Wie weit darf man gehen, wenn man sich in seinen Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt fühlt? Diese Frage musste das Amtsgericht Riesa (Urteil vom 24.4.2019 – Az.: 9 Cs 926 Js 3044/19) beantworten.
Was war passiert?
Gegenstand des Strafverfahrens war eine Sachbeschädigung. Der Angeklagte hatte eine Drohne (Wert ca. 1.500 €) mit einem Luftgewehr vom Himmel geschossen. Die Drohne überflog das mit einer 2,5 m – 3,0 m hohen Hecke umgebene Grundstück. Auf diesem befanden sich die minderjährigen Kinder und die Ehepartnerin des Angeklagten. Er selbst war in der Garage. Die Drohne verfolgte gezielt die Ehepartnerin, die den Hausmüll entsorgte, und verstörte die beiden Kinder. Im Weiteren gab der Angeklagte deutlich zu erkennen, dass die Drohne sich vom Grundstück entfernen sollte. Nachdem dies nicht erfolgte, holte er sein Luftgewehr. Da auch hierauf keine Änderung des Flugverhaltens der Drohe folgte, gab er zwei Schüsse ab. Der zweite traf die Drohne entscheidend und führte deren Absturz herbei. Die Staatsanwaltschaft erließ einen Strafbefehl wegen Sachbeschädigung, gegen den der Angeklagte vorging.
Was sag das Gericht?
Das Gericht sah das Verhalten des Angeklagten durch § 228 BGB (Notstand) als gerechtfertigt an.
Mit dem Überfliegen des Grundstückes erfolgte eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. Dieses schützt auch das Rechts am eigenen Bild und garantiert einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, der nicht nur die enge persönliche Lebenssphäre schützt, sondern auch die Befugnis gewährt, sich individuell zurückzuziehen, abzuschirmen oder für sich zu bleiben. Ferner das Recht, die Darstellung der eigenen Person anderen gegenüber selbst zu bestimmen. Nicht einsehbare Grundstücke sind klassische Rückzugsorte, „weshalb Beobachtungen anderer Personen als „Ausspähung” das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.“ Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Ausspähen mit einer Drohne von der betroffenen Person regelmäßig nicht wahrgenommen wird, „da sie nicht mit einer Aufnahme „von oben” rechnet.“ Zudem erfüllte der Drohnenführer mit seinem Handeln zugleich den Straftatbestand des § 201 a StGB und verletzte das durch Art. 14 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Eigentum.
Der Abschuss der Drohne war gerechtfertigt. Alternative Mittel, die ebenfalls zu einem Ende des Angriffes führten, bestanden nicht. Eine Flucht oder den Rückgriff auf einen Wasserschlauch als anderes Mittel waren nicht geeignet. Die Flucht beendete den Angriff nicht. Das Wasser hätte die Elektronik der Drohne zerstört.
Letztlich war die Zerstörung nach Auffassung des Gerichts verhältnismäßig, gerade auch, weil „der Eingriff vorliegend durch das „Verfolgen“ der Ehefrau des Angeklagten sowie die überaus geringe Höhe des Fluges vorliegend eine deutlich über eine bloße Lästigkeit hinausgehende Intensität erreichte“.
Zu den Waffen?
Definitiv Nein! Das Urteil macht deutlich, dass ein Waffeneinsatz nur im Einzelfall zulässig sein kann, wenn eine Vielzahl an Parametern zusammenkommen. Sie dürfen also keinesfalls die Kamera Ihres Nachbarn mit einem Hammer „neu justieren“. Sie kennen den „Angreifer“ und können auf Unterlassung klagen. Zudem muss ein hermetisch abgeschotteter Bereich erfasst werden. Wenn das Grundstück von außen einsehbar ist (weil der Zaun oder die Hecke eine beachtliche Lücke hat), ist auf alternative Maßnahmen zurückzugreifen. Zu guter Letzt dürfen keine anderen Möglichkeiten bestehen, den Angriff abzuwehren.