Nicht nur in der EU, sondern auch innerhalb des EWRs gilt die DSGVO unmittelbar. Wie wir berichteten, hat das Fürstentum Liechtenstein entsprechend auch sein nationales Datenschutzgesetz angepasst. Nunmehr hat die Datenschutzstelle als Aufsichtsbehörde des Fürstentums Liechtenstein auch eine eigene Liste (sog. Blacklist) von Verarbeitungstätigkeiten veröffentlicht, bei denen Datenschutzfolgeabschätzungen durchzuführen sind, und ein Meldewesen für Videoüberwachungen eingeführt.

Blacklist Datenschutzfolgenabschätzungen, Art. 35 Abs. 4 DSGVO

Im Vergleich mit den Blacklists deutscher Aufsichtsbehörden zeigen sich, wie zu erwarten war, in der Liste der Datenschutzstelle keine wesentlichen Unterschiede. Neben einigen Verarbeitungsvorgängen, bei denen ohne weiteres eine Datenschutzfolgenabschätzung zwingend ist, wie beispielsweise der Verarbeitung personenbezogener Daten von Kindern oder anderen schutzbedürftigen Personen für Marketing, Profiling für automatische Entscheidungsfindung oder für Angebote von Online-Diensten (Bereitstellung von sozialen Netzwerken, Messenger-Diensten etc.), ist bei anderen Datenverarbeitungen im Einklang mit den Leitlinien der Artikel-29-Datenschutzgruppe eine Datenschutzfolgenabschätzung dann obligatorisch, wenn zusätzlich mindestens ein weiteres der in diesen Leitlinien genannten Kriterien erfüllt ist. So ist beispielsweise bei einer Kreditwürdigkeitsprüfung mithilfe automatisierter Entscheidungsfindung auf alle Fälle dann eine Datenschutzfolgenabschätzung durchzuführen, wenn aus ihr die Ablehnung eines Kreditantrags folgen kann.

Meldepflicht von Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Raum

Eine interessante Vorgehensweise, die die Kontrollmöglichkeiten der Behörde von Videoüberwachungen erleichtert, bildet die in Liechtenstein grundsätzlich bestehende Meldepflicht der Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Raum. Sofern es sich nicht um Bildübermittlung in Echtzeit ohne Aufzeichnungs- oder Bearbeitungsmöglichkeit handelt, die Videoüberwachung nicht ausschließlich für private oder familiäre Zwecke im privaten Bereich verwendet wird, es sich um Webcams im Rahmen privater Kommunikation oder reine Bereichs-Webcams (Panorama-Kameras, Schneekameras etc.) handelt oder spezielle Polizeigesetze Anwendung finden, ist die Videoüberwachung an die Datenschutzstelle des Fürstentums Liechtenstein zu melden. Diese Meldepflicht gilt für öffentliche Stellen ebenso wie für nicht-öffentliche.

Eine vorsätzliche Nichtmeldung kann sanktioniert werden und gemäß Art. 5 Abs. 7 des Liechtensteinischen Datenschutzgesetzes (DSG) eine Geldbuße in Höhe von bis zu 5.000 CHF zur Folge haben. Für die Meldung ist ein Online-Meldeformular vorgesehen und gegenwärtig wird bereits eine Meldevorlage zur Verfügung gestellt.

Mit der Meldung allein hat der für die Videoüberwachung Verantwortliche  noch nicht seine datenschutzrechtlichen Pflichten erfüllt. So stellt sich, wie auch im übrigen Anwendungsbereich der DSGVO unter anderem die Frage, ob für die Videoüberwachung des öffentlich zugänglichen Raumes eine Datenschutzfolgenabschätzung zwingend ist. In der oben genannten Blacklist zu Datenschutzfolgenabschätzungen der Datenschutzstelle taucht der Bereich der Videoüberwachung nicht auf. Vielmehr weist die Datenschutzstelle darauf hin, dass gemäß Art. 35 Abs. 3 lit. c) DSGVO die „systematische umfangreiche Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche“ eine Datenschutzfolgenabschätzung zur Folge hat. Die Begriffe „systematisch“ und „umfangreich“ seien auf europäischer Ebene noch auslegungsbedürftig, wobei sie wohl bei Videoüberwachungen „sehr häufig“ zutreffen würden. Eine Konkretisierung, die gegebenenfalls für eine rechtsvergleichende Auslegung weiterhelfen könnte, hat leider auch die Datenschutzstelle Liechtenstein nicht vorgenommen. Es bleibt also die Auslegung auf europäischer Ebene abzuwarten und Veröffentlichungen, Stellungnahmen oder Entscheidungen von Behörden oder Gerichten hierzu aufmerksam zu verfolgen.

Neben den rechtlichen Voraussetzungen ist freilich auch, wie im übrigen Anwendungsbereich der DSGVO, auf die Hinweispflicht bezüglich der Videoüberwachung zu achten. Auch für diese Hinweisschilder stellt die Datenschutzstelle Muster zur Verfügung, die darauf hindeuten, dass sie von einer grundsätzlichen Speicherbegrenzung auf 48 Stunden ausgeht.