Im Januar 2012 stellte die Europäische Kommission ihren Entwurf für eine Datenschutz-Grundverordnung vor, die EU-weit direkt anwendbare Regelungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten festlegt und ein einheitlich hohes Datenschutzniveau in allen Mitgliedstaaten schaffen soll (wir berichteten).
Sowohl der Rat der Europäischen Union als auch das EU-Parlament sind seitdem angehalten, hierzu ihre Positionen zu erarbeiten, die dann in Verhandlungen miteinander diskutiert werden, um im Konsens ein Gesetzesvorhaben zu beschließen (sog. „Trilog“).
Aufgrund der immensen Komplexität und großer Interessenkonflikte bezüglich der Reforminhalte wurde der voraussichtliche Zeitrahmen bis zur Verabschiedung des Gesetzes in den letzten Monaten jedoch immer wieder weiter nach hinten korrigiert: Im EU-Parlament wird mittlerweile aufgrund der immensen Zahl von über 3000 Änderungsanträgen, die zum Verordnungsentwurf eingegangen sind, erst im Juli mit einer Orientierungsabstimmung im federführenden LIBE-Ausschuss gerechnet.
Gestern, am 06.06.2013, tagte in Luxemburg dann auch der Ministerrat als Rat für Justiz und Inneres (auch „JI-Rat“ genannt, bei dem nur Themen aus dem Bereich Justiz und Inneres debattiert werden und dessen Teilnehmer aus Vertretern der Innen- und Justizministerien der einzelnen EU-Mitgliedstaaten bestehen) erfolglos. Eine gemeinsame Position zum Verordnungsentwurf konnte nicht gefunden werden. In der Vergangenheit ist bekannt geworden, dass im JI-Rat Positionen erarbeitet werden, die die Regelungen des KOM-Entwurfs zur Datenschutz-GrundVO aufweichen und von dem derzeitig im Entwurf festgelegten Datenschutz-Standard nach unten abweichen sollen. Hiergegen regte sich insbesondere kurz vor der gestrigen Sitzung starker Protest von Bürgerrechtsverbänden und -aktivisten (Spiegel Online berichtete).
Für Furore sorgten insbesondere die extrem starken Lobbyaktivitäten, bei denen seit Beginn der Verhandlungen über den Verordnungsvorschlag mit unzähligen Stellungnahmen und „Verbesserungsvorschlägen“ versucht wird, auf eine Aufweichung des derzeitig im KOM-Entwurf festgelegten Datenschutzstandards hinzuarbeiten (die Süddeutsche berichtete).
Dass dies häufig gelingt, macht ein Vergleichsdokument der Initiative europe vs. Facebook deutlich (Link hierzu): Zahlreiche Formulierungen aus Vorschlägen einzelner Lobbyverbände finden sich auch jetzt schon – zum Teil wortgleich – in mehreren Änderungsanträgen der EU-Abgeordneten wieder. Das Portal Lobbyplag (Link hierzu) macht zudem – ausgehend von einer eigenen Analyse – anschaulich, welche Abgeordneten mit ihren Änderungsanträgen den Datenschutz eher schwächen oder eher stärken wollen.
Zum weiteren Zeitplan: Es bleibt abzuwarten, ob und wann eine Einigung zum Datenschutz auf EU-Ebene erzielt werden kann – nach der gestern ergebnislos gebliebenen Beratung des JI-Rates haben derzeit weder das EU-Parlament noch die EU-Minister eine gemeinsamen Position festlegen können, sodass sich der Beginn des danach anstehenden Trilogs immer weiter verzögert. Zur Zeit wird daher befürchtet, dass die Reform nicht mehr – wie geplant – vor Ende dieser Legislaturperiode, sondern erst nach der EP-Wahl im Mai 2014 verabschiedet werden kann.