In Hamburg, wie aber auch in anderen Städten Deutschlands, versucht seit kurzem ein internationaler Konzern Werbung für ein neues Angebot – im großen Stil – zu machen. Dabei wird die Werbung per Post in Briefkästen aller Wohnhäuser in ganzen Stadtteilen zugestellt. Sie richtet sich ausweislich der Adressatenzeile „an alle Hamburger Haushalte“ und weist im Übrigen keinerlei weitere Angaben zu den empfangenden Personen (wie z. B. Namen und konkrete Adressen) auf.

Dieser Brief enthält einen Hinweis auf das neue Unternehmen bzw. die angebotene Leistung, bei der es sich um einen Lieferdienst handelt. Darüber hinaus gibt es eine Anleitung zum Download einer App sowie einen individuellen Rabattcode für die erste Bestellung. Im Übrigen wird auch der Absender benannt. Jedoch finden sich keine weiteren Informationen zum Datenschutz auf dem Blatt wieder.

Datenschutz und Wettbewerbsrecht

Diejenigen, die diesen Brief ebenfalls erhalten und geöffnet haben, stellen sich vielleicht die Frage: Ist das rechtlich zulässig? Und was sagt das Datenschutzrecht dazu?

Zunächst ist zu sagen, dass derartige Briefe, auch wenn sie von den Absendern zumeist als „Information“ oder „Info-Post“ bezeichnet werden, als Briefkastenwerbung im Sinne des Rechts gelten. Sodann greift in diesen Fällen grundsätzlich auch das Wettbewerbsrecht (Gesetz gegen den unterlauteren Wettbewerb (UWG)), das zumindest im Bereich Telefon- und E-Mail-Werbung strenge Vorgaben für die Ansprache von Verbrauchern vorsieht (Vgl. §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG).  Nach dem UWG ist „eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, […] unzulässig.“ (§ 7 Abs. 1 S. 1 UWG).

Eineunzumutbare Belästigung ist dabei stets anzunehmen, wenn die Werbung „unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt,“ erfolgt (also bei der angesprochenen E-Mail-Werbung).

In dem Fall der beschriebenen groß angelegten Werbe-Aktion wird jedoch zum einen als Kommunikationsmittel/-kanal die Briefpostsendung verwendet und zum anderen die empfangende Person nicht angesprochen. Vielmehr sollen alle „Hamburger Haushalte“ angeschrieben werden. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG ist Brief- bzw. Briefkastenwerbung nur eine unzulässige Belästigung, wenn „ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht“. Daher ist wettbewerbsrechtlich darauf zu achten, ob ein entsprechender Wunsch, keine Werbung zu erhalten, zum Ausdruck gebracht wurde.

Im Hinblick auf das Datenschutzrecht ist die Rechtslage allerdings relativ eindeutig: Ohne Ansprache bzw. ohne Verwendung von Namen/Daten der Person liegt nicht einmal eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO vor – die Vorschriften wären daher nicht anwendbar. Somit wäre aus datenschutzrechtlicher Hinsicht eine solche Briefkastenwerbung ohne personenbezogene Daten nicht reglementiert.

Doch halt: bei der hier besprochenen Kampagne enthält jeder Brief einen individuellen Rabatt-Code, der im Nachgang seitens des werbenden Unternehmens für die Auswertung genutzt werden könnte. Unklar ist, ob dieser Rabatt-Code individuell pro Haushalt oder pro ausgewiesenen Bereich (beispielsweise für jede Straße oder jede Wohngegend besteht ein einzelner „Schlüssel“) Individualisiert wurde. So könnte der Erfolg der Maßnahmen – je nach Detailgrad – bewertet werden. Da stellt sich dann die Frage, ob dieser individuelle Code als ein pseudonymes Datum gilt, welches ebenso wie ein personenbezogenes Datum den Anwendungsbereich der DSGVO ab dem Moment der Verwendung des Codes, also der Eingabe bei der Bestellung eröffnet. Mithin könnten diese Daten dann auch verknüpft oder analysiert werden. Hier könnte das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO, das ausweislich von Erwägungsgrund 47, S. 7 der DSGVO sogar die Direktwerbung erfasst, einschlägig für die Verarbeitung der Daten der angesprochenen bzw. erfassten Personen (KundInnen) sein.

Würden auf diesem Brief doch personenbezogene Daten enthalten sein, entweder in der Adresszeile oder bei Kontaktdaten der Absender bzw. Informationen zum Absender in der Fußleiste, die beispielsweise die redaktionell verantwortliche Person oder die Geschäftsführer/Vorstände des Unternehmens aufführen, bliebe es bei der Frage nach einer Rechtsgrundlage aus dem Datenschutzrecht. Die Verarbeitung dieser Daten aus der Sphäre des werbenden Unternehmens könnte dann auf die Rechtsgrundlagen aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. c DSGVO oder Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO gestützt werden – beispielsweise bei gesetzlichen Pflichtangaben.

Datenschutzrechtliche Folgen bei Direktwerbung

In diesem Fall der Direktwerbung durch die Verarbeitung personenbezogener Daten (der angesprochenen Person) wäre eine Interessensabwägung vorzunehmen, die in der Regel zu Gunsten des werbenden Unternehmens bei der erstmaligen Werbung ausgehen dürfte, sofern die Personen keinen Vorab-Widerspruch in die werbliche Ansprache deutlich gemacht haben (Das könnte ggfs. auch durch den Aufkleber am Briefkasten geschehen.). Gleichwohl kann diesbezüglich sicherlich im Einzelfall auch ein anderes Ergebnis diskutiert werden. Sodann und unter Annahme der Rechtgrundlage des berechtigten Interesses für diese Verarbeitung personenbezogener Daten, müsste die betroffene Person aber ausdrücklich auf das bestehende Widerspruchsrecht gem. Art 21 DSGVO hingewiesen werden. Hiermit soll die betroffene Person die Möglichkeit erhalten, der Verarbeitung (durch Direktwerbung) für die Zukunft zu widersprechen, d. h. eine weitere Verarbeitung zu diesem Zwecke verhindern zu lassen.

Dieser Widerspruch dürfte sich in der Konsequenz aber nicht nur auf das Einstellen weiterer, vergleichbarer Werbung/Postzusendung beschränken, sondern unter Umständen auch auf die generelle Verarbeitung der personenbezogenen Daten dieser Person, beispielsweise in einer Kundendatenbank oder einer Mailingliste. Es lässt sich aber auch argumentieren, dass der typische Hinweis „Bitte senden Sie mir keine Werbung mehr“ sich nicht auf andere Formen der Verarbeitung durch den Verantwortlichen erstreckt. Schließlich werden Unternehmen hier dem begegnen, dass diese Daten weiterhin für eine „Sperrliste“ benötigt werden, um eine zukünftige Werbesendung an diese Person nach Widerspruch zu verhindern, die dann rechtliche Ansprüche begründen könnten. Die Weiterverarbeitung zu diesem Zweck lässt sich ggfs. ebenfalls auf ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f stützen. Zudem wäre aus Gründen der Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO die Umsetzung des Widerspruchs (bzw. der Betroffenenrechte) auch entsprechend zu dokumentieren.

Zudem sieht die Verordnung auch noch die Informationspflichten vor, die bei Erhebung bzw. Verarbeitung der personenbezogenen Daten eine Mitteilung der in Art. 13 und Art. 14 DSGVO aufgeführten Informationen gegenüber der empfangenden Person verlangt. Bei einer personalisierten Ansprache per Briefpost stellt sich regelmäßig die Frage, woher die Daten (Adresse) stammen – also müsste nach Art. 14 DSGVO über die Quelle der Daten informiert werden. Das wäre der Fall, wenn Datensätze zuvor angekauft worden sind.

Gleichwohl kann hier in der Praxis sicherlich ein abgestuftes Konzept umgesetzt werden, sodass per Hinweis auf eine Webseite den betroffenen Personen die Möglichkeit der Kenntnisnahme der vollständigen Datenschutzhinweise eingeräumt wird – auch und trotz Medienbruch. Die rechtssicherere Lösung wäre natürlich, wenn dieser Brief gleich auf der Rückseite die gesamten Datenschutzhinweise enthielte.

Fazit

Die Praxis zeigt, wie sich leicht abweichende Inhalte und Werbemaßnahmen in rechtlicher Hinsicht auswirken und zu unterschiedlichen Pflichten und Anforderungen führen.

Die Briefkastenwerbung ohne Ansprache und Auflistung weiterer personenbezogener Daten wäre zumindest bei erstmaliger Verwendung wettbewerbsrechtlich in den meisten Situationen zulässig und kein Fall des Datenschutzrechts. Erfolg eine persönliche Ansprache im Brief, müssten Hinweise auf das Widerspruchsrecht und die Informationen zur Datenverarbeitung eingebunden sein.
Eine abschließende Beurteilung der Rechtslage nach dem Wettbewerbs- und Datenschutzrecht obliegt jedoch dem konkreten Einzelfall, bei dem es auf jedes Detail und auch den Prozessen im Hintergrund ankommt.