Im September vergangenen Jahres argumentierte der Generalanwalt Paolo Mengozzi in seinem Gutachten, das geplante Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdaten an Kanada verletze europäische Grundrechte, da Kanada zu weitreichende Rechte zur Speicherung, Nutzung und Verarbeitung sensibler Daten erhalte. Der Europaabgeordnete Axel Voss zeigte sich letztes Jahr von diesem Gutachten enttäuscht und sah in dem „Datenschutz-Hype“ eine Übertreibung hinter der der individuelle Lebensschutz und die allgemeine Sicherheit zurückbleiben. Datenanalysen seien Lebensschutz für Unschuldige, so Axel Voss in einer Pressemitteilung weiter. Leider schienen diese Realitäten bei dem EuGH noch nicht angekommen zu sein.

Nun hat gestern der EuGH den Generalanwalt in seiner Argumentation bestätigt und das geplante Abkommen zum Austausch von Fluggastdaten vorerst gestoppt.

In einer Pressemitteilung stellt der Gerichtshof fest, dass das geplante Abkommen in seiner jetzigen Form nicht geschlossen werden darf.

Das geplante Abkommen ermöglicht eine systematische und kontinuierliche Übermittlung von Daten sämtlicher Fluggäste an eine kanadische Behörde. Der Zweck der Datenübermittlung soll in der Bekämpfung von Terror und grenzübergreifender schwerer Kriminalität liegen.

Die Daten geben Aufschluss über den gesamten Reiseverlauf, Reisegewohnheiten, Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Personen, finanzielle Situation des Fluggastes, Ernährungsgewohnheiten und Gesundheitszustand. Diese Daten sollen fünf Jahre gespeichert und ggf. an andere Behörden und Drittländer weitergegeben werden.

Der EuGH moniert, dass sensible Daten, wie Gesundheitsdaten übermittelt werden sollen. Gerade aber für die Übermittlung dieser Daten bedürfe es einer präzisen und besonders fundierten, auf andere Gründe als den Schutz der öffentlichen Sicherheit vor Terrorismus und schwerer Kriminalität gestützten Rechtfertigung, die hier aber fehle.

Daher sei die Übermittlung, Verarbeitung und Speicherung sensibler Daten nicht mit den Grundrechten vereinbar.

Außerdem moniert der EuGH die Speicherdauer von fünf Jahren. Sobald der Fluggast das Land wieder verlassen habe und sich bis dahin keine Gefahr im Bereich des Terrorismus oder grenzübergreifender schweren Kriminalität ergeben habe, ergebe sich keine Rechtfertigung für die weitere Speicherung der Daten. Sollten sich objektive Anhaltspunkte für eine Gefahr in den genannten Bereichen ergeben, dann sei hingegen eine Speicherung zulässig.

Der EuGH stellt fest, dass das Abkommen überarbeitet werden muss. So,

  • müssen Fluggastdaten klarer und präziser definiert werden,
  • dürfen Kriterien der Datenverarbeitung nicht zu Grundrechtsverletzungen führen,
  • darf Kanada nur Datenbanken verwenden, die es für die Bekämpfung von Terrorismus und grenzübergreifender schweren Kriminalität betreibt,
  • dürfen Fluggastdaten von Kanada nur an Länder weitergegeben werden, mit denen die EU ein entsprechendes Abkommen geschlossen hat,
  • muss die Einhaltung des Abkommens durch eine unabhängige Kontrollstelle sichergestellt werden und
  • muss dem Fluggast ein Recht auf Information im Fall der Verwendung der sie betreffenden Daten während ihres Kanadaaufenthalts eingeräumt werden.

Da es bereits Abkommen mit den USA und Australien zu Fluggastdaten gibt und auch für einen Austausch von Fluggastdaten innerhalb der EU eine entsprechende Richtlinie existiert, ist nicht ausgeschlossen, dass auch diese Abkommen und die Richtlinie wieder in den Focus des öffentlichen Interesses rücken und möglicherweise nochmals datenschutzrechtlich geprüft werden.