So kommt es sehr häufig vor, dass völlig unbeteiligte Waldspaziergänger, Jogger, Pilzsammler und Liebespärchen – meist unbemerkt – in den Genuss einer fotografischen oder gar filmischen Dokumentation ihres Aufenthaltes kommen.

Was bei der späteren Auswertung der Aufzeichnungen manchmal sicherlich zu dem einen oder anderen „Schmunzler“ oder auch „Stirnrunzler“ führt, stellt jedoch in rechtlicher Hinsicht bei den Betroffenen (also den von der Kamera erfassten Personen) immer einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar – und zwar gänzlich unabhängig von der Frage, ob sie es mitbekommen haben oder nicht.

Datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Wildkameras

Doch was bedeutet das? Durch das Foto oder Video werden Daten verarbeitet und aus datenschutzrechtlicher Sicht bedarf es, wie immer, wenn es um die Verarbeitung von Daten geht, einer Rechtfertigungsgrundlage bzw. eines Erlaubnistatbestandes.

Dieser findet sich grundsätzlich in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Demnach wäre die Verarbeitung von Bildmaterial mittels Wildkamera dann zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Verantwortlichen und/oder eines Dritten für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen überwiegen.

Hört sich ganz schön kompliziert an – und ist es in der Praxis auch. Zumindest dann, wenn man die Sache rechtskonform gestalten möchte. Doch bevor die Kamera jetzt „ins Korn geschmissen“ wird, sei verraten, dass es mit ein wenig Aufwand und Aufmerksamkeit durchaus möglich ist.

Das berechtigte Interesse eines Jagdrechtsinhabers und/oder Jagdausübungsberechtigten zum Einsatz einer Wildkamera kann sich z. B. aus der Hegeverpflichtung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 des Bundesjagdgesetzes ergeben. Doch das bedeutet nicht, dass der Einsatz einer Wildkamera damit grundsätzlich legitimiert wäre und diese folglich nach Gutdünken angebracht werden könnte. Vielmehr muss der Einsatz zusätzlich auch zur Erreichung des berechtigten Interesses erforderlich sein. Gerade aber hinsichtlich des Problemkreises der Erforderlichkeit stellt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht durchaus die Frage, ob dem Jäger für eine effiziente Bejagung und damit Erfüllung der vorgeschriebenen Hegeverpflichtung nicht neben dem Einsatz einer Wildkamera auch andere Mittel zur Verfügung stehen und daher auf die Kamera verzichtet werden könnte. Dies gilt umso mehr, als dass dem Interesse des Waidmannes/der Waidfrau der Schutz des extrem hochrangigen Persönlichkeitsrechts der zweibeinigen Waldbesucher gegenüber- bzw. entgegensteht.

Alles nur eine Frage der richtigen Position und Fokussierung

Was sich vom Grundsatz her zunächst wie ein unlösbarer gordischer Knoten anhört, kann dennoch mehr oder weniger problemlos, auf jeden Fall aber ohne Zuhilfenahme eines Schwertes, gelöst werden.

Halten wir zusammenfassend noch einmal kurz fest: Grundsätzlich stehen sich beim Einsatz einer Wildkamera immer das berechtigte Interesse der Jägerschaft an einer ordnungsgemäßen Hege auf der einen Seite und der Schutz des Persönlichkeitsrechts der Erholungssuchenden auf der anderen Seite gegenüber. Vor diesem Hintergrund wird es also maßgeblich darauf ankommen,

  • wo die Kamera verortet ist,
  • was sich im Erfassungsbereich der Kamera befindet,
  • wie lange die Aufnahmen gespeichert werden,
  • ob die Aufnahmen veröffentlicht werden sollen und
  • ob betroffene Personen ausreichend nach Art. 13 DSGVO über den Einsatz der Wildkamera informiert worden sind.

Dazu nachfolgend im Einzelnen:

a) Das „Wo und Wie“

Zwar ist davon auszugehen, dass die eingesetzten Kameras in den meisten Fällen sowieso eher abseits von Wegen an abgelegenen Stellen, Kirrungen, Luderplätzen, Äsungsflächen, Salzlecken, Pässen und Wechseln angebracht werden, gleichwohl gilt es dabei trotzdem darauf zu achten, dass nicht ggf. doch auch öffentlich zugängliche Wege und Flächen im Erfassungsbereich der Kamera liegen. Da die Überwachung von Wanderwegen, großen und leicht zugänglichen Flächen oder gar Sitzgelegenheiten absolut unzulässig ist, müsste der Erfassungsbereich einer Kamera also entsprechend angepasst und eingegrenzt werden, sodass diese Bereiche komplett ausgenommen sind.

Auch der Versuchung, den Überwachungsbereich so groß und umfangreich wie möglich zu gestalten, darf keinesfalls nachgegeben werden, da der Einsatz einer Überwachung nicht nur aus datenschutzrechtlicher Sicht zwingend so (daten-)schonend wie möglich zu gestalten ist. Eine großflächige Überwachung aus größerer Höhe mag zwar für den Verantwortlichen durchaus erstrebenswert sein, erfüllt die Anforderung an die Datensparsamkeit aber auf keinen Fall und wäre damit für die Privatperson per se unzulässig. Vielmehr gilt es zwingend darauf zu achten, dass die Kamera dergestalt angebracht wird, dass eine Aufnahme von Personen (Gesichtern) möglichst gänzlich unterbleibt. Daher sollte eine Kamera also so positioniert sein, dass von Personen lediglich die Beine aufgenommen werden können. Datenschutzaufsichtsbehörden empfehlen in diesem Zusammenhang gerne eine Aufstellhöhe von maximal ca. 1 m ab Boden.

Ist dies aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Aufstellungsortes bzw. aufgrund des besonderen Zweckes ausnahmsweise nicht möglich, so kommt grundsätzlich auch eine Bildauflösung, welche zwar eine Tierart erkennen lässt, aber keine Rückschlüsse auf konkrete Personen zulässt, infrage.

b) Der „Schilderwald“

Ist die richtige Stelle gefunden und die Kamera endlich ordnungsgemäß positioniert, warten schon die nächsten datenschutzrechtlichen Vorgaben auf den Aufsteller in Form der transparenten Informationsverpflichtung gem. Artt. 12 ff. DSGVO. Es müssen also entsprechende Schilder aufgestellt werden, die einen Betroffenen rechtzeitig vor der Überwachungssituation warnen (Umstand der Beobachtung – Piktogramm, Kamerasymbol) und den Informationskatalog des Art. 13 Abs. 1 und 2 DSGVO beinhalten, z. B.

  • die Identität des für die Überwachung Verantwortlichen (Name einschließlich Kontaktdaten),
  • die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten (soweit bestellt, dann aber zwingend),
  • die Verarbeitungszwecke und Rechtsgrundlage in Schlagworten,
  • die Angabe des berechtigten Interesses,
  • die Dauer der Speicherung sowie
  • einen Hinweis auf Zugang zu weiteren Pflichtinformationen (Auskunftsrecht, Beschwerderecht, ggf. Empfänger der Daten).

Verwendet werden dabei die allseits bekannten Schilder, die allerdings eine gut sichtbare Größe aufweisen sollten.

Wichtig ist darüber hinaus, dass es meist keinesfalls ausreichend ist, wenn lediglich ein einziges Schild aufgestellt wird. Vielmehr müssen die Betroffenen aus jeder möglichen „Einfallsrichtung“ gewarnt werden und zwar so nachhaltig, dass sie sich immer noch entscheiden können, den Bereich der „bildlichen Dokumentation“ gar nicht erst zu betreten. So ist also nicht nur darauf zu achten, dass der Beobachtungsplatz quasi von Schildern „umzingelt“ ist, sondern auch darauf, dass die Schilder so aufgestellt werden, dass der Bewegungsmelder erst deutlich hinter dem Schild eine Aufzeichnung auslösen würde.

c) Foto oder Video?

Videosequenzen haben sicherlich ihren Reiz und bergen dennoch zweifellos ein unkalkulierbares Risiko, da sie in der Lage sind ganze Handlungsstränge aufzuzeichnen, was insbesondere dann problematisch wird, wenn sich ein Betroffener Zweibeiner unbeabsichtigt in den Erfassungsbereich der Kamera „verirrt“ und samt seinem Tun (und hier ist von hochpeinlich bis kriminell alles denkbar) aufgezeichnet wird. Ob Videoaufzeichnungen überhaupt noch vom berechtigten Interesse einer Wildbeobachtung umfasst sind oder nicht doch eine Fotosequenz mit entsprechenden Zeitabständen zum Erreichen des beabsichtigten Zweckes ausreicht, kann sicherlich nur im konkreten Einzelfall abschließend entschieden werden. Allerdings erscheinen aus datenschutzrechtlicher Sicht Einzelfotos im Rahmen der Überwachungserforderlichkeit zur Erfüllung der Hegeverpflichtungen eher darlegbar, als die Erstellung eines „Blockbusters“. Auch wenn das „Sielmann’sche Tierfilmprinzip“ sicherlich „possierliche Szenen“ hervorzubringen vermag, tendieren auch die Datenschutzaufsichtsbehörden deutlich zum Einzelbild, sodass der Verzicht auf Videosequenzen aus datenschutzrechtlicher Sicht dringend anzuraten ist.

d) Die Speicherdauer oder „Nichts ist für die Ewigkeit“

Sind die Aufnahmen erst einmal datenschutzkonform im Kasten, liegen schon die nächsten datenschutzrechtlichen Fallstricke aus. Solange lediglich und wie beabsichtigt nur die vierbeinigen Stars kameratechnisch eingefangen wurden, gibt es eigentlich keine Probleme, da diese nicht vom hehren Prinzip des Schutzes des Persönlichkeitsrechts umfasst werden. Hat sich aber ein zweibeiniger Statist vor die Linse verirrt, dann ist dessen Rolle bereits dem Grunde nach nicht vom eigentlichen Zweck der Aufstellung der Wildkamera umfasst und gedeckt, sodass die entsprechenden Aufnahmen unverzüglich zu löschen sind.

Im juristischen Sinne bedeutet unverzüglich ohne schuldhafte Verzögerung. Aus datenschutzrechtlicher Sicht wird i. d. R. eine Löschfrist von 72 Stunden angestrebt (die niedersächsische Datenschutzaufsichtsbehörde verlangt eine Löschung sogar innerhalb einer Frist von 48 Stunden), die vom Verantwortlichen auf jeden Fall eingehalten werden sollte. Die Frist beginnt mit der Aufzeichnung und nicht erst mit der „Entdeckung“, sodass der Verwender zusätzlich ein zuverlässiges System entwickeln muss, damit diese Löschfrist eingehalten werden kann.

Anders verhält es sich ggf. nur dann, wenn die Bilder eine strafbare Handlung zeigen. Dann allerdings sollten zwingend die Behörden eingeschaltet und die Aufnahmen zur weiteren Ermittlung übergeben werden. Keinesfalls sollte man versuchen die Täter auf eigene Faust dingfest zu machen und die Fotos oder Filmaufnahmen z. B. per WhatsApp oder auf facebook teilen. Ein solches Verhalten tangiert nicht nur weitere datenschutzrechtliche Problembereiche (z. B. den Bereich der Auftragsdatenverarbeitung mit all seinen Konsequenzen, der Datenübermittlung in Drittländer etc.), sondern auch andere gesetzliche Regelungen, mit denen man gerade als Jäger und damit als sog. Legalwaffenbesitzer aus waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsgründen nicht unbedingt in Verbindung gebracht werden möchte – und sowohl Datenschutzaufsichtsbehörden als auch Staatsanwälte und/oder Strafrichter haben in derartigen Fällen äußerst selten irgendeinen Humor von dem sie wüssten.

e) Es heißt nicht umsonst „DOKUMENTAR“-Film

Hat man bis hierher alles bedacht und umgesetzt, kann man sich jetzt gemütlich in sein Jagzimmer zurückziehen und mit der Dokumentation beginnen. Denn wie bei jeder anderen Datenverarbeitung, schreibt die DSGVO auch in diesem Fall eine vom Verarbeiter grundsätzlich vorzuhaltende Dokumentation der Verarbeitungstätigkeit nach Maßgabe des Art. 30 Abs. 1 DSGVO vor, worauf auch die Datenschutzaufsichtsbehörden ausdrücklich hinweisen.

Aufgenommen werden müssen in dem Verarbeitungsverzeichnis z. B.

  • die Art der Videoüberwachung,
  • Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen (ggf. des Vertreters) sowie des Datenschutzbeauftragten (soweit vorhanden, ggf. DSB der Jagdgenossenschaft),
  • die Zwecke der Verarbeitung,
  • die Beschreibung der Kategorien betroffener Personen und der Kategorien personenbezogener Daten,
  • weitere Empfänger, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt werden,
  • vorgesehene Fristen für die Löschung von Daten sowie
  • eine allgemeine Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnahmen gemäß Art. 32 Abs. 1 DSGVO.

Zwar ist bei einer einfachen Überwachung per Wildkamera dem Grunde nach nicht davon auszugehen, dass die aufgezeichneten Daten auch an Empfänger in Drittländern übermittelt werden. Sollte dies jedoch der Fall sein (z. B. bei der Nutzung von WhatsApp), so müssen im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten auch die Drittländer und dortigen Empfänger genannt sowie geeignete Garantien nach Art. 49 Abs. 1 Unterabsatz 2 DSGVO angegeben werden – was insbesondere bei Datenübermittlungen in die USA nach dem Schrems II Urteil des EuGH von besonderer Bedeutung und Brisanz ist.

Fazit

Auch wenn sich der Einsatz von Wildkameras für den Verwender aus (datenschutz-)rechtlicher Sicht alles andere als problemlos darstellt, so ist er, wie oben beschrieben, dennoch in sehr engen Grenzen möglich und mit viel Aufwand umsetzbar. Die Grenzen sollten allerdings peinlichst genau beachtet sowie die exemplarisch aufgezeigten „roten Linien“ tunlichst nicht überschritten werden. Neben finanziellen Konsequenzen für den Aufsteller, ruft dies ggf. die Datenschutzaufsichtsbehörde und schlimmstenfalls sogar weitere juristische Institutionen auf den Plan, mit denen man gerne auf jedwede „Plauderei“ verzichtet.

Der Waidmann/Die Waidfrau, dem/der das allerdings alles zu komplex und/oder heikel ist, kann letztendlich auf technische Unterstützung durch Wildkameras verzichten und auf althergebrachten und (datenschutz-)rechtlich definitiv unbedenkliche „Mittel“, wie z. B. Wilduhren zurückgreifen. Die machen zwar keine Fotos und zeigen auch nicht zweifelsfrei an, welches Wild da war – aber einen Anwesenheitszeitrahmen bekommt man dennoch geliefert …

… und was gibt es denn Schöneres, als die klassische Wildbeobachtung vom Ansitz aus – „bewaffnet“ mit einem guten Fernglas, Ausdauer und vieeeeeeeeeeel Zeit.

In diesem Sinne: „Waidmannsheil – der Datenschutz dankt!“