Hinsichtlich der Nutzung des Internets kursieren einige Mythen. Darunter finden sich häufig auch folgende Aussagen:

  1. Datenschutz ist Täterschutz.
  2. Im Internet ist jeder anonym.

Beides ist ebenso simpel wie falsch. Warum dem so ist, sei an einem aktuellen Beispiel aus der Rechtsprechung verdeutlicht.

Ungewollte Prominenz und ihre Folgen

Kennen Sie Yannick Hendricks? Falls nein, macht das nichts; wir können das ändern. Was Sie möglicherweise mitbekommen haben, ist die in den vergangenen Wochen lebhaft geführte öffentliche Diskussion um die Änderung des Strafrechts in Bezug auf das Durchführen oder auch Bewerben von Abtreibungen durch Ärzte. Herr Hendricks hat es sich nun zur Aufgabe gemacht – er selbst nennt es gewissermaßen ein „Hobby“ –  Ärzte, die solche Eingriffe vornehmen, anzuzeigen.

Daneben gab Herr Hendricks (zunächst anonym) diverse Interviews in der Presse, wenig später tauchte hier und da auch sein Name auf. In der Folge verschickte er zahlreiche Abmahnungen mit dem Ziel, die Nennung seines Namens in der Öffentlichkeit zu unterbinden. Einen solchen Fall – nämlich die Nennung seines Namens in einem Blog – hatte vor wenigen Tagen das Landgericht Hamburg zu entscheiden.

LG Hamburg: Äußerungen in der Presse sind kein Geheimnis

In seinem Urteil vom 26.04.2019 (Az. 324 O 396/18) hat das Gericht nun entschieden, dass diese Rosinen-Pickerei nicht funktioniert. Vielmehr ist das Interesse der Öffentlichkeit und der freien Meinungsbildung zu berücksichtigen. Diese können im Einzelfall vor allem dann überwiegen, wenn die Person, über die berichtet wird, selbst Anlass dazu gegeben und das Interesse gewissermaßen auf sich gelenkt hat. Dieser Aspekt wird regelmäßig auch dort interessant, wo Personen sich in Chats, Kommentaren und sonstigen Kurznachrichten austauschen und sich in der irrigen Annahme des eingangs erwähnten Mythos Nr. 2 scheinbar in Sicherheit vor rechtlichen Konsequenzen ihrer vielfältigen Äußerungen wiegen.

Jemand, der sich selbst also bewusst in die Öffentlichkeit spielt, muss mit dieser Entscheidung ebenso leben wie ein nicht unerheblicher Anteil von Menschen, die ihre (mehr oder weniger) gesamte Lebensgeschichte einem Unternehmen überantworten, das seinen milliardenschweren Börsenwert – also das Ergebnis eines auf Gewinn ausgerichteten wirtschaftlichen Strebens – allein aus der Auswertung von persönlichen Informationen seiner Nutzer generiert.

Fazit

Wir halten fest: Weder will der Datenschutz „Täter“ mehr schützen als andere Personen noch ist das Internet ein rechtsfreier Raum. Und wer öffentlich für Wirbel sorgt, muss auch in Kauf nehmen können, dass sich die Windrichtung ändert.