Es ist ein leidiges Thema, die Unterhaltungselektronik an der Schule. Und ein altes noch dazu. Wie, glauben Sie nicht? Ach kommen Sie … Wie war es denn früher? Jedenfalls nicht besser als heute: Zu Beginn meiner persönlichen schulischen Karriere war die Zeit der „Walkmans“ (um den ebenso populären wie grammatikalisch verfehlten Plural der tragbaren Kassettenspieler zu gebrauchen) als trendiger Ohrstöpsel-Unterhalter bereits vorbei; hier und da war noch ein „Discman“ (als sein artverwandter und nicht minder klobiger Nachfolger) anzutreffen, doch mehr und mehr genossen iPods und deren Äquivalente großflächige Verbreitung. Danach kamen irgendwann die Tamagotchis (meine Güte, waren die Dinger nervig!), und über das einfache Handy führte der technologische Weg unvermeidbar bis zum jetzigen digitalen Alleskönner.

Lange Rede, kurzer Sinn …

So ist es heutzutage: Von den Schülern geliebt (heiß und innig), von den Lehrern (nicht immer, aber oft) verteufelt – das Smartphone. Nun hat in einigen wenigen Bundesländern das neue Schuljahr schon wieder begonnen. Für uns Grund genug, sich mit der allwaltenden Gefahr des plötzlichen Verlustes jenes technischen Geräts zu befassen, von dem laut einer aktuellen Studie über die Hälfte aller Jugendlichen behauptet, ohne es nicht mehr leben zu können.
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte im April dieses Jahres die Gelegenheit, zu der eingangs erwähnten Frage Stellung zu beziehen. Es ging dabei um einen seinerzeit 16 Jahre alten Schüler, dem sein Lehrer wegen Smartphone-bedingter Störung des freitäglichen Unterrichts das Gerät wegnahm und über das Wochenende einbehielt. Dagegen klagte der Schüler und verlor das Verfahren.

… als Antwort: Ein klares „Jein“

Was heißt hier „Jein“? Da oben steht doch, er „verlor“. „Was soll dieses wachsweiche Gerede“, werden Sie sich vielleicht fragen. Bewahren Sie Geduld, werte Leser. Das Gericht hat die Frage aufgeworfen, ob es sich bei dem Entzug des Handys um einen Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht bzw. die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 14, Art. 2 Abs. 1 GG handelt und dies zunächst bejaht. Abgewiesen wurde die Klage letztlich aus formalen Gründen, denn der Schüler hatte mittlerweile die Schule gewechselt und damit bestand keine Gefahr mehr, dass sich der Vorgang wiederholen könnte – eine entscheidende Voraussetzung, um die Klage im konkreten Fall überhaupt zuzulassen. Also alles paletti, könnte man meinen.

Fazit: Alles in Butter für die Schule – fürs Erste

So einfach ist es nun doch wieder nicht. Während die Entscheidung auf vielen Seiten und in einigen Blogs mit der Überschrift „Lehrer darf Handy übers Wochenende einkassieren“ kommentiert wurde (zum Beispiel bei Spiegel Online), greift diese Darstellung in der Sache zu kurz.
Das Gericht hat nämlich – gerade, weil es die Klage bereits aus den genannten Gründen als „formal“ unzulässig abgewiesen hat – die aufgeworfene Frage nach der Grundrechtsverletzung inhaltlich gar nicht entscheiden können. Es hat lediglich ausgeführt, dass der (an sich bestehende) Eingriff in die Rechte des Schülers nicht schwerwiegend sei:

„Die fehlende Gebrauchsmöglichkeit des Handys über das Wochenende greife nicht in das elterliche Erziehungsrecht ein. Auch wenn der Schüler eigenem Vorbringen zufolge „plötzlich unerreichbar“ gewesen sei, stelle dies keine unzumutbare Beeinträchtigung seiner Grundrechte dar.“

Vielleicht doch nicht alles richtig gemacht?

Was wäre aber gewesen, wenn der Kläger nicht die Schule gewechselt hätte? Dann hätte das Gericht in der Tat näher prüfen müssen, ob die Wegnahme des Handys im Einzelfall gerechtfertigt war. Und daran kann man ernsthafte Zweifel hegen.
Schließlich ist auch die Schule als staatliche Institution in ihrem Handeln – auch und gerade was das Verhalten im Unterricht betrifft – an Recht und Gesetz gebunden. Soweit es also zur Gewährleistung eines reibungslosen Unterrichtsablaufs nötig ist, mag eine solche Maßnahme (stets vor dem Hintergrund der jeweiligen Landesgesetze) in Ordnung sein. Sobald sie jedoch die Privatsphäre des Schülers tangiert, wird es meist eng mit der Rechtsgrundlage.

Interessenabwägung mit der Glaskugel

Alles hätte, wäre und wenn nützt nichts, die Entscheidung ist rechtskräftig geworden und verbleibt damit jedenfalls zu einem gewissen Teil im Dunkel der juristischen Dogmatik. Freilich mag es aus Sicht der Schule (die ja neben der Bildung auch einen Erziehungsauftrag hat) charmant erscheinen, störende Mobiltelefone zeitweise einzuziehen – gerade auch, weil sie einen so empfindlichen Einschnitt für ihre Benutzer bedeuten.
Es sind jedoch durchaus Konstellationen denkbar, in denen ein betroffener Schüler einen konkreten Schaden erleidet, beispielsweise wenn er durch mangelnde telefonische Erreichbarkeit einen Aushilfsjob in den Ferien nicht ordnungsgemäß antreten kann. Ob also die vorübergehende Konfiszierung des Handys eine zulässige Maßnahme darstellt, lässt sich pauschal nicht beantworten.
Da bleibt zu Guter Letzt nur, Rüdiger Hoffmann zu zitieren: Das kann man so machen, muss man aber nicht …