Wer schon einmal eine Immobilie oder ein Grundstück gekauft hat, kennt den Weg: Ab zum Grundbuchamt, das berechtigte Interesse zur Einsicht in das Grundbuch (z. B. durch einen notariellen Kaufvertragsentwurf) vorweisen und schon kann der Grundbuchauszug ausgehändigt werden. Dort ist der Eigentümer genannt, die Grundstücksgröße, eingetragene Grundschulden zur Finanzierung und andere Rechte, wie Wege- oder Leitungsrechte. Im Unterschied zu dem im Folgenden beschriebenen Fall, kostet die Einsicht auch kein 50.000 Euro-Bußgeld, sondern meist nur eine Gebühr von 10 bis 20 Euro.

Zu Recht gibt es in der Grundbuchordnung (GBO) die Notwendigkeit, ein berechtigtes Interesse darlegen zu müssen (§ 12 GBO), da die im Grundbuch genannten Informationen nicht für jedermann gedacht sind. Wenn der Wohnungs- und Häusermarkt aber, wie derzeit, sehr angespannt ist, gewinnen diese Informationen noch mehr an Wert – gerade für Bauunternehmer.

Ein Bauunternehmer aus Baden-Württemberg wollte Grundstücke aufkaufen und hatte dafür die Unterstützung von einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, der, wie auch Notare, zur Einsicht in das elektronische Grundbuch ohne den Nachweis eines berechtigten Interesses berechtigt ist.

Dieser Vermessungsingenieur verschaffte dem Bauunternehmen die entsprechenden Daten, damit er den Eigentümern ein schriftliches Kaufangebot unterbreiten konnte. Das passierte in zwei Fällen und es wurden mehrere Hundert Grundstückseigentümer durch das automatisierte Abrufverfahren erfasst. Anschließend erhielten Eigentümer Kaufangebote, allerdings ohne auch weitere notwendige datenschutzrechtliche Informationen zu erhalten. Ein Eigentümer wunderte sich, woher der Bauträger die ganzen Informationen hatte und meldete den Vorgang bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI Baden-Württemberg) machte den Fall dann am 21. September 2022 in einer Pressemitteilung publik.

Datenschutzrechtliche Bewertung

Damit eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig ist, bedarf es einer Erlaubnisnorm. Ohne eine Gesetzesgrundlage ist jede Verarbeitung rechtswidrig. In Betracht kommen hier Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO („Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen“) und Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (berechtigtes Interesse).

Die Rechtsgrundlage zur „Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen“ ist ein sehr offener Tatbestand, der eingeschränkt werden muss, um einen Missbrauch zu vermeiden. Gerade ein „Ausforschen“ ohne Beteiligung oder Kenntnis des anderen ist ausgeschlossen. Somit scheidet u. a. eine vorsorgliche Datenverarbeitung auf Initiative des Verantwortlichen hin ohne Einbindung des Betroffenen aus (Paal/Pauly/Frenzel, 3. Aufl. 2021, DS-GVO Art. 6 Rn. 15).

Der LfDI Baden-Württemberg beschäftigte sich mehr mit dem berechtigten Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. So ist bei der Interessenabwägung im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zu berücksichtigen, dass zwischen dem Bauträger und den Eigentümern der Grundstücke keine vorherige Geschäftsbeziehung bestand und diese nicht davon ausgehen mussten, dass ihre Grundbuchdaten für werbliche Ansprachen zur Verfügung stehen. Zudem ist in diesem Fall von besonderer Bedeutung, dass die Eigentümer aufgrund der gesetzlichen Pflicht zur Datenerhebung weder der Grundbucheintragung widersprechen können noch der Datenübermittlung.

Diese gesetzliche Pflicht dient aber nicht der werblichen Ansprache, sondern der Rechtssicherheit bei Grundstücksgeschäften. Dementsprechend ist für die grundbuchrechtliche Einsichtnahme auch anerkannt, dass ein alleiniges Erwerbsinteresse nicht zur Auskunft berechtigt, es vielmehr bereits der konkreten Vertragsverhandlungen inklusive des Nachweises bedarf.

Verstoß gegen die Informationspflichten aus der DSGVO

Neben der fehlenden Rechtsgrundlage hat der Bauträger es auch versäumt, die betroffenen Eigentümer über die Herkunft der Daten zu informieren (siehe Art. 14 DSGVO). Werden personenbezogene Daten vom Verantwortlichen verarbeitet, muss der Datenverarbeiter die Betroffenen u. a. darüber informieren, woher er ihre Daten erhalten hat, den Zweck der Verarbeitung, die Empfänger etc. Nur so ist es den Betroffenen möglich, ihre Rechte auch tatsächlich wahrzunehmen, z. B. Informationsrechte über Verarbeitungszwecke sowie die Dauer der Speicherung oder das Recht auf Berichtigung und Löschung. Auch auf Nachfrage das Eigentümers (der sich später beim LfDI beschwerte) wurde ihm vom Bauträger nicht mitgeteilt, woher dieser dessen Daten hatte. Insbesondere die Kenntnis von dessen Eigentümerstellung blieb unbeantwortet.

Aufgrund der genannten Verstöße erlies die Aufsichtsbehörde ein Bußgeld in Höhe von 50.000 Euro gegen den Bauträger und 5.000 Euro gegen den Vermessungsingenieur. Dass Daten aus dem Grundbuch oder anderen öffentlichen Registern ebenfalls geschützt werden, brachte der Landesbeauftragte, Dr. Stefan Brink, in der o. g. Pressemitteilung nochmal wie folgt zum Ausdruck:

„Verantwortliche sollten sich bewusstmachen, dass auch öffentliche Daten Schutz genießen und nicht zur freien Verfügung stehen. Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen machen deutlich, dass sich heimliche Datenverarbeitungen unter Ausnutzung spezieller Zugriffsrechte nicht auszahlen. Die Datenschutz-Grundverordnung gilt auch im hart umkämpften Markt um Bauland.“