Die EU-Richtlinie sollte das Ziel verfolgen, schwere Kriminalität und internationalen Terrorismus zu bekämpfen. Dieses Ziel stellt der EuGH in seinem Urteil auch nicht in Frage, sondern sieht die Vorratsdatenspeicherung an sich auch als durchaus geeignet an, dieses Ziel zu erreichen.
EU-Richtlinie verstößt gegen Grundrechte
Der Teufel steckt allerdings im Detail. Die Verstöße gegen Grundrechte macht der EuGH an zwei Schwerpunkten fest: Den Umfang der Speicherung und der davon Betroffenen und den vergleichsweise niedrigen Anforderungen für die Behörden, diese Daten abzurufen.
Der Umfang der Daten ist in der Tat beträchtlich. So sollte von jeder Person in der EU, die telefoniert (egal ob Handy oder Festnetz), Name und Anschrift der Teilnehmer, die Telefonnummern der Teilnehmer, Beginn und Ende des Gesprächs sowie bei Handynutzern die jeweiligen Standorte und Gerätekennung anlasslos für mindestens 6 Monate gespeichert werden. Das Gleiche gilt bei der Internet- und E-Mailnutzung. Hier betraf es Name und Anschrift des Teilnehmers, deren IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung sowie der in Anspruch genommene Internetprovider.
Die Gesamtheit dieser Kommunikationsdaten ließe sehr genaue Rückschlüsse auf das Privatleben (tägliche Gewohnheiten, Aufenthaltsorte, soziale Beziehungen) zu, so das Gericht. Hinzu kam, dass, wie der EuGH hervorhob, fast die gesamte europäische Bevölkerung von der Vorratsdatenspeicherung erfasst wird und auch Geheimnisträger, wie Rechtsanwälte, Ärzte, Priester oder Therapeuten dieser Speicherung unterlägen.
Allein hierin sah der EuGH einen derart schwerwiegenden Eingriff, dass die EU-Richtlinie die in der EU-Grundrechtecharta niedergelegten Grundrechte auf Privatleben und Kommunikation, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten, und das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt. Zwar taste die EU-Richtlinie nicht den Wesensgehalt der Grundrechte an und das Ziel der Bekämpfung schwerer Verbrechen und des Terrorismus diene dem Gemeinwohl.
Doch kritisierte der EuGH, dass es schlicht keinen Zusammenhang zwischen der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und den gespeicherten Daten und es keine Beschränkung auf Daten eines bestimmten Zeitraums, geografischen Gebiets oder Personengruppe gebe.
Fehlende Kontrolle und Sicherheitsmaßnahmen
Auch kritisiert der EuGH die fehlenden Kontrollinstanzen, wenn die Polizei oder Staatsanwaltschaft die Daten abrufen möchte. So bemängelt der EuGH, dass kein Richter darüber entscheidet, ob eine Behörde überhaupt auf die Daten zugreifen darf.
Darüber hinaus kritisiert der EuGH, dass die Internet- und Telefonanbieter, die die Daten speichern sollen, nicht für ein besonders hohes Schutz- und Sicherheitsniveau sorgen sollen, sondern im Gegenteil wirtschaftliche Erwägungen hinsichtlich der Kosten des Sicherheitsniveaus berücksichtigen dürfen.
Wie geht es weiter?
Der Justizminister Heiko Maas hat in einer Stellungnahme dafür plädiert, in der Regierung ergebnisoffen, die Konsequenzen für eine mögliche nationale Gesetzgebung zur Vorratsdatenspeicherung zu besprechen. Hingegen haben sich mehrere Innenminister der Länder für eine nationale Regelung ausgesprochen.
Siehe dazu auch: Berliner_Erklaerung_10-April-2014.pdf