Aus datenschutzrechtlicher Sicht gibt es momentan wohl kaum ein Thema, das in Schulen aber auch in Kindertagesstätten (KiTa) vergleichsweise so kontrovers geführt wird, wie das Anfertigen und Veröffentlichen von Fotos. Oftmals ist auch die Ansicht der Aufsichtsbehörden nicht immer eindeutig (wir berichteten). Als das neue Schuljahr vor wenigen Wochen begann, war die Verunsicherung vielerorts sehr groß, ob überhaupt und falls ja, unter welchen Bedingungen Eltern, Freunde und Verwandte Fotos von ihren Kindern auf dem Gelände der Schule machen dürfen. Gerade in den Medien ist das Thema hochgekocht. Aber auch für die Mitarbeiter der verantwortlichen Stelle, die der Schule oder KiTa, ist oftmals nicht klar welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Fotos rechtskonform auf der Webseite der Einrichtung oder im Jahrbuch auftauchen dürfen. Aus Sorge vor einem vermeintlichen Datenschutzverstoß wurden prophylaktisch Fotoverbote erteilt, Fotos aus Schaukästen entfernt oder Gesichter auf Gruppenbildern nachträglich geschwärzt. Der nachfolgende Beitrag will aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, welche Fallstricke bestehen und welche Voraussetzungen bei der Anfertigung von Fotos im schulischen Bereich einzuhalten sind. Auch einige Aufsichtsbehörden (siehe etwa Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern) haben die Problematik erkannt und eine Hilfestellung herausgegeben.

Allgemeines – Fotoaufnahmen sind personenbezogene Daten

Zunächst muss vergegenwärtigt werden, dass das Fotografieren eines Menschen einen Eingriff in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) darstellt und grundsätzlich den Anwendungsbereich der DSGVO (Art. 4 Nr. 1 und Nr. 2 DSGVO) eröffnet. Dies ist bereits der Fall, wenn die Fotografie digital, mittels eines automatischen Verarbeitungsvorganges erfolgt. Aber auch die nachträgliche Bearbeitung, Vervielfältigung, Druck und hochladen auf einer Webseite, stellt wiederum eine Verarbeitungstätigkeit dar.

Fallbeispiele

Fall 1: Elternteil A ist mit der Familie zur Einschulungsfeier ihres Kindes (K) in der Schule eingeladen. Zuhause und auf dem Gelände der Schule macht A mehrere Fotos von K.

Fall 2: Wie in Fall 1, nur hier macht A in der Schule Fotos von K und zwei weiteren Freunden (F1 und F2). Zudem sind auf dem Bild im Hintergrund mehrere Personen, teils mit dem Rücken zum Fotografen zugewandt, zu sehen.

Fall 3: Lehrer L, der sich zum einen um die Pflege der Schul-Homepage kümmert und regelmäßig Bilder der Schülerinnen und Schüler und die des Lehrerkollegiums hochstellt, fertigt in der Aula der Schule Gruppenfotos für das Jahrbuch der jeweiligen Klassen an.

1. Was gilt für Eltern, Angehörige und Schülerinnen und Schüler (natürliche Personen)?

1.1. Das Privileg der Haushaltsaufnahme

Zunächst einmal die gute Nachricht: Soweit Eltern, Freunde oder Angehörige Fotos in der Schule ihres Kindes anfertigen möchten, fallen sie nicht unter den Anwendungsbereich der DSGVO. Der Verordnungsgeber hat für sog. Haushaltsaufnahmen durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten ein Privileg (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO) statuiert. Das bedeutet, dass Eltern im Rahmen der Einschulung Fotos von ihren Kindern anfertigen dürfen, soweit die Bilder im familiären Umfeld verbleiben. Zu beachten ist allerdings, dass dieses Familien-Privileg räumliche Grenzen hat: Für den Fall, dass das Bildnis einem uneingeschränkten Personenkreis zur Verfügung gestellt wird, etwa auf einem frei zugänglichen Account bei Facebook, Instagram oder einer beliebigen Webseite, handelt es sich nicht mehr um Haushaltsaufnahmen. Dies hat zur Folge, dass für die Veröffentlichung des Bildes die DSGVO greift und dass dieser Vorgang wiederum einer Ermächtigungsgrundlage bedarf.

Dieses Privileg gilt wohl auch, wenn bei der Einschulung Fotografien von anderen Personen als dem eigenen Kind angefertigt werden. In den Beispielsfällen 1 und 2 würden beide Fotografien also unter die Haushaltsaufnahme fallen. Allerdings sollte auch hier ein gewisses Maß an Selbstreflexion und Umsicht an den Tag gelegt werden, da, wie eingangs aufgezeigt, das Fotografieren einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann. Soweit eine Person den Wunsch äußert, dass sie oder ihr Kind nicht fotografiert werden darf, so hat A dies zu respektieren. Sollte er sich diesem widersetzen, könnte er sich wegen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen (§ 1004 BGB i.V.m § 823 I BGB und § 823 II BGB, § 22 KUG) haftbar machen.

Zu beachten ist aber noch Folgendes: Auf dem Gelände und im Gebäude von Schule, KiTa oder Sportverein gilt das jeweilige Hausrecht des Verantwortlichen. So kann die Schulleitung von diesem Gebrauch nehmen und ein generelles Fotografieverbot aussprechen (siehe 2.1.). Ein Verstoß gegen das Hausrecht kann einen Platzverweis oder auch einen Schadensersatz- oder Unterlassungsanspruch des Verantwortlichen gegenüber dem Fotografen zur Folge haben. Im Fall 1 muss der A deshalb sicherstellen, ob ein solches Verbot besteht. Für gewöhnlich werden Informationen an gut einsehbaren Stellen (Eingangstür) aushängen.

1.2. Was gilt, wenn das Privileg der Haushaltsaufnahme nicht greift?

Sobald das Bildnis nicht unter das oben aufgezeigte Privileg der Haushaltsaufnahme fällt, ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Das bedeutet zugleich, dass sowohl für den Prozess der Aufnahme, als auch für weitere Prozesse, etwa die Bearbeitung, Vervielfältigung oder das Zurverfügungstellen an Dritte, es für die jeweilige Datenverarbeitung eines Erlaubnistatbestandes bedarf.

  • Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO, Art. 7 DSGVO)

Bei der Einwilligung gibt die betroffene Person ihr Einverständnis zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten gegenüber dem Verantwortlichen im Vorhinein ab. Diese muss nicht zwingend in Schriftform erfolgen, möglich ist nach der DSGVO auch die Abgabe einer elektronischen, mündlichen oder konkludenten Einwilligung. In der konkreten Situation genügt es also, wenn die betroffene Person in die Kamera lächelt oder sich für das Foto in Position bring.
Allerdings sind auch hier die weiteren Erfordernisse des Art. 7 DSGVO zu beachten: Zum einen muss der Verantwortliche nachweisen können, dass die betroffene Person in die Datenverarbeitung eingewilligt hat (Art. 7 Abs. 1 DSGVO). Zum anderen muss die betroffene Person über ihr Recht zum Widerruf der Einwilligung (Art. 7 Abs. 3 DSGVO) hingewiesen werden.
Zu beachten ist zudem, dass Minderjährige in der Regel erst ab 16 Jahren eine Einwilligungserklärung abgeben können. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren fehlt nach allgemeiner Auffassung die nötige Einsichtsfähigkeit, sodass es einer Einwilligung der Erziehungsberechtigten bedarf. Im Fall 2 müsste A die Einwilligung der Eltern von F1 und F2 einholen.

  • Interessenabwägung (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO)

Neben der Einwilligung ließe sich das Fotografieren auch auf das berechtigte Interesse des Verantwortlichen stützen. Im Rahmen einer am Einzelfall orientierten Abwägung sind beide Interessen – das des Fotografen und das der betroffenen Personen – gegenüber zu stellen. Für gewöhnlich wird eine Verarbeitung als rechtmäßig angesehen, wenn diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sind und die Rechte oder Interessen der betroffenen Person nicht überwiege. In den Abwägungsvorgang sind dabei die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person zu berücksichtigen (siehe Erwägungsgrund 47 zur DSGVO). Abgestellt wird im Rahmen einer größeren Veranstaltung auf den Erwartungshorizont eines durchschnittlichen Gastes. Ein solcher wird gerade bei Veranstaltungen wie der Einschulung oder Abschlussfeier in der Schule davon ausgehen, dass Fotografien stattfinden werden. Hierzu gehört auch die Verwendung der Fotos im privaten Umfeld, jedoch nicht für darüber hinaus gehende Zwecke (etwa das Zugänglichmachen für unbestimmte Dritte im Internet). Da Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Einsichtsfähigkeit fehlt, werden diese als besonders schützenswert angesehen. Bei der Abwägung werden deren Interesse für gewöhnlich höher wiegen.
In den Abwägungsvorgang fließen noch weitere Wertungen und Faktoren ein. Nach der wohl überwiegenden Auffassung finden die Grundsätze des Kunsturhebergesetzes (KUG) Berücksichtigung bei der Interessenabwägung. Im KUG werden insbesondere drei Fälle geregelt, bei denen es keiner Einwilligung des Fotografierten bedarf. Dies ist bei Bildern von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen der Fall, an denen die dargestellte Person teilgenommen hat. Als Beispiel zu nennen sind hier Karnevalsumzüge oder eine kirchliche Prozession. Daneben greift die Ausnahme auch dann, wenn die abgebildete Person lediglich als Beiwerk einer Landschaft oder Örtlichkeit wahrgenommen wird oder es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Als Beispiel ist hier etwa das Fotografieren des Brandenburger Tors samt anderer Personen zu nennen.

2. Was gilt für Verantwortliche – Schulen, KiTas´s, Lehrer und Betreuer?

2.1. Umgang mit Fotografien durch Dritte (Gäste, Eltern, Schülerinnen und Schüler)

Bei schulischen Veranstaltungen oder solchen der KiTa bestehen von Seiten der verantwortlichen Stelle grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Sie können vom Hausrecht Gebrauch nehmen und das Fotografieren auf dem Gelände der Schule oder KiTa erlauben oder verbieten.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist ein vollständiges Fotografieverbot nicht erforderlich und führt bei allen Betroffenen eher auf Missverständnis. Für ein erlaubtes oder teilweise erlaubtes Fotografieren sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Über die geplante Veranstaltung und das Fotografieren durch Dritte (Eltern/Angehörige) während der Veranstaltung sollte auf der Homepage der Schule, auf Elternabenden oder in Gestalt eines Elternbriefs informiert werden.
  • Die Teilnehmer sollten über einen vernünftigen Umgang mit Fotos entsprechend sensibilisiert werden.
  • Am Tag der Veranstaltung bietet es sich an, dass an den Eingangstüren die Foto-Hinweise ausgehängt werden.
  • Der Verantwortliche kann innerhalb des Gebäudes oder auf dem Gelände der Schule bestimmte Foto-Bereiche ausweisen und diese durch entsprechende Schilder kenntlich machen.

Für den Fall, dass sich die Schulleitung für ein vollständiges Fotografieverbot entscheidet, ist erforderlich, dass dieses auf das Hausrecht der Schule oder der KiTa gestützt wird. Das vereinzelnd angeführte Argument, wonach sich das Fotografieverbot aus der DSGVO ergäbe ist irreführend und rechtlich falsch.

2.2. Umgang mit Fotografien durch Lehrer und Betreuer

Für die Schule oder die KiTa als verantwortliche Stelle greift das Privileg des Art. 2 Abs. 1 lit. c DSGVO nicht. Deshalb muss, wenn ein Lehrer oder ein Betreuer in seiner dienstlichen Funktion Bilder der Schülerinnen und Schüler anfertigt, eine Ermächtigungsgrundlage greifen. Neben der Einwilligung können Schulen, je nach Bundesland oder Trägerschaft, auf Datenschutzgesetze zurückgreifen, die lediglich für Schulen und schulische Einrichtungen gelten. Soweit sich aus dem Schuldatenschutzgesetz aber keine originäre Ermächtigungsgrundlage ergibt, bildet auch hier die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO, Art. 7 DSGVO) das richtige Mittel.

Damit die strengen Zweckbindungsvoraussetzungen an eine wirksame Einwilligung erfüllt sind sollten Schulen und KiTa´s folgende Punkte beachten:

  • Soweit die Schülerin oder der Schüler das 16. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, sollte die Einwilligungserklärung von den Sorgeberechtigten erteilt werden.
  • Die Einwilligung ist zum Beginn des Schul- oder KiTa-Jahres, vor der Anfertigung der Bilder, den Sorgeberechtigten vorzulegen.
  • Damit den Betroffenen die Tragweite der Einwilligung klar ist, sollte in der Einwilligung der jeweilige Zweck (Einschulung, Webseite, Klassenfahrt, Jahrbuch etc.) und der Zeitraum möglichst genau bezeichnet werden. Es empfiehlt sich, beispielsweise im Rahmen der Schulanmeldung, auf die
  • Die Sorgeberechtigten sind über das jederzeitige Widerrufsrecht zu belehren und die sonstigen Betroffenenrechte in Kenntnis zu setzen. Hierbei empfiehlt es sich eine den Anforderungen des Art. 13 DSGVO entsprechende Information vorzuhalten.

Wenn ein Lehrer, wie in Fall 3 der L, Fotos anfertigen möchte, sollte idealerweise eine Einwilligungserklärung der Eltern vorliegen. Konsequenterweise dürfen von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern keine Einwilligung erteilt haben, nicht fotografiert werden.