Leider wird Datenschutz immer wieder als Täterschutz dargestellt und verteufelt. In einem Zeitungsartikel wurde über ein Bußgeldverfahren berichtet, bei dem, dem ersten Anschein nach, eine Verurteilung an den Bestimmungen des Datenschutzes scheiterte.
Was ist passiert?
Eine Autofahrerin, die in Bergisch Gladbach geblitzt wurde, hat Einspruch gegen das verhängte Bußgeld erhoben und Recht bekommen. Der Kölner Stadtanzeiger berichtete am 21.9.2015 über den Fall. In der Bildunterschrift des Artikels heißt es: „Die Stadt Bergisch Gladbach nimmt seit 2008 in Eigenregie Temposünder aufs Korn. Ein externes Unternehmen durfte die Fotos bearbeiten, was datenschutzrechtlich offenbar nicht ganz korrekt ist.“
Ist das Datenschutzrecht „Schuld“ daran, dass nun keine Bußgeldbescheide verhängt werden können. Ist Datenschutz also doch Täterschutz? Keinesfalls. Die Stadt Bergisch Gladbach bedient sich bei der Radarkontrolle der Firma Radarrent GmbH. Diese stellt der Stadt gegen Bezahlung mobile Radarmessfahrzeuge mit Kameras für Geschwindigkeitsmessungen zur Verfügung. Die Messung selbst wird von einem städtischen Angestellten durchgeführt, der die gewonnenen Daten speichert und eine Kopie zur Auswertung an die Radarrent GmbH weiterleitet. Dort werden die Bilder bearbeitet, sprich der Beifahrer wird verpixelt und die Datei in einem anderen Format abgespeichert. Danach werden die bearbeiteten Datensätze wieder an die Stadt Bergisch Gladbach geschickt, die auf dieser Grundlage Bußgeldbescheide erstellt und verschickt. In der Bearbeitung der Bilder durch Radarrent liegt das Problem, denn Radarkontrollen und die Erstellung von Bußgeldbescheiden auf Grundlage dieser stellen eine hoheitsrechtliche Aufgabe dar und dürfen somit nach Auffassung verschiedener Amtsgerichte per se nur von Staatsbediensteten durchgeführt werden (so das Amtsgericht Kassel, Az. 385 OWi 9863 Js 1377/15 sowie das Amtsgericht Parchim, Az. 5 OWi 2215/14).
Allerdings hält das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 4 Ausnahmen bereit. Danach dürfen hoheitliche Aufgaben (hierzu zählen nach herrschender Meinung auch alle Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Radarkontrolle) auch auf Angestellte des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, übertragen werden. Sogar der Einsatz von Beliehenen durch oder aufgrund eines entsprechenden Gesetzes ist u. U. möglich (Die bekanntesten Beliehenen sind der TÜV und die DEKRA.). Eine privatrechtliche Firma ohne Beleihungsakt mit hoheitsrechtlichen Aufgaben zu betrauen, ist jedoch unzulässig. Die Missbrauchsgefahr wird als zu hoch eingestuft. So könnten theoretisch das Bildmaterial oder die Geschwindigkeit verändert werden.
Somit hat das Ganze nichts mit Datenschutzrecht zu tun!
Die Bildunterschrift sorgt aber dafür, dass der Artikel bei verschiedenen Suchmaschinen im Zusammenhang mit dem Begriff Datenschutz angezeigt wird und den nichtjuristischen Leser auf die falsche Fährte bringt. Wir möchten an dieser Stelle einen Appell für das Datenschutzrecht aussprechen – Datenschutz ist kein Täterschutz!
Rolf Schälike
27. September 2015 @ 7:53
Wie jedes Gesetz, so wird auch das Datenschutzgesetz missbraucht. Es stellt sich die Frage, wem ein Gesetz mehr nutzt, dem der es missbraucht oder dem, den das Gesetz schützen soll? Leider schützt das Datenschutzgesetz zu oft Kriminelle. Es ist ähnlich, wie mit dem Internet. Wer profitiert davon mehr, der gesetzestreue Bürger oder die Kriminellen?
Meiner Erfahrung nach wird das Datenschutzgesetz und das Internet unverhältnismäiß oft von Kriminellen zu ihrem Gunsten genutzt und missbraucht. Die Rechtsprechung und die Gesetze hinken mächtig nach.