Wie steht es um Ihre sportliche Betätigung? Waren Sie am Wochenende aktiv? Denn da steht ja bei den meisten Sport auf dem Programm. Wenn ja, könnten Sie dadurch möglicherweise bald in den Genuss von Prämien, Zuschüssen oder sonstigen Rabatten Ihrer Krankenversicherung gelangen.

Immer mehr Versicherungen überlegen sich Strategien, wie sie das Gesundheitsverhalten ihrer Mitglieder beeinflussen können. Die private Generali Versicherung etwa hat zum 1.7.2016 einen besonderen Tarif eingeführt, durch den günstige Beiträge für die Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung ermöglicht werden sollen. Wir haben darüber in unserem Blog (hier) berichtet. Aber dieser Trend ist längst auch bei den gesetzlichen Krankenkassen angekommen: Die AOK Nordost etwa hat bereits Anfang dieses Jahres ein vollständig nutzbares digitales Prämienprogramm entwickelt, wodurch die Teilnehmer Prämienpunkte sammeln und diese dann in attraktive Geld- und Sachprämien umtauschen können. Und nun ziehen weitere gesetzliche Kassen nach, jüngst die Techniker Krankenkasse (TK). Aufgrund ihrer Erkenntnis, dass inzwischen jeder siebte Erwachsene einen Fitnesstracker nutzt, spielt die TK mit dem Gedanken, die Nutzung von Fitnessarmbändern (Wearables) in ihr Bonusprogramm zu integrieren. Getreu dem Motto: „Je gesünder deine Lebensweise, desto mehr kannst du sparen.“ Auch andere gesetzliche Krankenversicherungen springen auf den Zug auf. Und es werden bald sicher auch noch mehr. Die DAK-Gesundheit etwa vergibt Zuschüsse für den Kauf von Smartwatches und Fitness-Trackern. Einzige Bedingung dabei ist, dass die Geräte mit einer entsprechenden App ausgerüstet sind und der Kunde seine Gesundheitswerte dokumentieren und belegen muss.

Und wo ist der (datenschutzrechtliche) Haken?

Auf den ersten Blick klingt es verlockend und es scheint, als würden die Krankenkassen nur etwas Gutes tun wollen, indem sie zu sportlichen Aktivitäten anspornen und einen finanziellen Anreiz geben wollen. Doch zu welchem Preis?

Bei der Weitergabe der Fitnessdaten an Versicherungen oder an von dieser für die Auswertung beauftragten Daten-Treuhänder ist jedenfalls Folgendes zu beachten: Der Kunde offenbart durch den Fitnesstracker eine Vielzahl an personenbezogenen und ggf. sensiblen personenbezogenen Daten (§ 3 Bundesdatenschutzgesetz – BDSG), die er an die Versicherung bzw. Daten-Treuhänder zur Auswertung übermittelt. Die heute bereits auf dem Markt befindlichen Fitnesstracker sind bereits „schlau“ und können Schlafdauer und Blutdruck messen, die zurückgelegten Schritte zählen sowie Informationen zur Ernährung auswerten. Es ist davon auszugehen, dass dieser Trend stark ansteigen und die Fitnesstracker dazu lernen und noch schlauer werden. An Systemen zur Messung des Blutzuckerspiegels oder des Alkohols über die Haut etwa wird bereits gearbeitet.

Solidargemeinschaft in Gefahr

Durch die Teilnahme von nunmehr auch immer mehr gesetzlichen Krankenversicherungen am Fitness-Tracking steht zudem das Solidarprinzip in Gefahr. Denn der Grundsatz dieses Prinzips besagt, dass ein Bürger nicht allein für sich verantwortlich ist, sondern sich die Mitglieder einer definierten Solidargemeinschaft gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren. Wenn jedoch eine auf diesem Prinzip beruhende Versicherung ein Bonusprogramm entwickelt, wonach von vornherein Mitglieder aufgrund etwa einer (chronischen) Erkrankung oder finanziellen Engpässen faktisch ausgeschlossen werden, wird dieses Prinzip auf den Kopf gestellt und ausgehöhlt. Faktisch gesehen bemisst sich der Versicherungsbeitrag dann nämlich nicht mehr am Einkommen. Alte und kranke Menschen sind von vornherein die klaren Verlierer eines solchen Systems.

Ausblick

Wie sich Versicherungen die gewonnenen Erkenntnisse heute und in Zukunft zunutze machen, ist nicht vorhersehbar. Fest steht jedoch, dass Versicherungen an der Marktwirtschaft teilnehmen und haushalten müssen. Und der Fortschritt der Technik lässt sich ohnehin nicht aufhalten. Es wird sicher schon bald immer ausgeklügeltere Methoden geben, mit denen noch mehr Daten gesammelt und ausgewertet werden können. Big Brother lässt grüßen.

Und schließlich muss die Frage erlaubt sein, ob die Maßnahmen der Versicherungen überhaupt von Erfolg gekrönt sind. Die Bezuschussung von Fitnessarmbändern mögen gut gemeint sein, aber wer überprüft eigentlich, ob durch den Kauf des Fitness-Armbands das Mitglied auch tatsächlich mehr Sport gemacht hat? Allein durch den Kauf von Turnschuhen wird man ja leider auch nicht schneller und fitter. Und wie wird kontrolliert, dass auch tatsächlich das angemeldete Mitglied das kleine Armbändchen beim Joggen getragen hat und nicht etwa am Hundehalsband oder am Ventilator befestigt wurde. Am Ende hat es (hoffentlich) immer noch der Mensch selbst in der Hand, tatsächlich an einer gesunden Lebensweise zu drehen und zu feilen. Und so soll es auch bleiben.