Mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 (Az. 1 BvR 2019/16) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Personenstandsrecht in Deutschland künftig neben den Geschlechtseinträgen „männlich“ und „weiblich“ noch einen weiteren positiven Geschlechtseintrag zulassen muss.

Bereits seit dem Jahr 2013 ist es durch eine Änderung des Personenstandsgesetzes möglich, Kinder, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können ohne Angabe des Geschlechts in das Geburtenregister einzutragen. Wir hatten bereits damals über die Auswirkungen der Gesetzesänderung berichtet und darauf hingewiesen, dass das Festhalten an Formularen und Datenfeldern, welche lediglich die Wahl der Bezeichnung „männlich“ und „weiblich“ als Pflichtangaben enthalten, gegen den Grundsatz der Datenrichtigkeit verstoßen kann.

Der jetzige Beschluss des Bundesverfassungsgerichts geht noch einen Schritt weiter und fordert die Möglichkeit der weiteren Angabe eines positiven Geschlechtseintrags. Es reicht also künftig nicht aus, im Personenstandsregister lediglich die Felder „männlich und „weiblich“ vorzuhalten und weitere Geschlechtseinträge hinter unausgefüllten Datenfeldern zu verbergen. Erforderlich ist vielmehr ein eigenes Datenfeld und somit die Möglichkeit einer weiteren Geschlechtsangabe. Der Gesetzgeber muss das Personenstandsgesetz nun bis spätestens 31. Dezember 2018 ändern und (mindestens) einen weiteren Eintrag zulassen.

Softwarehersteller und datenverarbeitende Stellen in der Pflicht

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der vom Bundesverfassungsgericht angenommen Häufigkeit von 1:500 intersexuellen Menschen in der Bevölkerung muss das Thema auch in der Praxis genau genommen werden. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wird daher vermutlich auch erhebliche Auswirkungen auf die Datenverarbeitung von Behörden und Unternehmen haben.

Denn sowohl das Bundesdatenschutzgesetz als auch die ab dem 25. Mai 2018 wirksame Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kennen das Recht auf Datenrichtigkeit.

In der Datenschutzgrundverordnung bestimmt der sanktionsbewehrte Art. 5 Abs. 1 lit d. DSGVO in diesem Zusammenhang:

„Personenbezogene Daten müssen sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit personenbezogene Daten, die im Hinblick auf die Zwecke ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden („Richtigkeit“).“

Softwarehersteller und datenverarbeitende Stellen sollten die Anforderungen an dieser Stelle nicht unterschätzen. Denn langfristig wird es erforderlich sein, Softwareverfahren, Papierformulare, Webformulare etc. auf ein geändertes Personenstandsgesetz und die darin geregelten Möglichkeiten der Geschlechtsbezeichnung anzupassen. Die Argumente, dies sei zu aufwändig oder von der Standardsoftware so nicht vorgesehen werden sich in der Praxis vermutlich nicht lange halten können.