Wie weit dürfen Arbeitgeber bei der Überwachung ihrer Mitarbeiter gehen? Diese Frage war erneut Gegenstand einer Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht. In seiner Entscheidung vom 19.02.2015 hat es der Überwachung enge Grenzen gesetzt.

Was war geschehen?

Eine Mitarbeiterin hatte sich krank gemeldet. Der Vorgesetzte zweifelte an ihrer Arbeitsunfähigkeit. Ohne ihr Wissen schaltete er eine Detektei ein und ließ sie beobachten. Der Detektiv stellte fest, dass die Arbeitnehmerin über mehrere Tage privaten Tätigkeiten nachging, obwohl sie krankgemeldet war. Die Tätigkeiten dokumentierte er durch Videoaufnahmen. Diese stellte der Detektiv dem Arbeitgeber zur Verfügung, der daraufhin das Arbeitsverhältnis kündigte.

Die Arbeitnehmerin hielt die Beauftragung der Observation einschließlich der Videoaufnahmen für rechtswidrig und forderte ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.500 Euro. Sie sah in den heimlichen Videoaufnahmen einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht.

Wie haben die Vorinstanzen entschieden?

Das Arbeitsgericht Münster wies die Klage der Arbeitnehmerin auf Schmerzensgeld ab. Die Aufnahmen erfolgten im öffentlichen Raum und verletzten nicht ihre Privat- oder Intimsphäre. Das Landesarbeitsgericht Hamm war hingegen der Auffassung, dass die heimlich erstellten Videoaufnahmen rechtswidrig waren. Wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung erkannte es der Arbeitnehmerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro zu.

Wie haben die Gerichte in der Vergangenheit in Fällen der heimlichen Videoüberwachung von Arbeitnehmern entschieden?

Die Rechtsprechung setzt der heimlichen Überwachung von Arbeitnehmern hohe Hürden. Eine heimliche Überwachung von Beschäftigten ist nur aufgrund des konkreten Verdachts einer Straftat zulässig. Zudem muss die Überwachung verhältnismäßig und das letztmögliche Mittel zur Aufklärung des Verdachts sein. Häufig haben die Gerichte den betroffenen Arbeitnehmern auch Schmerzensgeldansprüche zuerkannt. Diese reichen von 650 Euro (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.05.2013 – 2 Sa 540/12), über 7.000 Euro (LAG Hessen, Urteil vom 25.10.2010 – 7 Sa 1586/09) und 14.000 Euro (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.11.2012 – 23 Sa 1090/12) bis zu 25.000 Euro (ArbG Iserlohn, Urteil vom 04.06.2008 – 3 Ca 2636/07).

Welche Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht getroffen?

Mit dem Urteil vom 19.02.2015 setzt das Bundesarbeitsgericht der heimlichen Überwachung von Arbeitnehmern erneut enge Grenzen. Arbeitgeber dürfen nur dann Detektive und heimliche Videoüberwachung einsetzen, wenn ein auf Tatsachen beruhender, konkreter Verdacht einer schweren Pflichtverletzung vorliegt. Solche Pflichtverletzungen können z.B. das Vortäuschen einer Krankheit oder Diebstähle sein. Stellt sich die Überwachung später als unzulässig heraus, kann eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen. Hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes hält das Bundesarbeitsgericht in dem konkreten Fall den Betrag von 1.000 Euro für angemessen.

Welche Bedeutung hat das Urteil?

Das Bundesarbeitsgericht hat mit diesem Urteil die Rechte von Arbeitnehmern gestärkt. Eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann Schmerzensgeldansprüche der betroffenen Beschäftigten auslösen. Es kann aber auch Ermittlungen der Datenschutzaufsichtsbehörden bis zur Verhängung von Bußgeldern zur Folge haben. Bei der heimlichen Überwachung von Mitarbeitern sollte daher stets genau geprüft werden, ob die von der Rechtsprechung entwickelten strengen Voraussetzungen erfüllt werden.