Wieder einmal rückt der Internetkonzern Google mit seiner technischen Neuerung Google Glass in die Schlagzeilen. Bereits im Februar 2014 setzten wir uns mit der Funktionsweise der Datenbrille sowie deren rechtlichen Vereinbarkeit im Hinblick auf das Kunsturhebergesetz (Recht am eigenen Bild der Betroffenen) und das Datenschutzrecht im privaten Umfeld auseinander. Nun könnte die Datenbrille über den privaten Bereich hinaus auch innerhalb von Unternehmensabläufen zum Einsatz kommen. Gegenwärtig wird der Nutzen von Google Glass zur Unterstützung smarter Produktionsabläufe unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ getestet. Bewährt sich die Verwendung von Google Glass, könnte es in der weiteren Entwicklung z.B. zu einem Einsatz in der Endmontage von Serienfahrzeugen kommen, sodass mithilfe der Datenbrille etwa Prüfpläne effektiver abgearbeitet werden könnten.

Gegenwärtige Erprobung von Google Glass in der Industrie

Laut aktuellen Berichten erprobt die BMW-Group in einem US-Werk derzeit den Einsatz der Datenbrille innerhalb der Qualitätssicherung. Dabei zeichnen Beschäftigte per Google Glass Testreihen an Vorserienfahrzeugen auf. Ziel des Ganzen ist es, die Qualitätssicherung insgesamt zu beschleunigen und zu optimieren, indem durch die Verwendung der Datenbrille eine direkte Kommunikation zwischen den Qualitätsprüfern im Analysezentrum und den Entwicklungsingenieuren stattfindet. Somit können Beanstandungen mittels Foto, Videoaufnahme und/oder Background Video (permanente Videoaufnahme) schnell und vor allem anschaulich festgehalten werden, ohne die Notwendigkeit einer umständlichen schriftlichen Dokumentation. Da die entstandenen Fotos, Videoaufnahmen und/oder Background Videos im Anschluss daran auf einem separaten Server der BMW-Group gespeichert werden, können einzelne Arbeitsabläufe eines Beschäftigten auch nachträglich „durch seine Augen“ betrachtet und ausgewertet werden.

Rechtliche Bedenken

Auf den aufgenommenen Fotos und/oder Videos (Einzelbild oder Background Video) werden mit großer Wahrscheinlichkeit keine Personen abgebildet sein, sodass der Einsatz der Datenbrille innerhalb des Beschäftigungsverhältnis nicht wegen möglichen Verletzungen von Bildnisrechten als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes iSd. Art 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG problematisch sein wird. Allerdings kann es gerade bei einem Background Video zu einer Leistungskontrolle der betroffenen Beschäftigten und damit zu einer rechtswidrigen Totalüberwachung während der Arbeitszeit kommen. Denn mittels der getätigten Aufzeichnungen kann das Unternehmen Rückschlüsse beispielsweise auf Arbeitszeiten, Pausen sowie Schnelligkeit und Genauigkeit des Beschäftigten bei seinen Arbeitsabläufen ziehen, was wiederum einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (ebenfalls Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes) zur Folge haben könnte. Darüber hinaus ist ebenfalls fraglich, ob der geplante Einsatz der Datenbrille für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich erforderlich ist.

Wegen des bestehenden Überwachungspotentials von Google Glass handelt es sich insgesamt wohl um eine technische Überwachungseinrichtung, deren Einsatz daher zumindest der Zustimmung der Arbeitnehmer- bzw. der Personalvertretung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bzw. § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG bedarf.

Fazit

Der Einsatz von Google Glass in der Industrie stellt für die direkte Kommunikation bzw. Fehleranalyse bei Produktionsabläufen zwar eindeutig einen Fortschritt dar, gleichwohl dürfen die ebenfalls bestehenden rechtlichen Bedenken nicht außer Acht gelassen werden. Ansonsten könnte diese technische Neuerung nicht nur zu einer möglichen Alltagsüberwachung führen, sondern im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses auch zu einer Tätigkeitsüberwachung bzw. sogar zu einer rechtswidrigen Vollüberwachung der betroffenen Mitarbeiter führen.