Wer kennt das nicht: Man steht beim Einkaufen im Supermarkt wie immer in der falschen Kassenschlange und Schuld ist natürlich der langsame Kassierer, der dazu auch noch äußerst unfreundlich ist. Natürlich ärgert man sich und was läge da näher, als eine wütende Bewertung bei Google über den Supermarkt zu schreiben, in dem man sich gerade befindet.
Datenschutzrechtlich relevant wird diese Thematik dann, wenn man als Kunde in der Google Bewertung Namen und/oder Fotos von Mitarbeitern des Supermarkts veröffentlicht, über die man sich gerade geärgert hat. Ein Foto ist mit dem Smartphone schnell erstellt und Namen von Mitarbeitern werden im Einzelhandel häufig auf Namensschildern angegeben. In der Praxis kommt dieses Szenario leider tatsächlich immer wieder vor.
Insgesamt ist hierbei zunächst festzuhalten:
- Für eine solche Veröffentlichung von Mitarbeiter-Namen und -Fotos durch Kunden in einer Google Bewertung, ist der Supermarkt Betreiber datenschutzrechtlich nicht verantwortlich. Es liegt bspw. keine Datenpanne im Sinne von Art. 33 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor.
- Da keine Datenverarbeitung durch den Supermarktbetreiber vorliegt, fällt diese Thematik grundsätzlich auch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Datenschutzbeauftragten des Supermarktbetreibers. Der Datenschutzbeauftragte ist lediglich zur Überwachung von Datenverarbeitungen durch den Supermarktbetreiber da.
- Gegen das Tragen von Namensschildern im Einzelhandel ist grundsätzlich aus datenschutzrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, solange diese nur den Nachnamen enthalten. Die hier beschriebene Thematik ändert an dieser Bewertung nichts.
Datenschutzrechtliche Bewertung:
Während die Thematik für den Supermarktbetreiber datenschutzrechtlich also weniger relevant sein mag, gilt dies für den Ersteller der Google Bewertung noch lange nicht!
Überraschend ist hier vielleicht zunächst, dass die Veröffentlichung von Namen und Fotos Dritter in Google Bewertungen für den Ersteller in den Anwendungsbereich der DSGVO fallen. Dieser Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Namen und Fotos sind personenbezogene Daten und die Veröffentlichung in der Google Bewertung ist eine Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten. Die Ausnahmeregelung des Art. 2 Absatz 2 Buchstabe c) DSGVO, nach der der Anwendungsbereich der DSGVO bei „ausschließlich persönlichen Tätigkeiten“ nicht eröffnet ist, greift im Übrigen auch nicht. Das Veröffentlichen von personenbezogenen Daten im Internet ist keine ausschließlich persönliche Tätigkeit! Die Ausnahmeregelung ist restriktiv auszulegen.
In der Konsequenz bedeutet das, dass der Ersteller der Google Bewertung eine datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage für sein Handeln benötigt. Eine Einwilligung des betroffenen Mitarbeiters wird hier in aller Regel nicht vorliegen. Der Ersteller der Google Bewertung könnte sich daher grundsätzlich nur darauf berufen, dass er ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung habe und schutzwürdige Interessen des betroffenen Mitarbeiters nicht überwiegen würden, vgl. Art. 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe f) DSGVO. Nach hier vertretener Ansicht muss die Meinungsfreiheit des Erstellers der Google Bewertung in einer Abwägung allerdings hinter das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Mitarbeiters zurücktreten. Das gilt erst recht, wenn in der Bewertung noch Dinge stehen wie bspw. „der unfreundlichste Kassierer von Stuttgart“. Eine Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung der Daten liegt also nicht vor. Der Ersteller der Google Bewertung verstößt gegen die DSGVO begeht damit eine Ordnungswidrigkeit.
Vielen Erstellern von Google Bewertungen dürfte zudem nicht klar sein, dass sie sich nach § 33 Kunstuhrhebergesetz (KunstUrhG) sogar strafbar machen können, wenn sie ohne Einwilligung ein Foto einer dritten Person veröffentlichen. Das KunstUrhG sieht hier eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.
Wie kann sich der Betroffene wehren?
Für betroffene Mitarbeiter eines Supermarkts ist die Veröffentlichung ihres Namens oder eines Fotos natürlich eine erhebliche Belastung. Auch das gilt erst recht, wenn in der Bewertung noch abfällige Bemerkungen gemacht werden.
Am einfachsten wäre es, wenn der Supermarkt Betreiber zum Schutze seiner Mitarbeiter die entsprechende Google Bewertung einfach löschen könnte oder vielleicht gar nicht erst eine Bewertung bei Google ermöglichen würde. Leider ist das aber nicht so einfach. Man kann sich bei Google als Unternehmen nicht dagegen wehren, bewertet zu werden und man kann erhaltene Google Bewertungen auch nicht einfach selbst löschen. Folgende Wege gibt es aber dennoch, um sich als Betroffener zu wehren und eine Löschung der veröffentlichten Daten zu erreichen:
Zunächst besteht für jedermann die Möglichkeit, eine Google Bewertung bei Google als „unangemessen“ zu melden. Hierfür muss in der Bewertung auf ein kleines schwarzes Fähnchen geklickt werden. Anschließend kann aus verschiedenen Kategorien gewählt werden, warum die Bewertung als unangemessen angesehen wird, bzw. warum sie einen Verstoß gegen die Nutzungsbestimmungen von Google darstellt. Ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorgaben kann als Kategorie allerdings nicht direkt ausgewählt werden und es ist auch fraglich, ob Google einen solchen Verstoß als Verstoß gegen die eigenen Nutzungsbestimmungen ansieht. Aus eigener Erfahrung heraus bewirkt eine solche Meldung wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Vorgaben nichts und führt nicht zur Löschung der Bewertung.
Der wohl beste Weg, um eine Löschung von personenbezogenen Daten in einer Google Bewertung zu erreichen, ist das Antragsformular von Google zum „Entfernen von Inhalten aus Google“. Dieses findet sich hier: https://support.google.com/legal/troubleshooter/1114905?hl=de
Es sollte dort dann folgender Pfad geklickt werden:
- Google My Business (Bewertungen, Fragen und Antworten (F&A) sowie Brancheneinträge)
- Ich habe ein rechtliches Problem, das hier nicht aufgeführt ist
- Ich möchte eine Rezension, ein Foto, Video oder personenbezogene Daten aus einem Brancheneintrag entfernen lassen
- Ich möchte, dass meine persönlichen Daten entfernt werden.
Über einen Link kann dann ein Antragsformular ausgefüllt werden, welches letztlich an Google zu senden ist. Man erhält dann eine Eingangsbestätigung und eine Fallnummer. Sofern Google einem solchen Antrag nicht stattgibt, sollte man sich als Betroffener unter Nennung der Eingangsbestätigung und der Fallnummer an die für Google zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde in Hamburg wenden. Diese bietet hierfür bspw. ein online Portal für elektronische Beschwerden. Nach Eingang der Beschwerde erfolgt eine erneute rechtliche Prüfung durch die Behörde und im letzten Schritt ggf. eine Anordnung an Google zur Löschung der Daten. Zu diesem Vorgehen muss allerdings angemerkt werden, dass die Bearbeitungsdauer mehrere Monate betragen kann.
Als Betroffener kann man sich natürlich auch einen Rechtsanwalt nehmen, der auf zivilrechtlichem Wege versuchen kann, gegen die Veröffentlichung der Daten vorzugehen, oder der Strafanzeige stellen kann im Hinblick auf den Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz. Die Erfolgsaussichten eines solchen Vorgehens sind allerdings schwer abzusehen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Google Bewertungen in der Regel nicht mit einem Klarnamen des Erstellers versehen sind und dieser für die Justiz zunächst nicht greifbar ist.
Letztlich kann der Betreiber eines Supermarkts zum Schutz seiner Mitarbeiter auf die Bewertung mit einer Antwort an den Ersteller bei Google reagieren. Er kann diesen darauf hinweisen, dass er sich rechtswidrig verhält und ggf. sogar strafbar handelt und darum bitten, zumindest die personenbezogenen Daten im Interesse aller zu löschen.
Fazit
Es gibt leider keine optimale Handhabe für derartige Fälle. Die Erfolgsaussichten für die geschilderten Vorgehensweisen können nicht sicher vorhergesagt werden und die Bearbeitungsdauer kann lang sein. Wünschenswert wäre es zum einen, wenn Google hier ein einfacheres Vorgehen ermöglichen würde. Zum anderen sollten die Ersteller einer Google Bewertung über mehr Bewusstsein dahingehend verfügen, dass sie ihrem Ärger gerne Luft machen können, aber bitte ohne Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Kassierer im Supermarkt. Vor allem, wenn sie selbst die Bewertung unter einem fiktiven Namen abgeben.
Google-Bewertungen -loeschen - Zahlung nur bei Erfolg
7. September 2019 @ 23:12
Erlebe das geschilderte täglich. Meine Kunden müssen sich nicht nur gegen Fake Bewertungen bei Google wehren, sondern auch vermehrt über negative Bewertungen von ehemaligen Arbeitnehmern die sogar die Adresse und vollen Namen des Chefs in die Bewertung schreiben. Damit handelt man sich in Zukunft sehr großen Ärger ein.
Leon der Datenschutz-Profi
4. September 2019 @ 11:23
Ein interessantes Szenario, dass mal wieder die Rechtsunsicherheiten verdeutlicht, welche die DSGVO mit sich bringt. Das der Supermarkt hier nicht Verantwortlicher i. S. d. DSGVO sein kann ist klar, wenn die Verarbeitung durch einen Dritten erfolgt. Ungeachtet der Verantwortlichkeit von Google, die hier die Daten verarbeiten, dürfte eine natürliche Person jedoch kein Verantwortlicher i. S. d. DSGVO sein, es sei denn, dass es sich bei dem Ersteller um einen Unternehmer wie z. B. einen Kaufmann handelt, der auch natürliche Person ist und im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit handelt. Eine solche Verantwortlichkeit kommt dann an sich nur in Betracht, wenn die natürliche Person Teil eines Verantwortlichen ist, z. B. Angestellter eines Unternehmens. Eine Verantwortlichkeit in dem Sinne dürfte also an sich also nur durch Google bestehen, das die Bewertung verarbeitet. Obgleich der Ersteller der Bewertung gegen Persönlichkeitsrechte verstößt, hinter denen die Meinungsfreiheit anstehen muss, sei an der Stelle dahingestellt.
content-werkstatt
28. August 2019 @ 18:19
Unglaublich welche Blüten dieser „Bewertungszirkus“ treibt. Dass man keine Personen ohne Einwilligung fotografieren darf, sollte aber jeder Erwachsene eigentlich wissen. Auch unsere Kunden haben oft Schwierigkeiten mit negativen Google-Bewertungen. Im schlimmsten Fall müsste man sein Google-Konto löschen. Man kann sich zwar nicht gegen alle Bewertungen innerhalb des Google-Kontos wehren, aber niemand ist verpflichtet, eines zu unterhalten.
VG, content-werkstatt
Christian Quietzsch
29. August 2019 @ 9:06
Liebe content-werkstatt,
vielen Dank für den Kommentar. Natürlich ist man nicht verpflichtet, ein Google Konto zu unterhalten. So war die Stelle im Beitrag nicht gemeint . Aber nach unserem Wissen kann man nicht verhindern, bei Google bewertet zu werden. Man muss als Unternehmen nicht aktiv die Bewertung ermöglichen. Oder sehen Sie das anders?
Anonymous
29. August 2019 @ 11:23
Schönes Beispiel dafür, wie sich Digitalisierung und Mittelalter vermischen. Positiv betrachtet erzeugt eine Bewertungsplattform Transparenz. Bei Missbrauch hat sie die Wirkung eines Prangers, der auch noch weltweit zugänglich ist und Opfer produziert. Welcher Arbeitnehmer der Opfer solcher Machenschaften wird hat denn die Zeit, das Know-How und das Geld um den beschriebenen „Rechtsweg“ zu gehen. Genau für solche Fälle hätte die DS- GVO ein scharfes Schwert werden müssen. Ist sie aber nicht geworden. Da standen wohl die Interessen der Googles im Wege, die sich mit alledem eine goldene Nase verdienen.