Der Bundesregierung droht die Abschaltung ihrer Facebook Fanpage durch den Bundesdatenschutzbeauftragten: Am 03.06.2022 veröffentlichte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, auf der Homepage des BfDI eine eher kurze und unscheinbare Nachricht: „BfDI versendet Anhörung zu Facebook Fanpages“.

So unscheinbar diese Mitteilung auch war, umso größer könnte das mediale Begleitorchester werden: die Abschaltung der Facebook Fanpage der Bundesregierung.

Das Bundespresseamt (BPA) betreibt die Fanpage „Bundesregierung“ beim sozialen Netzwerk Facebook für die Bundesregierung. Der BfDI hält den datenschutzkonformen Betrieb von Facebook Fanpages aktuell für nicht möglich. Diese Auffassung wurde zuletzt erneut durch ein Kurzgutachten der Datenschutzkonferenz (DSK) belegt. Seit Januar 2022 hat der BfDI die Nutzung von Facebook Fanpages durch Bundesbehörden geprüft. Gespräche mit dem BPA und Facebook selbst führten jedoch zu keiner einvernehmlichen Lösung der datenschutzrechtlichen Probleme.

Die Nutzung von Facebook ist schon seit Langem datenschutzrechtlich umstritten und die Problematik macht auch vor der Bundesregierung nicht halt. Einer der Punkte, den das Kurzgutachten der DSK kritisiert, ist die mangelhafte Einwilligung in die Setzung von Cookies, die nicht technisch notwendig sind und damit einen rechtswidrigen Datenfluss in unsichere Drittländer ermöglichen. Im Kurzgutachten heißt es hier: „Damit lässt sich festhalten, dass die Anforderungen an eine Einwilligung nicht erfüllt sind und somit keine wirksame Einwilligung nach § 25 Abs. 1 TTDSG über das Einwilligungsbanner eingeholt wird.“ (S. 14).

Welche Rechte hat der BfDI?

Als Aufsichtsbehörde auf Ebene des Bundes hat der oder die BfDI eine besondere Rolle bei der Durchsetzung des Datenschutzrechts inne. Auf der Website des BfDI wird die Aufgabe des derzeitigen Beauftragten mit „Hüter des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung“ passend zusammengefasst. Der oder die BfDI ist die datenschutzrechtliche Aufsichtsbehörde über alle öffentlichen Stellen des Bundes wie auch für bestimmte Träger der sozialen Sicherung. In Ausübung dieses Amtes ist der oder die BfDI unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Gewählt wird der oder die BfDI vom Bundestag. Hierfür ist mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitglieder des Bundestages erforderlich. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre, wobei eine einmalige Wiederwahl zulässig ist. Außerdem beaufsichtigt der oder die BfDI die Durchsetzung der DSGVO sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Zum Zwecke der Durchsetzung der DSGVO-Reglungen können auch Untersuchungen und Kontrollen durchgeführt werden. Im Zuge dessen kann die Behörde zudem Sanktionen oder Maßnahmen verhängen. Bei einem Datenschutzverstoß kann der oder die BfDI die beaufsichtigten Stellen warnen, verwarnen und Verbote oder auch Geldbußen (nicht gegenüber öffentlichen Stellen) verhängen.

Zum aktuellen Fall: Was war passiert?

Bereits am 20.05.2019 verschickte der BfDI ein Rundschreiben an die öffentlichen Stellen bzgl. der rechtswidrigen Nutzung der Facebook Fanpages, später gefolgt von einem zweiten Anschreiben am 16.06.2021 (wir berichteten).

Anfang des Jahres 2022 gab es jetzt ein sog. förmliches Anhörungsverfahren, auch gestützt auf das o. g. Kurzgutachten der DSK. Grundsätzlich versucht der BfDI datenschutzrechtliche Herausforderungen bei zu beaufsichtigenden Stellen zunächst durch Beratungen und Gespräche im Vorfeld zu lösen. Doch trotz alledem blieb das Bundespresseamt bzgl. der Facebook-Fanseite der Bundesregierung weiter untätig und die Seite ist weiter zu erreichen. Herr Kelber macht nun von den ihm nach Art. 58 DSGVO zur Verfügung stehenden Abhilfemaßnahmen Gebrauch. Bevor in einem solchen Verfahren über eine Aufsichtsmaßnahme entschieden wird, wird die beaufsichtigte Stelle aber zunächst angehört. Dazu wird sie mit einem förmlichen Anhörungsschreiben aufgefordert, zu einem bestimmten Sachverhalt Stellung zu nehmen und ihr Handeln zu begründen. Dies ist der derzeitige Stand. Das Gesetz regelt hierzu keine starre Frist.

Je nach Inhalt der Stellungnahme können unter Umständen weitere Tatsachenermittlungen oder Rechtsprüfungen notwendig werden. Am Ende der gesamten Prüfung aller verfügbarer Informationen entscheidet der BfDI, ob eine verwaltungsrechtliche Aufsichtsmaßnahme notwendig ist.

Mögliche Folgen

Sollte sich aufgrund der Stellungnahme des BPA die Meinung des BfDI nicht ändern – wovon nicht wirklich auszugehen ist – können sog. Aufsichtsmaßnahmen vom BfDI erlassen werden. Das sind i. d. R. Bußgelder oder Untersagungen der Nutzung/Verwendung. Da gegen öffentliche Behörden kein Bußgeld erlassen werden kann, bliebe nur ein Realakt übrig, nämlich das Abschalten der Facebook Fanpage der Bundesregierung.

Eine Besonderheit gibt es im förmlichen Verwaltungsverfahren: Mit der Einleitung des Aufsichtsverfahrens ist auch ein Verwaltungsverfahren eröffnet worden, für das die allgemeinen Regeln der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) gelten. Sieht der BfDI durch den Betrieb der Facebook Fanpage eine Gefahr von irreversiblen Schäden – wovon auszugehen ist – kann normalerweise die sofortige Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VWGO angeordnet werden. Das hat zur Folge, dass eine zu erwartende Anfechtungsklage der Bundesregierung keine aufschiebende Wirkung entfaltet und die Seite bis zur gerichtlichen Klärung abgeschaltet werden muss. Allerdings gibt es in § 20 Abs. 7 BDSG die europarechtlich strittige Besonderheit, dass die sofortige Vollziehbarkeit gegenüber Behörden nicht angeordnet werden kann.

Sollte das BPA nicht von sich aus den Betrieb der Facebook Fanpage einstellen, bliebe nur eine verwaltungsrechtliche Anfechtungsklage als Reaktion übrig, um eine endgültige gerichtliche Klärung zu erwirken. Dieses Verfahren betrifft die Privatwirtschaft gleichermaßen wie die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, sodass eine gerichtliche Entscheidung von großer Bedeutung ist, da die Problematik bzgl. der Facebook Fanpage letztendlich alle Nutzer betrifft und hier sehr prominent gerichtlich durchentschieden werden könnte.

Wir halten Sie über dieses Thema in unserem Blog weiter auf dem Laufenden.