Planmäßig werden in Betrieben mit einem Betriebsrat alle vier Jahre Betriebsratswahlen durchgeführt. Einzelheiten zum Ablauf dieser Betriebsratswahlen sind unter anderem im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sowie in der „Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes“ (kurz „Wahlordnung“) geregelt, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlässt.
In unserer Praxis als externe Datenschutzbeauftragte für eine Vielzahl von Unternehmen erreicht uns immer wieder die Frage, ob ein Unternehmen seinem Betriebsrat im Zusammenhang mit einer anstehenden Betriebsratswahl Personaldaten übermitteln darf und/oder muss. Grundsätzlich gilt hier zunächst, dass auch einem Betriebsrat nicht ohne Weiteres personenbezogene Daten der Beschäftigten des jeweiligen Unternehmens übermittelt werden dürfen. Wie jede andere Übermittlung personenbezogener Daten auch, ist eine solche Übermittlung an den Betriebsrat nur zulässig, wenn es eine Rechtsgrundlage für die Übermittlung gibt.
Die Übermittlung von Personaldaten an den Betriebsrat im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl ist in § 2 der Wahlordnung geregelt. Dort wird normiert, welche Daten der Wahlvorstand der Betriebsratswahl erhalten darf und muss und wie die sog. Wählerliste veröffentlicht werden darf und muss.
- 2 Abs. 1 der Wahlordnung lautet: „Der Wahlvorstand hat für jede Betriebsratswahl eine Liste der Wahlberechtigten (Wählerliste), getrennt nach den Geschlechtern, aufzustellen. Die Wahlberechtigten sollen mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden.“
- 2 Abs. 2 der Wahlordnung lautet: „Der Arbeitgeber hat dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Er hat den Wahlvorstand insbesondere bei Feststellung der in § 5 Abs. 3 des Gesetzes genannten Personen zu unterstützen.“
Dem Wahlvorstand dürfen und müssen also Familienname, Vorname und Geburtsdatum sowie das Geschlecht der Beschäftigten mitgeteilt werden. Außerdem müssen Leiharbeitnehmer, die das Unternehmen geliehen hat, gekennzeichnet werden. Diese Leiharbeitnehmer sind nämlich bei der Wahl nicht wählbar. Die Übermittlung einer Liste der aus Sicht des Arbeitgebers wahlberechtigten Personen genügt dabei entgegen des Wortlauts der Wahlordnung nicht, da der Wahlvorstand die Voraussetzungen des Wahlrechts eigenständig zu prüfen hat. Benötigt der Wahlvorstand für die Erstellung der Wählerliste weitere Informationen, sind ihm auch diese zur Verfügung zu stellen.
Da ein Gesetz die Datenübermittlung an den Wahlvorstand legitimiert, ist eine Einwilligung der Beschäftigten in diese Übermittlung nicht erforderlich. Das Unternehmen muss seine Beschäftigten allerdings nach Art. 13 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in geeigneter Weise darüber informieren, dass die genannten Daten zum genannten Zweck an den Wahlvorstand übergeben werden. Der Wahlvorstand muss die übermittelten Daten löschen, sobald er sie nicht mehr benötigt. Ein Recht zum Widerspruch besteht für die Beschäftigten nicht.
Der Umgang mit der oben bereits erwähnten Wählerliste, die der Wahlvorstand anhand der Daten aufstellt, wird in § 2 Abs. 4 der Wahlordnung wie folgt geregelt: „Ein Abdruck der Wählerliste und ein Abdruck dieser Verordnung sind vom Tage der Einleitung der Wahl […] bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen. Der Abdruck der Wählerliste soll die Geburtsdaten der Wahlberechtigten nicht enthalten. Ergänzend können der Abdruck der Wählerliste und die Verordnung mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht werden. Die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der Bekanntmachung nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können.“
Anonymous
30. Juni 2022 @ 13:48
Hallo
wir (Wahlvorstand) haben unseren AG aufgefordert, die Kriterien zur Einordnung der leitenden Angestellten darzulegen. In dem Zuge hat er uns unter Verweis auf §5 Abs. 4 Nr. 2 des BetrVG u.a. die Gehaltseinstufung und die genauen Gehälter der leitenden Angestellten mitgeteilt. Ist dies nach Datenschutzgesetz zulässig?
Christian Dugall
30. Juni 2022 @ 17:56
Hallo, bitte haben auch Sie Verständnis, dass Ihre Frage eher arbeitsrechtlicher Natur ist und hier daher leider nicht abschließend beantwortet werden kann.
Relevant ist § 5 Abs. 4 Nr. 3 des BetrVG. Wenn arbeitsrechtlich eine Pflicht oder ein Recht für den Arbeitgeber besteht, die Gehaltseinstufung und die genauen Gehälter der leitenden Angestellten an den BR zu übermitteln, um die Kriterien zur Einordnung der leitenden Angestellten darzulegen, ist das auch datenschutzrechtlich nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig.
In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass die Übermittlung der Gehaltsangaben rechtmäßig sein kann. Vgl. BeckOK ArbR/Besgen, 63. Ed. 1.3.2022, BetrVG § 5 Rn. 64
Gearschter Mitarbeiter
25. Mai 2022 @ 17:26
Hallo, es geht um MAV Wahl, AVR Caritas.
Müssen MA im Krankenstand über die bevorstehende Wahl informiert werden oder dürfen nicht?
Wenn Sie von nix wissen, könnten Sie sich ja nicht zur Wahl stellen und nicht wählen!!!! Mir wurde nach Anfechtung der Wahl gesagt, dass das nicht die Aufgabe des Wahlausschussrs sei.
MA wurde nicht informiert und wollte sich wieder aufstellen lassen.
Danke für eine Antwort.
Christian Dugall
27. Mai 2022 @ 14:02
Hallo, bitte haben Sie Verständnis, dass Ihre Frage eher arbeitsrechtlicher Natur ist und hier daher nicht beantwortet werden kann. Vielleicht hilft Ihnen eine Recherche an anderer Stelle. Viele Grüße
Anonymous
20. April 2022 @ 10:47
Hallo Frau Mustermann,
interessante Frage!
Hat da jemand beim „Gender-Gesetz“ vielleicht nicht an den §5 der BR-WO (Mindestsitze für das Minderheitengeschlecht) gedacht?
Frau Mustermann
20. April 2022 @ 9:30
Guten Tag,
ist es noch zeitgemäß und grundrechtskonform, das Geschlecht der Person zu veröffentlichen? sollte es nicht die Privat angelegenheit eines jeder/n bleiben, ob man z.B. dem dritten Geschlecht zugehörig ist? Es ist für die Arbeit irrelevant. durch das versenden der Wählerlisten oder das Aushängen, werden so Outings erzwungen.
Ines Bock
21. April 2022 @ 10:11
Hallo Frau Mustermann,
§ 2 Abs. 1 WO legt ausdrücklich fest, dass die Wählerliste nach Geschlechtern getrennt aufzustellen ist. Hintergrund ist, dass damit die Geschlechterquote ermittelt wird, mit der für das Minderheitsgeschlecht eine Mindestsitzanzahl berechnet wird. Das Minderheitsgeschlecht bezieht sich hier übrigens nur auf Männer und Frauen, nicht auf das Dritte Geschlecht.
Da das Gesetz die Aufteilung nach Geschlechtern vorsieht, wäre es streng nach Wortlaut zulässig auch Personen des Dritten Geschlechts separat auszuweisen. Ein erzwungenes Outing ist damit aber natürlich nicht zu rechtfertigen! In diesen Fällen sollte der Wahlvorstand Alternativen prüfen und im Zweifel natürlich Rücksprache mit den Betroffenen halten.
Im Datenschutzrecht ist das Geschlecht – und auch nicht das Dritte Geschlecht – übrigens keine besonders geschützte Angabe. Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist aber nach dem AGG verboten.
Viele Grüße
Ines Bock
Frau Mustermann
2. Mai 2022 @ 12:29
Vielen Dank für die Information
Katrin Lau
19. April 2022 @ 9:53
Guten Morgen,
was ist eine „geeignete Stelle“ zum Aushängen der Wählerliste für eine Betriebsratswahl? Oder andersherum, was ist keine geeignete Stelle? Kann/darf eine solche Liste z.B. so aushängen, dass sie von jedem Besucher des Unternehmens (das keinen „Pausenraum“ o.ä. hat) gesehen werden kann?
Vielen Dank für einen Hinweis und viele Grüße
Katrin Lau
Christian Dugall
19. April 2022 @ 18:05
Hallo Frau Lau,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Wählerliste muss so ausgehängt werden, dass alle Wahlberechtigten sie ohne besonderen Aufwand einsehen können. Aus Gründen des Datenschutzes sollte vermieden werden, dass sie
von jedem Besucher des Unternehmens eingesehen werden kann. Als Alternative könnte die Wählerliste wohl in einem Intranet bekannt gemacht werden, wenn dort alle Zugriff haben. Dies sollte jedoch zur Sicherheit arbeitsrechtlich geprüft werden.
Erika Popp
21. Februar 2022 @ 10:25
Guten Tag zusammen,
wie sieht es aus, mit dem Geburtsdatum auf den Kandidatenlisten, die ausgeängt bzw. per Briefwahl nach Hause geschickt werden? Diese müssten doch auch der Datenschutzgrundverordnung unterliegen? In der Wahlverordnung steht noch, dass auf den Kandidatenlisten ein Geburtsdatum für die Eindeutigkeit der Person zulässig ist. Gibt es dazu einen Anhang/eine Novellierung?
Vielen Dank!
Christian Dugall
22. Februar 2022 @ 9:01
Hallo Frau Popp, vielen Dank für die Rückfrage. Nach § 6 der Wahlordnung heißt es, dass Geburtsdaten anzugeben sind. „In jeder Vorschlagsliste sind die einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen.“
Hagen Röwer
7. November 2019 @ 11:30
Moin,
Sie schreiben „Der Wahlvorstand muss die übermittelten Daten löschen, sobald er sie nicht mehr benötigt.“ Von dieser Verfahrensweise rate ich eher ab, denn diese Daten gehören in die Wählerliste und damit in die später anzufertigende Wahlakte. Die Wahlakte selber übergibt der Wahlvorstand nach abgeschlossener Betriebsratswahl dem neu konstituierten Betriebsrat, der diese wiederum in der neue Betriebsratsperiode aufbewahrt (also 4 Jahre) bis zur nächsten Betriebsratswahl. Erst danach wird dann diese Wahlakte vernichtet bzw. gelöscht. siehe dazu auch § 19 BetrVGDV1WO „Der Betriebsrat hat die Wahlakten mindestens bis zur Beendigung seiner Amtszeit aufzubewahren.“
Hagen Röwer
Experte für Betriebsratswahlen und Aufsichtsratswahlen bei der interPartner GmbH in Essen
Anonymous
7. November 2019 @ 13:17
Sehr geehrter Herr Röwer,
vielen Dank für die konstruktive Anmerkung. Die Daten müssen natürlich nur insoweit gelöscht werden, als es keinen weiteren Grund mehr zu ihrer Aufbewahrung gibt. Ihr Hinweis auf die Aufbewahrung der Wahlakte bis zum Ende der Amtszeit des neuen Betriebsrats ist korrekt. Nur im Übrigen sind übermittelte Daten zu löschen.