Am Montag sind wir in unserem Artikel der Frage nachgegangen, ob Partner von SGB II-Empfängern ihre Gehaltsabrechnung beim Jobcenter vorlegen müssen. Hintergrund des Artikels war ein Urteil des Sozialgerichts Gießen.
Hintergrund
Im Rahmen der SGB II-Verfahren müssen Hilfeempfänger ihre gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen und durch Belege, wie Kontoauszüge, Kundenfinanzstati, Gehaltsabrechnungen, Grundbuchauszüge usw. nachweisen. Diese Auskunfts- und Nachweispflicht wird häufig auch auf die Mitbewohner und Beziehungspartner der Hilfeempfänger ausgedehnt, selbst wenn sie selbst keine Leistungen vom Jobcenter erhalten.
Das Gericht hat entschieden, dass die Partner von Leistungsempfängern, die selbst nicht im Leistungsbezug stehen, gem. § 60 Abs. 4 SGB II nur wahrheitsgemäße Auskunft über ihr Einkommen erteilen, dies aber nicht nachweisen müssen.
Was kann das Jobcenter tun?
Als Möglichkeit für die Jobcenter, den Wahrheitsgehalt der gemachten Angaben zu überprüfen hatten wir aufgezeigt, dass die Jobcenter bei den Antragstellern durch einen automatisierten Datenabgleich die Anwartschaften bei der Rentenversicherung, die Steuerdaten beim Veranlagungsfinanzamt, frühere Förderungen und Leistungen bei anderen Sozialversicherungsträgern abrufen können. Da dies nach § 52 Abs. 1 S. 2 SGB II auch für Partner (einer Bedarfsgemeinschaft) gilt, können hohe Steuerlasten (im Vorjahr) als Indiz für ein entsprechend hohes Einkommen aktuell herangezogen werden, was eine begrenzte Plausibilitätsprüfung der Angaben der Partner ermöglicht.
Heute möchten wir einen weiteren Ausweg für das Jobcenter aufzeigen, wenn ein zur Auskunft verpflichteter Partner eines Leistungsempfängers
- sich beharrlich weigert Auskunft zu erteilen oder
- unvollständig Angaben macht oder
- das Jobcenter begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben hat?
Das Jobcenter darf den Arbeitgeber des Leistungsempfängers oder seines Partners über die Beschäftigung und das Arbeitsentgelt zur Auskunft auffordern, wenn es zur Durchführung der Aufgaben des Jobcenters erforderlich ist. Das ist dann der Fall, wenn ein Antrag vorliegt und der Partner des Antragstellers keinerlei Auskunft zu seiner Beschäftigung erteilt. Das Jobcenter kann hier über den Antrag nicht entscheiden, weil es das Familieneinkommen nicht kennt und somit den Bedarf des Antragstellers nicht feststellen kann. Um über den Antrag zu entscheiden und dann möglicherweise Hilfen nach dem SGB-II gewähren zu können, muss die Auskunft, dann auch von Dritten eingeholt werden.
Das bedeutet, dass die Auskunft des Arbeitgebers überhaupt erforderlich sein muss. Dies ist dann aber nicht der Fall, wenn seitens des Arbeitnehmers bereits Auskunft erteilt wurde und keine vernünftigen Zweifel an dieser Auskunft bestehen. Hier ist zu beachten, dass das Jobcenter bei Zweifeln, die aber zu begründen sind, die Angaben des Arbeitnehmers überprüfen darf, wenn die Zweifel so erheblich sind, dass sie andernfalls zu einer Ablehnung der Leistungen führen würden,
Die vom Arbeitgeber erteilte Auskunft muss sich dann aber nur auf die Beantwortung der Frage, ob eine Beschäftigung vorliegt und in welcher Höhe Arbeitsentgelt gezahlt wird, beschränken. Die Angaben einer Gehaltsabrechnung, wie Kinderfreibeträge, Kranken- und Pflegeversicherung, Schwerbehinderung, Urlaubstage, etwaige Jahresbeträge gehören hierzu nicht, denn diese Angaben benötigt das Jobcenter nicht, um über den Antrag entscheiden zu können.
Dieser Auskunftsanspruch gibt dem Jobcenter ein mächtiges Instrument zur Seite, um Angaben über Beschäftigung und Gehalt zu erhalten und um Falschangaben zu überprüfen. Da die Jobcenter diese Möglichkeit zunehmend nutzen, sollten die Wahrheitspflichten bei Auskünften sehr genau beachtet werden.
8. September 2022 @ 11:39
Moin,
Ich war leider arbeitslos. Meine Freundin wurde dann einfach mit rein gezogen weil wir zusammen wohnen.
Nun ist sie seitdem 1.08 nach der Ausbildung endlich fest am
Arbeiten und ich seitdem 1.09 genauso. Allerdings fehlt natürlich nun Geld da wir laut dem Amt keinen Anspruch mehr haben.
Die bieten ein Darlehen an, aber dafür muss meine Partnerin ihren Arbeitsvertrag offen legen.
Wenn sie dies tut, darf das Amt dann zum Arbeitgeber hin und anfragen ? Oder wäre das dann nicht rechtens ?
4. Juli 2022 @ 22:30
Hallo,
heißt das auch, das das Amt erst einmal bei mir nachfragen muss, bevor es meinen Arbeitgeber Kontaktiert?
26. April 2022 @ 16:05
Darf das Jobcenter, beim ehemaligen Arbeitgeber, den Kündigungsgrund seitens der Arbeitgebers erfragen?
6. Januar 2022 @ 11:15
Hallo, kann der Arbeitgeber eine Geldstrafe erhalten, wenn dieser dem Auskunftsersuchen des Jobcenters nicht nachkommt?
13. April 2022 @ 8:25
Ja als Arbeitnehmer ist man verpflichtet Auskunft zu erteilen, aus diesem Grund finden Sie auch eine Rechtshebelehrung, dort ist alles genau erläutert. Wir würden uns dann an die Bußgeldstelle wenden, am Anfang ist es noch recht preiswert mit 500 €, sollte dann keine Reaktion kommen sind es 1000 €, weiter geht es mit 5000 € und wenn das alles nicht hilft 10.000 €.
20. November 2021 @ 10:28
Hallo über die oben genannte Gerichtsentscheidung wäre ein Aktenzeichen / Beschlusszeichen erforderlich oder wünschenswert ?
7. November 2021 @ 5:43
Habe mich am 03.02.21 zum 15.02.21 wegen Arbeitsaufnahme beim Jobcenter abgemeldet. Reichte auch den Arbeitsvertrag bzw. Kontoauszug vom laufenden Monat (Februar) nach, wo ersichtlich ist, dass kein Zahlungseingang (Gehalt) im Februar einging. Das Jobcenter verlangt trotzdem den gesamten Leistungsbezug (01.-28.02.21),da ich meiner Mitwirkungspficht nicht nachgekommen bin wegen Nachweis über Gehalts-Abrechnung bzw. Bruttolohn. Daraufhin legte ich Widerspruch ein und bezog mich auf das Zuflussprinzip. Dieser wurde wieder abgelehnt, da ich angeblich die Wiederrufsfrist angeblich um zwei Tage überschritten habe bzw. Immer noch keinen Einkommensnachweis nachgereicht habe und auf Anfrage des Jobcenters bei meinem Arbeitgeber, Er möchte doch bitte die fehlenden Unterlagen (vollständigen Arbeits-Vertrag mit Brutto- bzw. Stundenlohn und Einkommennachweise einreichen lehnte dieser (Arbeitgeber )ab mit der Begründung, Er sei dazu nicht verpflichtet bzw. ist für ihre Berechnung nicht relevant. Wenn ich die gesamte Summe jetzt nicht innerhalb von 14 Tagen bezahle, (Ratenzahlung wird nicht akzeptiert ) wird es vom Inkasso-Reglinghausen bearbeitet. Hatte noch angeboten für den Zeitraum vom 15.-28.02.21 (ab da ja in Arbeit) den Überschuss zu bezahlen, aber sie fordern die gesamte Summe (01.-28.02.21) zurück. Bin ich wirklich im Unrecht? , bin jetzt total verunsichert
6. Januar 2022 @ 11:19
Hallo, wenn die den Widerspruch wegen der Frist ablehnen, hast du noch die Möglichkeit einen Überprüfungsantrag zu stellen. Hierfür hast du bis zu vier Jahre rückwirkend Zeit.
Viel Erfolg!
28. April 2017 @ 9:17
Hier kann ggf. der Bundes- oder Landesdatenschutzbeauftragter etwaige Antworten geben.
Kann es sein, dass bei Verwandten, die gemeinsam in einem Haushalt oder einer Bedarfsgemeinschaft zusammen leben, die Beweislast beim JC liegt? Angenommen ein Leistungsempfänger ist Ü 25 Jahre alt und lebt bei Verwandten oder Verschwägerten.
Dann sind die Verwandten nicht verpflichtet Auskunft zu erteilen. Jemand der über 25 Jahre alt ist, hat eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Wer eine eigene BG unterhält, aber gemeinsam mit den Eltern oder Verwandten in einer Wohnung lebt, muss nur Auskünfte über die KdU geben, sofern der Leistungsbezieher Miete zahlen soll. Es ist wahnwitzig, dass auch hier das Jobcenter auf die Idee kommt und von der Verwandtschaft eine Auskunft des Finanzamtes verlangt, weil Mieteinnahmen vermutet wird.
Leben Enkel (ALG II Bezieher) bei ihren Großeltern, so wird vermutet, dass die Großeltern für den Lebensunterhalt aufkommt. Hier verlangt das JC die komplette Renten- und Vermögensauskunft der Großeltern. Sind die Großeltern derart erkrankt und Mehrkosten für die Gesundheit aufbringen müssen, dann verlangt auch hier das Jobcenter eine detaillierte Auskunft. Ansonsten werden dem Enkel Leistungen gestrichen. Das ist unsäglich! In der Praxis so üblich.
Tatsächlich verlangen die JC etliche Nachweise aller Beteiligten, die gemeinsam in einem Haushalt oder in einer Bedarfsgemeinschaft leben.