Die Deutschen gelten in Europa als sogenannte Cash-Society. Denn im Vergleich zu vielen anderen Ländern sind wir als besonders bargeldaffin bekannt. Als Hauptargument für das Bargeld wird dabei häufig genannt, dass man sich bei dessen Einsatz keine Gedanken um Überwachung machen muss. Denn dem Geldschein lässt sich nach dem Bezahlvorgang, sobald er in der Kasse landet, keine Person mehr zuordnen. Durch die Corona-Pandemie, seitdem man in vielen Geschäften, Supermärkten und Restaurants aus Sorge vor einer möglichen Ansteckung um Kartenzahlung gebeten wird und Bargeld als hygienisch bedenklich gilt, hat sich dies jedoch geändert. Hierdurch beflügelt zahlen die Deutschen im Lebensmitteleinzelhandel mittlerweile bereits mehr als die Hälfte des Umsatzes mit der Karte. Zusätzlich erfreuen sich auch Bezahl-Apps wie Apple Pay oder Google Pay einer immer größeren Beliebtheit. Eine weitere Möglichkeit beim elektronischen Bezahlen stellen die sogenannten Kryptowährungen, wie Bitcoin oder die geplante Facebook-Währung Libra, dar, mit der man ab Ende dieses Jahres bezahlen können soll. Müssen wir nun befürchten, dass unsere Zahlungsdaten von Digitalkonzernen für deren Zwecke ausgenutzt werden?
Mögliche Auswertung der Zahlungsdaten
Aus Datenschutzsicht unterscheiden sich diese Zahlungsmöglichen deutlich voneinander. Denn während Banken die beim Einsatz von Kredit- oder Girokarten übermittelten Daten lediglich zur Zahlungsabwicklung verwenden und sich ansonsten schon traditionell nicht weiter für die Einkaufsdaten interessieren, gehören Daten und deren mögliche Auswertung für Digitalkonzerne zum Kerngeschäft. Dabei sind gerade die Einkaufsdaten für die Digitalkonzerne äußerst interessant, da sich hieran Verhaltensweisen besonders gut ablesen lassen. Zum Beispiel verfügt der chinesische Digitalkonzern Tencent angeblich über Algorithmen, über die sämtliche Zahlungsdaten des von Tencent angebotenen Zahlungssystems laufen. Dies kann dann etwa zur Folge haben, dass benötigte Kredite abhängig davon teurer werden, welche Freunde eine Person online hat oder ob man sich regelmäßig an zwei verschiedenen Orten aufhält. Aus der letztgenannten Tatsache will Tencent ableiten können, dass neben der Familie zusätzlich noch eine Freundin besucht wird. Dies erhöhe aus Sicht des Konzerns das Scheidungsrisiko und somit die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Darlehens.
Libra – Die Facebook-Währung
Es kann wohl mit recht großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass auch die großen Digitalkonzerne aus den USA über ähnliche Algorithmen zur Datenanalyse verfügen. Gerade Facebook ist nicht gerade dafür bekannt, es mit dem Datenschutz besonders genau zu nehmen. Denn anders als die traditionellen Banken, die Kredit- und Girokarten herausgeben und Zahlungsdienstleistungen anbieten, mit denen sie ihr Geld verdienen, besteht das Geschäftsmodell von Facebook bekanntermaßen darin, jede Art von persönlichem Verhalten auszuwerten. Den Einsatz seiner Digitalwährung Libra könnte Facebook dann ebenfalls zurückverfolgen und dazu nutzen, personalisierte Werbung noch genauer auszuspielen. Das Zahlungsverhalten von Facebooknutzern wäre für den Konzern eine willkommene Ergänzung der bereits vorhandenen Daten. Wir berichteten hierzu auch in unserem Blog.
Apple Pay und Google Pay
Hingegen scheint der Datenschutz beim Einsatz von Apple Pay gewährleistet zu sein. Die Zahlungstransaktionen werden bei Apple Pay über eine Gerätekontonummer vorgenommen. Apple Pay kennt die mit der Gerätekontonummer verknüpfte Kreditkartennummer nicht, da der Bezahlvorgang über die eigens erstellte Gerätekontonummer vorgenommen wird. Lediglich die Ortsdaten des Bezahlvorgangs werden an Apple – angeblich – anonym übertragen, wobei dies über die Datenschutzeinstellungen verhindert werden kann, indem der Ortungsdienst für Apple Pay ausgeschaltet wird. Daher können die Einkaufsdaten von Apple Pay nicht für personalisierte Werbung verwendet werden. Hingegen behält sich Google Pay wohl das Recht vor, eben diese Einkaufsdaten verwenden zu können. Vermutlich steht also zu befürchten, dass Datensätze von Google für individualisierte Werbung verwendet werden können.
Fazit
Bei Bitcoin kann wohl davon ausgegangen werden, dass hiermit lediglich spekuliert werden kann und hauptsächlich Aspekte wie Geldwäsche eine Rolle spielen. Hingegen kann bei Facebooks Digitalwährung Libra mutmaßlich davon ausgegangen werden, dass das Zahlungsverhalten und die damit zusammenhängenden Daten detailliert ausgewertet und zur Ausspielung von individualisierter Werbung genutzt werden. Der Zahlungsdienst von Apple scheint für den datenschutzkritischen Nutzer akzeptabel zu sein, da keine Einkaufsdaten direkt an Apple übermittelt werden. Bei der Nutzung von Google Pay ist wahrscheinlich kein datenschutzfreundlicher Einsatz garantiert, da sich das Recht vorbehalten wird, Einkaufsdaten für Werbung zu nutzen. Insgesamt gesehen lässt sich der Einsatz von Kredit- und Girokarten als auch der Einsatz von Apple Pay datenschutzrechtlich befürworten, es sei denn, man befürchtet, dass die Hausbank sich für das eigene Einkaufsverhalten interessiert. Freilich ist Bargeld dann anonymer.
Anonym
13. September 2021 @ 15:51
Wieso wird hier über Bitcoin geschrieben? Es werden keine Anwendungsszenarien aufgezeigt, die Technik nicht erwähnt, aber mal vom Leder gelassen, dass die Kryptowährung ja sowieso nur für Geldwäsche und Spekulation gut sei?
Wenn man augenscheinlich keine Ahnung hat, wovon man spricht, einfach mal die… Na Sie wissen schon. Oder musste das Buzzword zwingend in den Text eingepflegt werden?
Michael Rohde
17. September 2021 @ 15:40
Hallo,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Die von Ihnen in Bezug genommene Textstelle soll keinesfalls so verstanden werden, dass Bitcoins lediglich der Geldwäsche und Spekulation dienen. Denn der Blogbeitrag zielt maßgeblich darauf ab, die datenschutzrechtliche Problematik beim elektronischen Bezahlen aufzuzeigen, die beim Bitcoin nach derzeitigem Informationsstand nicht besteht. Dies soll durch die Erwähnung des Bitcoins in diesem Zusammenhang herausgestellt werden. Sollte dies bei Ihnen zu einem Missverständnis geführt haben, bitten wir dies zu entschuldigen.
Beste Grüße
Anonymous
2. September 2020 @ 8:55
Im 2. Absatz wachsen Verhaltenswiesen… schöner Tippfehler ! :-))
Daniela Windelband
2. September 2020 @ 9:57
Vielen Dank für den Hinweis. Auch wenn die Verhaltenswiesen schön blühen, haben wir sie gemäht und in Verhaltensweisen zurückversetzt.
Ihre Blogredaktion
iKunde
28. August 2020 @ 12:54
Eine sich vielleicht (bald) viel drängender zu stellende Frage dürfte sein, was tun, wenn Geschäfte Barzahlungen komplett ablehnen? Zumindest „Empfehlungen“ oder „Bitten“ gibt es bereits in einigen Geschäften.
Noch ist das Bundesbankgesetz dazu eindeutig: Gesetzliches Zahlungsmittel ist der EURO (in Noten und Münzen) und muss von jedermann (Ausnahme GEZ) angenommen werden.
Karlheinz Strasser
26. August 2020 @ 14:37
Vielen auf den Markt drängenden Zahlungsdiensteanbietern hat es bisher vor allem an echten Transaktionsdaten von Kunden gefehlt, um ihre Modelle und Algorithmen zu perfektionieren. Eine Situation, die sich durch Open Banking aufgrund der PSD2 (europäische Zahlungsdiensterichtlinie) ändert, soferne ein Kunde dazu seine Zustimmung erteilt. Die Herausforderung an die Einhaltung der Datenschutz- und Compliancebestimmungen wird nun noch größer, da mehrere Akteure die generierten Daten über API`s (Applikationsschnittstellen) für die jeweils eigenen Geschäftsmodelle nutzen.
Anonymous
26. August 2020 @ 13:53
> Bei Bitcoin kann wohl davon ausgegangen werden, dass hiermit lediglich spekuliert werden kann und hauptsächlich Aspekte wie Geldwäsche eine Rolle spielen.
Steile These.