Das Vereinsregister spielt eine entscheidende Rolle bei der Transparenz und Sicherheit im Rechtsverkehr, insbesondere wenn es um die Vertretungsverhältnisse von Vereinen geht. Was passiert, wenn ehemalige Vorstandsmitglieder ihre Daten aus diesem Register im Internet abrufen und eine Löschung verlangen? Diese Frage beschäftigte mehrere Instanzen und musste am Ende vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden werden (BGH II ZB 10/23, Beschluss vom 04.06.2024). Konkret wurde die Frage thematisiert, inwieweit ehemalige Vorstände ein Recht darauf haben, ihre im Vereinsregister hinterlegten Daten aus dem Internet entfernen zu lassen oder zumindest die öffentliche Abrufbarkeit einzuschränken.
Der Auftakt: Ein Antrag auf Löschung der Daten
Der ehemalige Vorstand eines Vereins widersprach nach Art. 21 DSGVO der Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten und forderte vor dem Amtsgericht Bonn die Löschung oder, wenn dies ein zu weitgehender Antrag sei, dass die Daten nicht mehr ohne Weiteres im Internet öffentlich abrufbar seien. Die zentrale Frage war, ob das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an Einsicht in diese Daten mit den Datenschutzrechten des ehemaligen Vorstandsmitglieds kollidiert und inwieweit die Veröffentlichung dieser Daten rechtlich zulässig ist.
Das Zwischenspiel: Die Vorinstanzen lehnen ab
Das Amtsgericht Bonn (AG Bonn, Beschluss vom 24.03.2023, Az: 20 VR 4257) und später das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Beschluss vom 03.05.2023, Az: I-2 Wx 56/23) entschieden, dass dem Antragsteller kein generelles Recht auf Löschung seiner Daten zustehe.
Stattdessen wurde klargestellt, dass die Datenverarbeitung im Rahmen der Veröffentlichung im Internet durch das Registergericht zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erfolgte und somit rechtmäßig gewesen sei. Das Vereinsregister diene der öffentlichen Einsichtnahme und habe eine wichtige Funktion im Rechtsverkehr, insbesondere bei der Überprüfung von Vertretungsbefugnissen.
Die Peripetie: Der BGH sieht es differenziert
Für den BGH waren hingegen Ausnahmen von der Löschpflicht aus Art. 17 DSGVO einschlägig. Eine Ausnahme liegt vor, wenn die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist – wie in diesem Fall.
So wies das Gericht darauf hin, dass, auch wenn der Antragsteller schon lange nicht mehr im Vereinsvorstand tätig sei, ein gewisses Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bestehe. Es könnten bspw. noch Rechtsgeschäfte oder Ansprüche aus seiner Amtszeit bestehen, die für Dritte von Interesse seien. Daher sei eine vollständige Löschung seiner Daten nicht gerechtfertigt.
Der Ausgang: Abrufbarkeit ja, aber nur bei gutem Grund
Allerdings räumte der BGH ein, dass die unbeschränkte Abrufbarkeit der Daten über das Internet in bestimmten Fällen nicht uferlos sein dürfe. Es galt, die Rechte des ehemaligen Vorstands ebenso zu berücksichtigen wie das öffentliche Interesse. Nicht jede Person sollte die Daten einsehen können, sondern nur diejenigen, die ein konkretes berechtigtes Interesse, wie Ansprüche gegen den ehemaligen Vorstand, darlegen können. Nur dann sei eine Freigabe der Daten des ehemaligen Vorstands gegenüber dem Anspruchsteller gerechtfertigt.
Das Gericht entschied daher, dass der ehemalige Vorstand Anspruch auf eine Beschränkung der Abrufbarkeit seiner Daten im Internet habe.
Fazit
Ein kleiner, aber feiner Fall. Er zeigt an einem überschaubaren Beispiel – auf die komplexen Normenverweise bis hinein in die Verordnung über die elektronische Registerführung und die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Nordrhein-Westfalen in Registersachen wurde aus Lesbarkeitsgründen verzichtet –, wie eine klassische Abwägung von Interessen vorzunehmen ist. Geradezu salomonisch bekommt jede Seite ein wenig Recht.
Der Datenschutz hat hier dazu geführt, dass beide Interessenlagen berücksichtigt worden sind und wohl auch beide Seiten zufrieden sein können.
Wenn es mehr solcher Fälle gäbe, wäre die Welt ein Stückchen harmonischer.