Unternehmen, die gesetzlich zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtet sind, dürfen nur solche Personen bestellen, die in der Lage sind, diese Aufgabe frei von sachfremden Zwängen auszuüben.

Wenn diese Anforderungen nicht berücksichtigt werden, kann das betreffende Unternehmen notfalls mit einer Geldbuße dazu gezwungen werden, meint Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA).

Mit der Frage des Interessenskonflikts haben wir uns mehrfach in unserem Blog bereits im letzten Jahr beschäftigt. Hintergrund war die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten, der gleichzeitig Personalchef bzw. Betriebsratsmitglied war.

Im aktuellen Fall hat der Präsident des BayLDA sich auf eine causa bezogen, bei der der Datenschutzbeauftragte gleichzeitig IT-Manager des Unternehmens war. Hierin sah er einen Interessenskonflikt, denn diese Doppelfunktion liefe darauf hinaus, dass der Datenschutzbeauftragte sich selbst in seiner anderen Funktion als IT-Manager kontrolliere. Als IT-Manager habe er maßgebliche operative Verantwortung für Datenverarbeitungsprozesse, die er als Datenschutzbeauftragter schwerlich selbst kontrollieren dürfe.

Auf den ersten Blick gibt das Datenschutzrecht im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten nur bedingt Auskunft zur Frage der Interessenskollision. Im Strafrecht kennen wir die Frage der Interessenskollision, auch Prävarikation genannt, aus § 146 StPO (Fall der Doppelverteidigung) oder aus § 68b Abs. 1 S. 3 StPO (Ausschluss als Zeugenbeistand wegen befürchteter Beeinträchtigung der Beweisaufnahme). Auch aus dem Rechtsgebiet des Betreuungs- und Vormundschaftsrechts ist die Interessenskollision geregelt. So regelt § 1795 BGB in Ergänzung zum In-Sich-Geschäfts gem. § 181 BGB den Ausschluss des Vormunds bei Rechtsgeschäften zwischen dem Vormund als natürliche Person und dem Mündel, gesetzlich vertreten durch den Vormund. Soweit der Betreuer aus rechtlichen Gründen, wegen der Möglichkeit der Interessenskollision, gehindert ist, ist mindestens ein Ergänzungsbetreuer eben für diesen Rechtskreis gem. §§ 1899 Abs. 4, 1908i, 1795 BGB zu bestellen. Und Mitarbeiter in einer stationären Einrichtung dürfen a priori nicht zu Betreuern der Bewohner gem. § 1897 Abs. 3 BGB bestellt werden.

Das BDSG hingegen stellt § 4f Abs. 2 S. 1 BDSG lediglich auf die Fachkunde und Zuverlässigkeit ab, während § 4f Abs. 3 S. 2 BDSG Weisungsfreiheit des Datenschutzbeauftragten vorschreibt.

Während andere Rechtsgebiete die Frage der Zuverlässigkeit ausschließlich nach subjektiven Kriterien, also der konkreten charakterlichen Eignung des Betroffenen, beurteilt, hat die Zuverlässigkeit i. S. d. § 4f Abs. 2 BDSG subjektive, aber auch objektive Faktoren.  Subjektive Faktoren sind auch hier die der persönlichen Eigenschaften. Objektive Faktoren lassen sich auf mögliche Interessenskollisionen reduzieren. Dieser drängt sich stets dann auf, wenn es an der klaren Trennung zwischen der verantwortlichen Stelle und dem Beauftragten fehlt. Die klare Trennung muss in organisatorischer, inhaltlicher, hierarchischer, aber auch wirtschaftlicher Hinsicht erfolgen. Der Datenschutzbeauftragte darf sich in der jeweils anderen Funktion nicht mit den personenbezogenen Daten befassen, sei es als EDV-Abteilungsleiter, sei es Leiter der Marketing-Abteilung, weil er ansonsten der Kontrolle durch sich selbst unterläge.

Ein wirtschaftlicher Interessenskonflikt ergibt sich zwangsläufig, wenn der Datenschutzbeauftragte selbst Anteilseigner des Unternehmens ist oder zumindest ein eigenes Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens hat.

Ein hierarchischer Interessenskonflikt besteht, wenn der Datenschutzbeauftragte selbst in Entscheidungsprozesse eingebunden ist, die den Datenschutz betreffend, er aber aus dem Subordinationsverhältnis in seiner Funktion als Datenschutzbeauftragter frei in seinen Entscheidungen ist. Diese Konstellation kollidiert in jedem Falle mit dem Weisungsfreiheitsgebot aus § 4f Abs. 3 BDSG.

Auf europäischer Ebene wurde diese Frage dankenswerter Weise eindeutig beantwortet, denn Art. 36 Nr. 4 des Ministerratsentwurfs zur DGSVO wurde wörtlich übernommen: Art. 38 Abs. 6 S. 2 DSGVO regelt nunmehr, dass Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter sicherstellen, dass Aufgaben und Pflichten (des Datenschutzbeauftragten) nicht zu einem Interessenskonflikt führen.

Die Entscheidung des BayLDA verdeutlicht, wie wichtig die tatsächliche Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten ist und dass eine Unterschätzung des Datenschutzes zu mitunter schmerzlichen Sanktionen führt.