Wiederholt ist uns die Frage begegnet, ob Sozialbehörden, wie Sozialämter und Jobcenter Führungszeugnisse bzw. Auszüge aus dem Bundeszentralregister anfordern dürfen.

Es gibt drei verschiedene Auskunftsstufen über strafrechtliche Eintragungen:

  • das einfache Führungszeugnis,
  • das Führungszeugnis für Behörden und
  • der Bundeszentralregisterauszug.

Das Führungszeugnis gibt Auskunft über Verurteilungen, soweit sie über drei Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen liegen. Geringe Strafen finden keinen Eingang, es sei denn, es liegen mehrere Strafen vor. Auch Verwaltungsentscheidungen über den Entzug des Passes, der Waffenbesitzkarte und Maßregeln, wie Berufsverbote, werden nicht mit aufgenommen.

Beim erweiterten Führungszeugnis für Behörden werden diese Ausnahmen nicht gemacht, insbesondere, wenn es um Eintragungen geht, die im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes (Stichwort Wirtschaftsstraftat) stehen. Beispiel: Der Bewerber wurde früher wegen Untreue als Prokurist einer GmbH zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Auf dem einfachen Führungszeugnis wird man diese Strafe nicht finden. Nun bewirbt er sich bei der Finanzbehörde. Die Finanzbehörde fordert ein erweitertes Führungszeugnis an, das diese Strafe ausweisen wird, da es sich um eine „Wirtschaftsstraftat“ handelt.

Die umfassendste Auskunft gibt der Bundeszentralregisterauszug, der keine Ausnahmen der Eintragung (§§ 3 – 19 BZRG) kennt.

Warum interessieren strafrechtliche Eintragungen?

Grundsätzlich stellt hier erst einmal die Frage, wozu Behörden diese Auskünfte benötigen. Warum muss eine Sozialbehörde wissen, ob ein Leistungsempfänger strafrechtlich in Erscheinung getreten ist oder nicht? Muss das Sozialamt wissen, dass ein Antragsteller wegen Diebstahls verurteilt wurde, und wenn ja, wieso?

Grundsätzlich besteht nämlich aus Sicht des Leistungsempfängers erst einmal kein Grund, Sozialbehörden mögliche strafrechtliche Verfehlungen zu offenbaren. Der Antragsteller, der strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, kann dies grundsätzlich für sich behalten. Dies gilt umso mehr, wenn die Straftaten für den Leistungsbezug vollkommen unerheblich sind. Allerdings führen Haftzeiten dazu, dass bei Ausländern die Aufenthaltszeiten gekürzt werden und somit ein Leistungsanspruch infrage gestellt werden kann.

Dies gilt aber nicht, wenn Verurteilungen, aber insbesondere Haftaufenthalte für die Frage des Leistungsanspruchs wesentlich sind. Dies ist bei ausländischen Leistungsempfängern möglich.
Ausländer, die sich mindestens fünf Jahre ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, können Sozialleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 7 SGB XII erhalten. Wenn dieser Aufenthalt allerdings von eine Haft unterbrochen war, gilt diese Frist als unterbrochen, fängt nach Haftverbüßung erneut an zu laufen. Mit der Frage der Anrechnung von Haftzeiten musste sich bereits der EuGH beschäftigen, der eindeutig gegen die Kläger entschieden hat. (Urteil des EuGH vom 16.01.2014 – C-400/ 12 -)

Ein Ausländer, der während dieser fünf Jahre inhaftiert war, hat keinen Anspruch, da Haftzeiten nicht angerechnet werden und zu einer Unterbrechung der Frist führen.
Daraus folgt, dass das Sozialamt wissen muss, ob eine Unterbrechung des Aufenthalts durch eine Freiheitsstrafe vorliegt oder nicht. Es kann durchaus dazu kommen, dass jemand, der sich bereits mehr als fünf Jahre in Deutschland aufhält, dennoch keinen Anspruch hat, weil eben kein zusammenhängender Zeitraum von fünf Jahren (ohne Haft) gegeben ist.

Wie erlangen die Behörden Kenntnis?

Aber wie soll die Behörde erfahren, ob es während der bisherigen Aufenthaltsdauer tatsächlich Phasen mit Freiheitsentzug gab oder nicht?

Zunächst kann die Behörde den Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auffordern darzulegen, ob es haftbedingte Unterbrechungen gegeben hat.

Daneben kann die Behörde ein Führungszeugnis anfordern, wenn sie dies zur Erledigung ihrer hoheitlichen Aufgaben benötigt und eine entsprechende Aufforderung an den Leistungsempfänger unsachgerecht oder erfolglos ist.

Dies gilt jedoch nur für einfache Führungszeugnisse, nicht für erweitere Führungszeugnisse, denn diese dürfen von der Behörde nur angefordert werden, wenn dies zum Zweck des Schutzes Minderjähriger erfolgt, beispielsweise in der Kinder- und Jugendpflege nach dem SGB VIII.

Allerdings ist der Aussagewert des einfachen Führungszeugnisses bei kurzen Haftstrafen nur eingeschränkt, denn diese finden sich nur im Bundeszentralregisterauszug.

Zur Anforderung von Bundeszentralregisterauszügen sind aber nur wenige Behörden, nämlich Dienststellen mit besonderen Aufgabenbereichen, wie Gerichte, Staatsanwaltschaften, oberste Bundes- und Landesbehörden, Finanz- und Ausländerbehörden, gem. § 41 BZRG befugt. Ausländerbehörden haben daher einen umfassenden Auskunftsanspruch, damit sie über etwaige Statusfragen entscheiden können. Auch sehen sie Kurzfreiheitsstrafen von 3 Monaten und weniger. Die Sozialbehörde kann über § 74 Abs. 1 SGB I die Übermittlung dieser (Sozial-) Daten anfordern. Hierzu zählt aber nicht die Übersendung eines Bundeszentralregisterauszugs. Dies ist ohnehin nur obersten Bundes- und Landesbehörden gestattet und nur, soweit es zur Vermeidung von Nachteilen für Bund und Land unerlässlich ist. Im konkreten Fall wird eine Anforderung des Auszugs unzulässig sein.

Im Ergebnis wird man die Antragsteller, soweit eine Haftzeit zum Leistungsausschluss führen kann, im Rahmen der Mitwirkungspflicht auffordern, Angaben zu etwaigen Haftzeiten zu machen. Aus Gründen des Schutzes vor Diskriminierung sollte dies aber subtil mit der Frage

„Ist Ihr bisheriger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von Phasen des Freiheitsentzugs unterbrochen worden? Machen Sie dazu bitte Angaben!“

erfragt werden.