Private Videoclips in den Sozialen Netzwerken, eigene YouTube-Channels und Selfies vor dem Spiegel – Alles längst ein fester Bestandteil des Internets.

Die derzeit angesagte Handy-App Musical.ly mit weltweit über 200 Millionen Nutzern bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit, sich mit vielfältig bearbeiteten 15sek langen Music-Clips der weltweiten Community zu zeigen. Dabei richtet sich die App vor allem an jüngere, zumeist minderjährige Teilnehmer, die sich mit lustigen Videos beim Singen oder Tanzen filmen und davon träumen, berühmt zu werden wie die hierzu erkorenen „Musical.ly Stars“ Lisa und Lena.

Datenschutzrechtliche Bedenken

Derartige Dienste werfen immer wieder datenschutzrechtliche Fragen auf, die insbesondere die jüngere Zielgruppe wahrlich nicht im Auge hat.

Denn durch die Veröffentlichung des Videos werden Profil- und Nutzerdaten im Internet verbreitet und sind grundsätzlich jedermann zugänglich. Neben Ton- und Bildaufnahmen des Betroffenen werden hier auch Profilnamen sowie Standortdaten veröffentlicht. Zahlreiche Hintergrunddaten (Gerätetyp, Kontakte, IP-Adresse, IMEI-Adresse, Batteriezustand usw.) werden ferner ausgewertet und zum Teil an Analyse- und Werbenetzwerke außerhalb der EU übermittelt, wie das Portal mobilsicher.de bei der Prüfung der Musical.ly App feststellen konnte. Verbindungen zu Facebook und Twitter kommen hinzu. Der Einsatz von Re-Targeting im Web und auf dem Smartphone ist wahrscheinlich. Hierfür bedarf es jedoch hierzulande einer ausdrücklichen Einwilligung des zuvor umfassend über dieses Ausmaß der Nutzung seiner Daten aufgeklärten Betroffenen.

Ferner fehlt es in der „Muser“-Community an Filterfunktionen und einer Altersverifikation, um insbesondere die Videos von bzw. vor Kindern zu schützen. Zu denken ist an sexuell anstößige Inhalte oder Songtexte, aber auch an die berechtigte elterliche Sorge bei Videos ihrer Kids im Schlafanzug. Immerhin dürfen auch 13-Jährige die App Musical.ly ausweislich der AGB nutzen und damit Videos von sich ins Internet stellen, in vielen Fällen sicherlich ohne Kenntnis und der erforderlichen Zustimmung der Eltern. Theoretisch können die Nutzer sogar noch jünger sein, sofern sie über ein modernes Smartphone verfügen.

Unzureichende Betroffenenrechte

Ein wesentlicher Eckpfeiler des Datenschutzes sind die Betroffenenrechte, die unter anderem die nachträgliche Löschung der personenbezogenen Daten herbeiführen kann. Auch gilt es das Widerrufsrecht bei der Werbung und allgemeine Auskunftsansprüche zu wahren. All dies muss dem Betroffenen jederzeit ohne große Hindernisse möglich sein. Die Datenschutz-Grundverordnung stärkt sogar noch diese Informationspflichten wie auch Betroffenenrechte.

Der Nutzer bei Musical.ly kann zwar manuell durch Tätigwerden die Öffentlichkeit seiner Daten bestimmen, doch die einmal hochgeladenen Clips (derzeit) nicht löschen. Auch die Abmeldung in der Community ändert daran nichts. Zudem sammelt die App im Hintergrund auch dann weiterhin Daten des Nutzers, wenn sie beendet wurde.
Des Weiteren räumt sich der Betreiber von Musical.ly das Recht ein, alle vom Nutzer veröffentlichten Daten (zu Werbezwecken) zu nutzen und an Dritte weiterzugeben.

Fehlerhafte Datenschutzerklärung

Und auch die Datenschutzerklärung erklärt diverse Datenverarbeitungsvorgänge nicht oder nur ungenügend und ist zudem derzeit nur in englischer Sprache verfügbar. Dies dürfte per se mangels Transparenz und Verständlichkeit ein Verstoß gegen das deutsche Datenschutzrecht sein. Sobald sich ein Dienst erkennbar an deutsches Publikum richtet, was man bei rund 8,5 Millionen Nutzern aus Deutschland und der angebotenen deutschen Sprache innerhalb der App wohl annehmen darf, sind deutschsprachige AGB erforderlich. Dies wurde im Falle von WhatsApp bereits gerichtlich angeordnet.

Fazit

Viele der datenschutzrechtlichen Kritikpunkte sind nicht neu und auch schon in der Vergangenheit bei Apps von Facebook oder WhatsApp angebracht worden. Teilweise haben die Anbieter hierauf reagiert und die Informationen zum Datenschutz grundlegend verbessert.

Musical.ly richtet sich jedoch größtenteils an eine minderjährige Zielgruppe und ist angesichts der Leichtigkeit der Benutzung dazu geeignet, massiv die Privatsphäre und den Datenschutz der unaufgeklärten Nutzer zu gefährden. Das integrierte „Belohnungssystem“ mit In-App-Käufen entfaltet zusätzliche Wirkungskräfte. Insgesamt sollte die App also mit Vorsicht verwendet werden.