Dass die Augen eines Menschen sinnbildlich als „Spiegel der Seele“ bezeichnet werden, findet sich in der Gesellschaft nicht zuletzt in dem Ausdruck „Schau mir in die Augen“ wieder. Denn mit dieser Äußerung möchte die Person einen kurzen aber doch unverfälschten Blick in das innerste Wesen und Sein ihres Gegenübers erhaschen. Mit der Entwicklung des Eye-Tracking Systems macht sich dies nun auch die Forschung zu nutzen.
Was ist das genau?
Unter Eye-Tracking oder auch Blickerfassung versteht man generell die Aufzeichnung von Blickbewegungen einer Person mit Hilfe eines Gestells (sogenannter Eyetracker), wobei diese Bewegungen vorrangig aus fixierten Punkten und schnellen Augenbewegungen bestehen. Durch die genaue Aufzeichnung der einzelnen Bewegungen des Auges in Echtzeit wird es ermöglicht, detaillierte Einblicke in menschliche Verhaltensweisen in jeglichen Situationen zu bekommen. Trägt eine Person einen Eyetracker beispielsweise in einem Supermarkt, kann ihr Kaufverhalten, also welche Produkte wann, wie, warum und wie lange angesehen wurden sowie bezüglich welcher Artikel Aufmerksamkeit bzw. Interesse suggeriert und vor allem letztendlich die Kaufentscheidung gefällt wurde, analysiert werden.
Einsatz von Eye-Tracking in der Praxis
Neben dem Einsatz in Supermärkten gibt es zahlreiche weitere Anwendungsfelder von Eye-Tracking. So wirbt das schwedische Unternehmen Tobii Technology AB, welches sich auf die Entwicklung von Eye-Tracking Systemen spezialisiert hat, auf seiner Internetseite beispielsweise mit einem möglichen Einsatz bei Shopping Studien, bei Usability Studien, bei Simulationen sowie bei Mobile Device Tests. Das Ziel dieser vielfältigen Anwendungsfelder ist insofern jedoch weitestgehend identisch: Für den Kunden als Verwender der Eye-Tracking Technologie soll der beste Weg zu noch mehr Werbewirkung gefunden werden.
Einen weiteren Einsatz findet diese Technologie derzeit in einer Fast-Food Kette für Pizza, indem der Kunde anstatt einer Speisekarte einen Tablet mit integrierter Kamera bekommt, auf dem die verschiedenen Zutaten allein mittels Symbolen abgebildet werden. Das im Tablet integrierte Eye-Tracking System erkennt sodann auch unter Registrierung geringster Veränderungen der Netzhaut, wie lange der Kunde welche Zutat anguckt. Schließlich wird dem Gast nur nach kurzer Zeit (ein paar Sekunden) eine Pizza nach seinen durch Blicke geäußerten Wünschen kreiert. Damit wird der typischen Entscheidungslosigkeit von Kunden vorgebeugt. Was aber, wenn der Gast seinen Blick etwas zu lange auf eine Zutat richtet, diese jedoch nicht als Belag für seine Pizza favorisiert?
Probleme mit dem Datenschutz
In rechtlicher Hinsicht basiert diese hierzulande momentan ausschließlich für Studien eingesetzte Technik auf einer durch Probanden abgegebenen Einwilligung. Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, dass sich die Eye-Tracking Technologie auf lange Sicht in den Alltag etablieren kann. Die USA machen es vor: Dort setzt ein weltweit tätiger Einzelhandelskonzern in seinen Supermärkten schon jetzt versteckte Kameras ein, die sich hinter Regalen befinden und die Augenbewegungen der Kunden zur umfangreichen Analyse des Kaufverhaltens eines Einzelnen aufzeichnen.
Die datenschutzrechtlichen Probleme die sich aus einem derartigen Einsatz von Eye-Tracking ergeben würden, sind nichts Neues. Insbesondere die verdeckte Videoüberwachung und die damit einhergehende Verletzung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung, aber auch eine in Betracht kommende Speicherung der Daten auf Servern außerhalb der EU sind nur zwei Bespiele von vielen.
Neben datenschutzrechtlichen Aspekten bestehen jedoch ebenso andere Bedenken. Denn die Vorstellung, dass unsere Gedanken oder Wünsche mittels einer Kamera gelesen und ausgewertet werden könnten, ist und bleibt befremdlich. Als Konsequenz könnte ein Dritter, welcher die Eye-Tracking Technologie nutzt, möglicherweise mehr über einen wissen, als man selbst. Denn wer ist sich seiner Gedanken immer bewusst bzw. hat diese stets „vor Augen“?