Wer sich in diesem Jahr eine ganz besonders entspannte Weihnachtszeit gönnen möchte, plant für Mitte Dezember noch schnell einen Umzug ein. Wenn dann kurz vor Heiligabend endlich die Kartons ausgepackt sind, man noch den letzten freien Termin beim Einwohnermeldeamt ergattern konnte und sogar eine erste Lampe bereits erfolgreich montiert wurde, ist alles bereit für ein fröhliches Fest.

Warum muss ich bei jedem Umzug dem Einwohnermeldeamt meine Adresse mitteilen?

In Deutschland besteht eine allgemeine Meldepflicht nach § 23 des Bundesmeldegesetzes (BMG), die erfüllt wird, indem man sich (z. B. im Falle eines Umzugs, in § 17 BMG geregelt) bei der Meldebehörde des neuen Wohnorts anmeldet.

Nach § 3 Abs. 1 BMG speichern die Meldebehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben die in der Vorschrift aufgeführten Daten sowie „die zum Nachweis ihrer Richtigkeit erforderlichen Hinweise“ im sog. Melderegister. Hier liegt also eine gesetzliche Verpflichtung der Meldebehörden vor, die über Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO als Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung dienen kann. Vorrangig dürfte aber Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO als Rechtsgrundlage greifen, da die Verarbeitung gleichzeitig für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt bzw. in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt.

Eigentlich steht dem Fest also nichts im Wege – wenn nicht vorher die Feiertagsstimmung noch leidet: Denn die erste Post, die im neuen Zuhause eintrudelt, ist nicht wie erwartet Oma Berthas Weihnachtskarte, sondern ein Brief vom „Beitragsservice“, besser bekannt unter der Bezeichnung „GEZ“ nach der vormals zuständigen Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, der offenkundig schon die neue Adresse in seiner Datenbank hat und natürlich wie immer direkt Geld sehen möchte.

Woher kennt die GEZ immer als Allererste meine neue Anschrift?

Im Zuge des sog. Meldedatenabgleichs erhält der Beitragsservice des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Daten von Einwohnermeldeämtern. Bei einer anlassbezogenen Meldedatenübermittlung, welche bspw. durch einen Umzug ausgelöst werden kann, bekommt der Beitragsservice die neue Adresse und es wird häufig ein Schreiben an die betroffene Person geschickt, um die Beitragspflicht zu klären.

Eine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung findet sich als gesetzliche Verpflichtung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO einmal im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (dort insb. § 11), der in § 2 Abs. 1 auch die Beitragspflicht selbst regelt. Für die Meldebehörden, die die Daten weitergeben, ergibt sich die entsprechende Berechtigung zur Übermittlung aus § 34 Abs. 1 BMG, da die Datenübermittlung für den Beitragsservice als Empfänger, welcher eine öffentliche Einrichtung darstellt, zur Erfüllung von dessen Aufgaben als erforderlich betrachtet wird.

Weitere Informationen zum Datenschutz im Zusammenhang mit dem Beitragsservice stellt dieser hier auf seiner Website zur Verfügung.

Auch als es wenig später an der Haustür klingelt, wendet sich der Abend leider nicht zum Besseren: Schon wieder nicht Oma Bertha, sondern Ex-Freund Tobi, der bereits ein, zwei Tassen Glühwein mehr genossen hat, als vielleicht ratsam gewesen wäre. Woher Tobi überhaupt die neue Anschrift kennt, fragt man sich da spontan. „Die hab’ ich aus’m Internet“, lallt er zurück. Na toll. War da nicht mal was mit Datenschutz?!

Wieso kann eine Privatperson einfach meine Adresse herausfinden?

§ 44 BMG regelt die sog. einfache Melderegisterauskunft: Die Vorschrift bezeichnet die personenbezogenen Daten (inkl. derzeitiger Adresse), die die Meldebehörde auf Anfrage einer Person über eine andere Person herausgeben darf.

Ein Grund für die Anfrage muss nicht dargelegt werden. Um die Auskunft zu erhalten, muss die interessierte Person auch nicht mehr direkt bei der zuständigen Meldebehörde anfragen, sondern kann mittlerweile in Form der in § 49 BMG geregelten automatisierten Melderegisterauskunft die Informationen einfach über ein Internetportal erhalten.

In § 45 BMG ist zudem die sog. erweiterte Melderegisterauskunft geregelt. Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne des Gesetzes, welches laut der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVwV) „jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art“ umfasst, können u. a. Informationen wie Ein- und Auszugsdatum, Geburtsdatum und -ort, Name des Ehepartners sowie frühere Anschriften mitgeteilt werden.

Einschränken kann man diese quasi öffentliche Verfügbarkeit der eigenen Adresse übrigens nur sehr begrenzt: Erwächst „durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen“ bzw. sind „Bedrohungen, Beleidigungen sowie unbefugten Nachstellungen“ zu erwarten, kann für zwei Jahre eine Auskunftssperre nach § 51 BMG beantragt werden.

Nach all dem Frust im neuen Heim hilft aber vielleicht ein weiterer Ortswechsel, um die Feiertage doch noch zu retten: Also ab ins Wellnesshotel im Nachbarort und direkt für zwei Übernachtungen mit großem Spa-Paket einchecken. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn an der Rezeption hat sich bereits eine lange Schlange gebildet. Einer der Gäste weigert sich, seine Adresse anzugeben. „Aber der Datenschutz!“, verkündet er aufgebracht gestikulierend.

Warum muss ich im Hotel beim Check-in ein Formular ausfüllen?

Die Zeiten, in denen man, wie in alten amerikanischen Filmen, unter einem falschen Namen bei Nacht und Nebel in ein dubioses Motel einchecken konnte, sind lange vorbei. Denn ein weiteres Geschenk des Bundesmeldegesetztes an alle Fans von Formalitäten und Bürokratie findet sich in § 29 und § 30:

Reisende haben anlässlich ihres Aufenthalts in Beherbergungsstätten, wie Hotels, Meldescheine auszufüllen und u. a. ihren Namen, das Geburtsdatum, das Datum der Ankunft und der voraussichtlichen Abreise sowie Adresse und Staatsangehörigkeit anzugeben. Bei ausländischen Reisenden werden zusätzlich Ausweisdaten erhoben. Die Meldescheine (oder die enthaltenen elektronisch gespeicherten Daten) werden für mindestens ein Jahr aufbewahrt.

Zur Durchführung des Beherbergungsvertrages nach Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO notwendig sind all diese Informationen sicher nicht. Das jeweilige Hotel darf datenschutzrechtlich aber die entsprechenden Angaben auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO nach Vorgabe der gesetzlichen Bestimmungen verarbeiten.

Vielleicht also dieses Jahr doch lieber Weihnachten in der einsamen Berghütte? Einen Meldeschein vom Anbieter gibt es vielleicht trotzdem, aber fehlender Handyempfang soll ja Wunder wirken für ein wohlig-warmes Gefühl des Datenschutzes …