Die größte Biometriedatenbank findet sich in Indien. Dort erhält jeder Bürger, welcher Sozialleistungen wie Lebensmittelzuteilungen empfangen möchte, die Aadhaar-ID, eine persönliche, zwölfstellige Identifikationsnummer. Hinter dem QR-Code auf der ID verbergen sich in einer zentralen Datenbank gespeicherte biographische und biometrische Daten. (Wir berichteten über die Hintergründe und Gefahren von Aadhaar.) Der Zweck dieser umstrittenen Datenbank ist die Verhinderung von Sozialbetrug. In kürzester Zeit entwickelte sich die Aadhaar-ID jedoch zu einem Identifikator für die Eröffnung und Einrichtung von Bankkonten, Versicherungen, Renten oder Darlehen.

Erst vor ein paar Monaten ordnete das indische Verfassungsgericht an, dass die Angabe der Aadhaar-Nummer gegenüber Schulen und Privatunternehmen nicht verpflichtend sein darf. Trotz des Urteils beschloss das Parlament nun eine Erweiterung des Aadhaar-Programms. Diese erlaubt privaten Unternehmen den Zugriff auf die staatliche Datenbank zu Zwecken der Authentifizierung von Personen. Zudem bestimmt die Gesetzesänderung, dass eine Authentifizierung durch die Aadhaar-ID obligatorisch ist, wenn eine solche Authentifizierung durch ein vom Parlament beschlossenes Gesetz vorgeschrieben ist. Damit hält das Gesetz eine Hintertür offen, durch die das Urteil des Verfassungsgerichts umgangen werden kann.

Aktivisten reagierten auf das neue Gesetz mit der Einreichung einer Klage vor dem Obersten Gerichtshof. Das Gesetz verstoße gegen das Urteil aus dem Jahr 2018 und ermögliche eine private Überwachung der Bürger sowie eine kommerzielle Nutzung ihrer personenbezogenen Daten, welche ursprünglich für staatliche Zwecke erhoben wurden.

Problematisch ist, dass es in Indien bisher kein Datenschutzgesetz gibt. Ein Entwurf wird derzeit ausgearbeitet. Wünschenswert wäre ein Gesetz, welches die Zweckbindung ähnlich Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO als Datenschutzgrundsatz festhält. Nach dem Grundsatz der Zweckbindung dürften die mit der Aadhaar-ID verknüpften Daten nur für die festgelegten, eindeutigen und legitimen Zwecke der Verteilung von Sozialleistungen erhoben werden und nicht für die Authentifikation für die Aktivierung einer SIM-Karte.