Forscher der Universität Augsburg arbeiten derzeit an der Erkennung von Covid-19-Infektionen mittels einer Sprachanalyse-App. Basierend auf Verfahren zur Diagnose von Krankheiten wie Kehlkopfkrebs, Autismus, Parkinson und Erkältungen wird die zugrundeliegende Technologie weiterentwickelt, um auch Covid-19-Infektionen unkompliziert erkennen zu können. Da keine aufwendige Diagnostik bei dieser Technologie erforderlich ist, eignet sich diese besonders gut für Situationen in denen eine Probenentnahme nicht möglich ist bspw. im Bereich der Notfall- und Akutmedizin.
Auch am Massachusetts Institute für Technology (MIT) in den USA beschäftigen sich Forscher mit einer ähnlichen alternativen Diagnosetechnik. Die Forscher am MIT entwickeln eine App mit deren Hilfe am Klang des Hustens erkannt werden kann, ob eine Covid-19-Infektion vorliegt. Dabei soll die Erkennung auch dann erfolgen, wenn der Husten für die Diagnose via App erzwungen wurde.
Wie funktioniert das?
Wie mittlerweile viele Computerprogramme verwendet die an der Uni Augsburg entwickelte App maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz zum Lernen der für die Diagnose erforderlichen Einflussfaktoren. Dabei lernt die App mit sogenannten tiefen neuronalen Netzen die Merkmale der Stimme von Covid-19-Inifizierten zu erkennen und die jeweilige Entscheidung zu treffen, ob eine Infektion vorliegt oder nicht. Vorbild dieser Technologie ist die Funktionsweise von menschlichen Nervenzellen, die Eingaben auch auf der Grundlage der Verbindungsstärke zwischen verschiedenen Nervenzellen berechnen. Grundlage für die Entscheidung des Programms ist eine große Menge von Trainingsbeispielen, welche es ermöglichen, die Klassifikation der verarbeiteten Daten so zu gewichten, dass eine möglichst richtige Interpretation bzw. eine möglichst genaue Diagnose herauskommt. Stark vereinfacht gesagt, lernt die App auf diese Weise die Stimme der jeweiligen Person kennen und kann auf dieser Grundlage die Stimme mit den Parametern von Covid-19-Erkrankten abgleichen.
Was hat das mit Datenschutz zu tun?
Entscheidend für eine möglichst genaue Diagnose ist, dass die App mit möglichst vielen Daten gefüttert wird. Da aus den Stimmproben herausgefiltert werden kann, ob eine Covid-19-Infektion besteht, dürfte es sich in der Regel um Gesundheitsdaten handeln, die als besondere Kategorie personenbezogener Daten besonders schützenswert sind und deren Verarbeitung gem. Art. 9 Abs. 1 DSGVO ohne Rechtfertigungsgrund zunächst untersagt ist. Die Verarbeitung von besonderen personenbezogenen Daten ist jedoch gem. Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO bspw. auf der Grundlage einer Einwilligung rechtskonform möglich. Hierbei ist wichtig, damit die Einwilligung auch wirksam ist, dass sich diese ausdrücklich auf die besonderen Kategorien von Daten bezieht und dass die besonderen Kategorien von Daten auch konkret benannt werden. Die wirksame Einwilligung erscheint insb. in den Fällen erforderlich, in denen Personen ihre Sprachaufzeichnungen in der Testphase für die Weiterentwicklung der App spenden wollen oder die Sprachaufzeichnungen im Rahmen der regulären Nutzung der App zum Trainieren der künstlichen Intelligenz genutzt werden sollen.
Für die medizinische Diagnostik mittels App könnte jedoch eine Einwilligung entbehrlich sein, indem als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung der Art. 9 Abs. 2 lit. h DSGVO herangezogen wird, der es ermöglicht eine Verarbeitung von besonderen Datenkategorien für die medizinische Diagnostik auf diese spezielle Rechtsgrundlage zu stützen, ohne dass eine Einwilligung erforderlich ist.
Ferner ist gem. Artt. 32, 25 DSGVO bereits bei der Entwicklung der App auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO zu achten, indem adäquate technisch-organisatorische Maßnahmen von Anfang an eingebunden werden. Dabei gilt es, möglichst datenschutzfreundliche Voreinstellungen zu treffen und die Stichwörter ‚Privacy by Default‘ und ‚Privacy by Design‘ zu berücksichtigen.
Fazit
Die Möglichkeit mittels einer App schnell und einfach eine erste Diagnose über eine Covid-19-Infektion zu erhalten, kann vor dem Hintergrund einer 4. Infektionswelle erheblich dazu beitragen, die Infektionswelle abzuschwächen. Freilich sollten die skizzierten datenschutzrechtlichen Vorgaben bei der Datenverarbeitung mittels App eingehalten werden und auf eine Datenverarbeitung in unsicheren Drittstaaten außerhalb des EWR verzichtet werden. Leider ist nach jetzigem Kenntnisstand die App noch nicht einsatzbereit.