Was geschieht mit personenbezogenen Daten ehemaliger Mitarbeiter nach deren Ausscheiden aus dem Unternehmen? Art. 17 Abs. 1 DSGVO schreibt für Unternehmen – den Grundsätzen der Datenminimierung, Zweckbindung und Datensparsamkeit folgend – die Implementierung strenger Löschkonzepte vor: Personenbezogene Daten sind grundsätzlich unverzüglich zu löschen, soweit sie „für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig“ sind (lit. a). Mit dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers fällt der primäre Zweck der Datenverarbeitung – Begründung und Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses – weg. Die Personalakten sind folglich nach einer angemessenen Frist zu datenschutzkonform löschen bzw. zu vernichten. Dadurch soll das Recht der Arbeitnehmer auf Vergessenwerden verwirklicht werden.

Dieses Vorgehen wird durch das im Arbeitsrecht geltende Vorbeschäftigungsverbot in Frage gestellt.

Vorbeschäftigungsverbot – was hat sich dabei geändert?

Nach dem deutschen Arbeitsrecht ist die Befristung von Arbeitsverhältnissen nur unter ganz bestimmten Bedingungen zulässig. Grundsätzlich bedarf es dafür eines sachlichen Grundes. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zählt in § 14 Abs. 1 Befristungsgründe auf, wie etwa einen vorübergehenden betrieblichen Bedarf, die Eigenart der Tätigkeit oder die Befristung zur Vertretung oder Erprobung.

Liegt kein sachlicher Grund vor, ist eine befristete Einstellung nach § 14 Abs. 2 TzBfG dennoch bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, es sei denn, mit demselben Arbeitgeber bestand bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis (sog. Vorbeschäftigung). Wann dieses Vorbeschäftigungsverbot konkret greift, hat in der Vergangenheit mehrere Gerichte verschiedener Instanzen beschäftigt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2011 entschieden, dass eine „Vorbeschäftigung“ (auch: „Zuvor-Beschäftigung“) nicht gegeben ist, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. In einem solchen Fall konnte der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag wieder sachgrundlos befristen.

Diese Rechtsprechung – von der in den letzten Jahren zahlreiche Landesarbeitsgerichte abgewichen sind – wurde nun durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschlüssen vom 6. Juni dieses Jahres als verfassungswidrig verworfen. Eine sachgrundlose Befristung wird demnach durch jede Vorbeschäftigung – mit wenigen, denkbar unscharfen Ausnahmen – für den einstellenden Arbeitgeber ausgeschlossen, ganz gleich, wie lange die Vorbeschäftigung zurückliegt. Mit anderen Worten: Es besteht keine Karenzzeit!

Berechtigt (oder gar verpflichtet) nun die neue Lesart von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nach dem Verständnis des BVerfG den Arbeitgeber zur unbegrenzten Speicherung der personenbezogenen Daten ausgeschiedener Mitarbeiter?

Ausnahme zur Löschungspflicht aus Art. 17 DSGVO

Die Berechtigung (bzw. Verpflichtung) zur Aufbewahrung der Personalakten von Mitarbeitern über ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen hinaus könnte sich daraus ergeben, dass von der grundsätzlichen Löschungspflicht eine Ausnahme gemacht wird. Gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. b) DSGVO besteht kein Löschungsanspruch und damit auch kein Recht auf Vergessenwerden, soweit die Aufbewahrung der Daten „zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, erforderlich“ ist. In diesem Fall soll nach dem Wortlaut des Erwägungsgrundes Nr. 65 zur DSGVO die weitere Verarbeitung der personenbezogenen Daten rechtmäßig sein.

Eine rechtliche Verpflichtung in diesem Sinne könnte sich grundsätzlich aus § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ergeben. Vorschriften, die unstrittig Aufbewahrungspflichten vorsehen, sind allerdings eindeutig(er) formuliert, z.B.:

  • § 50 Abs. 2 JArbSchG: „Die Verzeichnisse und Unterlagen sind mindestens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach der letzten Eintragung aufzubewahren.“
  • § 257 Abs. 1 HGB: „Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren: (…)“.
  • § 147 Abs. 1 AO: „Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren (…)“.

14 Abs. 2 S. 2 TzBfG verbietet hingegen lediglich die sachgrundlose Befristung im Falle bestehender Vorbeschäftigung, ohne konkrete Vorgaben dazu zu machen, wie das Verbot im Unternehmensalltag umzusetzen ist. Daraus auf eine Verarbeitungsbefugnis oder gar -pflicht zu schließen, würde zu weit gehen. Solange der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht vom Gesetzgeber entsprechend angepasst wird und/oder belastbare (höchstrichterliche) Rechtsprechung, die daraus eine Aufbewahrungspflicht ableitet, ergeht, kann der Ausnahmetatbestand des Art. 17 Abs. 3 lit. b) nicht ohne Abmahn-/Bußgeldrisiko herangezogen werden.

Kurzum: eine dauerhafte Aufbewahrung von personenbezogenen Daten ist (weiterhin) unzulässig und rechtswidrig.

Empfehlung für eine datenschutzkonforme Umsetzung im Unternehmensalltag

Als problematisch erweist sich die Vereinbarung von Beschäftigtendatenschutz und zeitlich unbegrenztem Vorbeschäftigungsverbot aus § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG (nach der Lesart des Bundesverfassungsgerichts) nur auf dem ersten Blick.

Arbeitgeber sollen und dürfen im Einstellungsprozess jeden Bewerber nach dem Vorliegen einer Vorbeschäftigung im Unternehmen fragen. Der Arbeitgeber benötigt nämlich die Beschäftigtendaten (hier: Daten über etwaige Vorbeschäftigungen) für Zwecke der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses (und der Beachtung des sich aus § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ergebenden Vorbeschäftigungsverbots). Berechtigte Interessen und Grundrechte des Bewerbers stehen dem nicht entgegen, zumal der Beschäftigte dadurch vor einer sog. sachgrundlosen Kettenbefristung geschützt wird.

Wie man in der Praxis mit dem Vorbeschäftigungsverbot nach der Lesart des BVerfG umgehen soll, wird die weitere Entwicklung noch zeigen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage kann aus datenschutzrechtlicher Sicht Unternehmen derzeit empfohlen werden:

  • jedenfalls das bisherige Löschkonzept beizubehalten und damit das Recht auf Vergessenwerden der Angestellten zu respektieren, sowie
  • sachgrundlose Befristungen mit Personen, zu denen bereits einmal zuvor ein Beschäftigungsverhältnis bestand, nach Möglichkeit zu vermeiden oder vom Fragerecht Gebrauch zu machen und die Antwort des Bewerbers sorgfältig zu dokumentieren.