Gotteshäuser sind der zentrale Ort des Gottesdienstes, aber auch des Gebetes und (unter Umständen) der Beichte – also der Ort, an dem die Gläubigen ihre Religion ausüben können. Hiermit ist auf den ersten Blick eine Videoüberwachung undenkbar.

Gotteshäuser werden aber auch zunehmend Tatorte von Vermögens- und Sachbeschädigungsdelikten. Aber auch Körperverletzungen und Erregungen öffentlichen Ärgernisses (§ 138a StGB) nehmen immer mehr zu.

Ein weiterer Aspekt ist, dass Gemeindemitglieder aufgrund ihres Alters oder körperlicher Beeinträchtigungen nicht am Gottesdienst teilnehmen können, sodass auch über ein Streamen der Messe nachgedacht wird.

Aufgrund dieser Aspekte spielen immer mehr Gemeinden mit dem Gedanken, eine Videoüberwachungsanlage zu installieren.

Gesetzliche Grundlagen

Gotteshäuser stehen für jedermann ohne spezielle Zutrittsbeschränkungen offen. Die Videoüberwachung würde somit einen öffentlich zugänglichen Bereich erfassen.

Im Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland ist der Einsatz von Videoüberwachung in § 7a geregelt:

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher und besonders gefährdeter nicht öffentlich zugänglicher Bereiche innerhalb und außerhalb von Dienstgebäuden mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videobeobachtung) ist nur zulässig, soweit sie in Ausübung des Hausrechts der kirchlichen Stelle

  1. zum Schutz von Personen und Sachen oder
  2. zur Überwachung von Zugangsberechtigungen

erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Während der Gottesdienste ist eine Videoüberwachung unzulässig.

(2) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nur gespeichert werden (Videoaufzeichnung), wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass mit einer Verletzung der Rechtsgüter nach Absatz 1 künftig zu rechnen ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Eine weitere Verarbeitung der erhobenen Daten ist zulässig für den Zweck, für den sie erhoben wurden. Für einen anderen Zweck ist sie nur zulässig, soweit dies zur Verfolgung von Straftaten oder zur Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist.

(3) Videobeobachtung und Videoaufzeichnung sowie die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen für die Betroffenen erkennbar zu machen, soweit dies nicht offensichtlich ist.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet und verarbeitet, so ist diese über die jeweilige Verarbeitung zu benachrichtigen. Von der Benachrichtigung kann abgesehen werden

  1. solange das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung das Recht auf Benachrichtigung der betroffenen Person erheblich überwiegt oder
  2. wenn die Benachrichtigung im Einzelfall einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.

(5) Aufzeichnungen einschließlich Kopien und daraus gefertigte Unterlagen sind spätestens nach einer Woche zu löschen oder zu vernichten, soweit sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks nicht mehr zwingend erforderlich sind. Sie sind unverzüglich zu löschen, soweit schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

Die Katholische Kirche hält in § 5a der Anordnung über den kirchlichen Datenschutz eine entsprechenden Regelung bereit:

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie

  1. zur Aufgabenerfüllung oder zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
  2. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke

erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

(2) Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(3) Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung entsprechend § 13a zu benachrichtigen.

(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

Notwendige Interessenabwägung

Eine Videoüberwachung darf grundsätzlich nur durgeführt werden, wenn dem Interesse der Gemeinde an der Videoüberwachung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen.

Diesbezüglich könnte der Standpunkt vertreten werden, dass es in Kirchen keine Videoüberwachung geben darf, weil die Gläubigen einen von Überwachung freien Raum zur Ausübung ihrer Religion benötigen. Andererseits kann auch die Unterlassung einer Videoüberwachung erhebliche Probleme nach sich ziehen. Fehlt es an einer Videoüberwachung und entstehen Schäden, beispielswiese durch Vandalismus, werden die Kirchen durch die Kirchenverwaltung regelmäßig geschlossen, um künftig solche Schäden zu vermeiden. Zwar kann die Videoüberwachung als solche die Beschädigung einer Kirche im Einzelfall nicht verhindern, doch entfaltet die damit einhergehende bessere Aufklärungssituation generalpräventive Wirkungen und verhindert so zumindest indirekt Schäden.

Im Ergebnis ist eine Videoüberwachung in der Kirche zulässig. Es müssen aber Maßnahmen getroffen werden, durch die eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Gläubigen und Besucher der Kirche signifikant verringert wird.

Zu treffende Maßnahmen

Livebild im Pfarreibüro

Bei einer Liveübertragung in das Pfarreibüro sind sensible Bereiche (Beichtstuhl, Weg zum Beichtstuhl, Sitzbänke) zu schwärzen, um eine ungehinderte Religionsausübung zu gewährleisten.

Der Zugang zum Livebild (über die entsprechende Software) ist mit einem separaten Passwort zu sichern. Der Monitor ist so aufzustellen, dass Unbefugte keinen Blick auf den Monitor werfen können. Bei einem Evangelischen Gottesdienst ist die Kamera zu deaktivieren, da dieser nicht erfasst werden darf.

Speicherung von Bilddaten

Die Speicherung von Bilddaten bedeutet einen wesentlich intensiveren Eingriff als die „bloße“ Live-Übertragung. Daher sind hier erhöhte Maßnahmen zu treffen.

Der Zugriff auf die gespeicherten Daten sollte im 4-Augen-Prinzip durch zwei getrennte Institutionen (z.B. Gemeindemitarbeiter und Gliedkirchen- bzw. Bistumsmitarbeiter) erfolgen (mittels geteiltem Passwort). Ferner ist die Speicherdauer so gering wie möglich festzulegen. Grundsätzlich sollte diese 24 Stunden nicht überschreiten. Gegebenenfalls müssen bestimmte Prozesse an diese kurze Speicherdauer angepasst werden (tägliche Leerung des Opferstocks anstatt wöchentlicher Leerung).

Sofern eine Straftat festgestellt wird, muss ein Mitarbeiter der Gemeinde die Möglichkeit haben, die Löschroutine für die vergangenen 24 Stunden durch einen sog. Quick Freeze auszusetzen, um einem Verlust von möglichem Beweismaterial entgegenzuwirken. Der Zugriff darf wiederum nur im 4-Augen-Prinzip durch die getrennten Institutionen erfolgen.

Live-Streaming des Gottesdienstes

Ein Livestreaming des Gottesdienstes ins Netz ist für Evangelischen Einrichtungen kraft Gesetzes ausgeschlossen.

Unter Berücksichtigung der Interessen der Gläubigen ist eine Übertragung katholischer Gottesdienste nur zulässig, wenn ausschließlich der Geistliche und der Altar- bez. Kanzelbereich erfasst wird, die Sitzbänke hingegen ausgespart werden.

Sonstige Aspekte

Der Umstand der Videoüberwachung muss mittels entsprechenden Hinweisschildern (z.B.: nach DIN 33450), Benachrichtigung der Gemeindemitglieder sowie mittels Verzicht auf versteckte Kameras transparent gestaltet werden.

Die Datenträger müssen vor Unbefugten hinreichend geschützt werden (Verschlüsslung der Datenträger, Sicherheitsschloss oder vergleichbare Zutrittskontrollmaßnahmen zum Serverraum, Berechtigungskonzept zur Zugriffsregelung, Protokollierung von Zugriffen auf das Datenmaterial).

Fazit

Der Einsatz von Videotechnik im Gotteshaus ist möglich, knüpft aber an hohe technische und organisatorische Anforderungen, um dem Schutz der Gläubigen an einer ungestörten Ausübung ihrer Religion entsprechen zu können.

Eine Übertragung/Erfassung evangelischer Gottesdienste ist kraft Gesetzes verboten.