Gängige Praxis im Jobcenter Offenbach (und wohl auch in vielen anderen deutschlandweit) war die Erstellung von Personalausweiskopien der (potentiellen) Leistungsempfänger. Hiergegen ging die Bürgerrechtsgruppe „Die Datenschützer Rhein Main“ vor (wir berichteten).
Zunächst wurden Beschwerden an den hessischen Sozialminister und den hessischen Datenschutzbeauftragten versandt.
Der hessische Sozialminister konnte in der Praxis des Jobcenters kein rechtswidriges Verhalten erkennen. Der hessische Datenschutzbeauftragte erklärte hingegen, dass das Einscannen des Personalausweises und dessen Speicherung in einer elektronischen Akte und/oder einem Dokumenten-Management-System im Bereich Sozialwesen, insbesondere im Anwendungsbereich der Sozialgesetzbücher 1,2,8 und 11 verboten sei. Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung wurde die übergeordneten Bundesbehörden, die Bundesministerien des Inneren und der Justiz, um eine rechtliche Bewertung des Sachverhaltes gebeten. Diese kamen zum selben Ergebnis wie der hessische Datenschutzbeauftragte: Das Fotokopieren und Einscannen von Ausweispapieren ist unzulässig! Die Sachbearbeiter haben lediglich das Recht, den Personalausweis in Augenschein zu nehmen, und die dort befindlichen Daten und Informationen manuell zu erfassen.
Daraufhin wurde das Jobcenter durch den hessischen Datenschutzbeauftragten angewiesen, seine Arbeitsweise dahingehend zu ändern, keine Kopie mehr anzufertigen und auch die bereits vorhandenen Kopien aus den Akten zu entfernen.
Update 20.04.2018:
Waren Ausweiskopien/Ablichtungen in Deutschland lange Zeit datenschutzrechtlich umstritten, sind sie seit Juli 2017 unter zwei Bedingungen zulässig (§ 20 Abs.2 Personalausweisgesetz):
- Nur der Ausweisinhaber oder eine andere Person mit der Zustimmung des Ausweisinhabers darf die Kopie erstellen.
- Die Kopie muss eindeutig und dauerhaft als solche erkennbar sein.
Zu beachten ist, dass nur der Ausweisinhaber die Kopie an Dritte weitergeben darf und jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten aus dem Ausweis der Einwilligung des Ausweisinhabers bedarf. Analog verhält es sich mit Passkopien (§ 18 Abs. 3 Passgesetz).
7. Juni 2017 @ 14:06
In den Jobcentern im Bergischen ist das aber noch, glaube ich, gängige Praxis.
12. April 2017 @ 8:50
wenn von Klarheit gesprochen wird, dann dürfte klar sein, das nichts im Unklaren sein kann, weil hier eine Transparenz zur Klarheit geschaffen wurde. Im Übrigen sollten die Mitarbeiter der Jobcenter darüber Kenntnis erlangen, damit es mal klar ist:-)
12. April 2017 @ 2:15
Ob und unter welchen Voraussetzungen Privatleute Ausweiskopien anfertigen dürfen, wird ggf. auf der Basis der Gesetze von den Gerichten entschieden. Von „Klarheit“ in dem jetzt festgelegten Sinne kann insoweit keine Rede sein – gegenüber dem Bürger ist diese behördeninterne Einigung auf eine bestimmte Gesetzesinterpretation irrelevant.
11. April 2017 @ 10:09
Wird auch Zeit!
Was in Bezug auf Ausweiskopien und ähnliche Handlungen (wie Pfandnahme des Ausweises) anbelangt wird es Zeit, dass der Gesetzgeber endlich seine Hausaufgaben macht und
1. eine abschließende Ausnahmeliste vom Verbot erstellt und
2. endlich eine ausreichende (Mindest-)Strafandrohung (bereits für den Versuch) einführt.
Vor allem in Hinblick auf die aufgedruckte Sicherheitsnummer sollte man eigentlich auch erwägen, Verstöße gegen das Verbot zur Straftat zu machen. Spätestens dann, wenn es ernste Konsequenzen für den Kopierenden selbst in Aussicht stehen, dürfte die Nachfrage nach sauberer Arbeitsweise deutlich steigen 😉
Dann hätte es viellicht auch