Der Briefkasten beschäftigt seit Jahrzehnten die Juristen, wenn es beispielsweise um die Frage der (fristgerechten) Zustellung von Briefpost geht. An das Datenschutzrecht wird dabei eher seltener gedacht. Doch auch Datenschutzverletzungen können sich ergeben, wenn persönliche Briefe in den falschen Briefkasten geworfen werden oder aber der Briefkasten aufgebrochen wird. Und auch viele Postzusteller lassen DIN A4 Umschläge aus dem Briefkasten greifbar herausblicken. Nicht zuletzt könnte sogar angenommen werden, dass bereits gegen das hiesige Datenschutzrecht verstoßen wird, wenn eine fremde Person (durch den Briefkastenschlitz) den Absender auf Umschlägen und Briefen lesen kann.

Mit derartigen Problemen aus dem Alltag hatte sich im vergangenen Jahr auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) in Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink zu befassen. Im vor kurzem veröffentlichten Tätigkeitsbericht zum Datenschutz 2021 stellte der Datenschützer einen interessanten Fall aus seiner behördlichen Arbeit vor. Konkret ging es hierbei um die Fragestellung, inwiefern ein Briefkasten eines Amtsgerichts unzureichende technisch-organisatorische Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO begründen würde, die zu einem Verstoß gegen die DSGVO führen könnten.

So hatte in dem geschilderten Vorgang der Landesdatenschutzbeauftragte auf Grundlage einer Beschwerde zu prüfen, ob jener Briefkasten des Amtsgerichts einen entsprechenden Schutz vor unberechtigten Zugriffen biete, denn „eingeworfene Sendungen könnten problemlos entnommen werden“.

Die Datenschutz-Aufsichtsbehörde führt hierzu aus:

„Auf unsere Nachfrage hat das Amtsgericht eingeräumt, dass es an manchen Tagen tatsächlich möglich sei, auf in den Briefkasten des Amtsgerichts eingeworfene Briefe zuzugreifen. Dies könne dann passieren, wenn der Briefkasten um Mitternacht die Post über eine Klappe in einen zweiten Behälter leite (Nachtbriefkasten). Insbesondere größere Briefsendungen würden sich am Behälter verfangen und könnten dann aus dem Briefkasten entnommen werden. Das Problem trete jedoch nur in den frühen Morgenstunden in einem kurzen Zeitfenster von höchstens zwei Stunden auf. Auch wenn umfangreiche Sendungen „fast schon gewaltsam in den Briefkasten gestopft“ würden, könne eine Entnahme erfolgen.“ (LfDI Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht Datenschutz 2021, S. 79).

Verantwortlichkeit für den Briefkasten

Das Amtsgericht hatte einerseits sogar gewisse Probleme in der internen Organisation bzw. dem technischen Ablauf zugegeben, jedoch fälschlicherweise behauptet, dass der Absender dafür Sorge zu tragen habe, dass seine Post vor Zugriffen Dritter geschützt werde.

Der LfDI stellt daraufhin aber fest, dass die Post mit Einwurf in den Briefkasten in den Einflussbereich des Gerichts gelangt und ab diesem Zeitpunkt selbiges zur datenschutzrechtlichen verantwortlichen Stelle wird. Und als Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Ziffer 7 DSGVO hat das Amtsgericht durch technisch-organisatorische Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO die Briefe vor unbefugten Zugriffen und unbeabsichtigten Verlust zu schützen. Und: „Dies kann etwa durch mehrmalige Leerungen, einen ausreichend dimensionierten Briefkasten und/oder durch Maßnahmen erreicht werden, die verhindern, dass sich größere Umschläge im Behältnis verfangen.“

Das Amtsgericht habe daher gegen den in Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO formulierten Grundsatz der Integrität und Vertraulichkeit verstoßen, so die Aufsichtsbehörde.

Fazit

Die banalen wie ebenso einleuchtenden Empfehlungen sollten selbstverständlich von Behörden wie auch Unternehmen umgesetzt werden, falls es zu vergleichbaren Problemen kommt. Das mehrmalige Leeren des Briefkastens pro Tag dürfte auch keine große Hürde darstellen.

Andernfalls könnten nicht nur Datenschutzverletzungen bei Verlust oder Beschädigung von Post gem. Art. 33 DSGVO eintreten, sondern bereits Sanktionen (und Bußgelder) wegen unzureichender technisch-organisatorischer Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO bzw. Verstößen gegen die Datenschutzgrundsätze aus Art. 5 Abs. 1 lit. f DSGVO drohen. Insbesondere bei Stellen aus dem Gesundheitswesen oder Behörden, die tagtäglich sensible Post empfangen, sind diese Anforderungen sicherzustellen.

Im Übrigen dürfte dies nicht nur dem Briefkasten gelten, sondern grundsätzlich auch der hierfür vorgesehenen Annahme von Post und Paketen (z. B. beim Empfang), wenn diese damit erkennbar in die Sphäre des Empfängers gelangen.