In dem einen oder anderen Beitrag haben wir uns schon damit befasst, welche Informationen ein Arbeitgeber im Bewerbungs- und Einstellungsverfahren einholen darf, bzw. nicht einholen darf (siehe z.B. hier und hier). Hinsichtlich bestehender Vorstrafen gilt, dass nur nach solchen Vorstrafen gefragt werden darf, die für das konkrete Arbeitsverhältnis eine besondere Relevanz haben (z.B. Vermögensdelikte bei Kassierern). In der Konsequenz ist die pauschale Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses grundsätzlich unzulässig, da so die bestehenden Grenzen des Fragerechts umgangen würden. Anerkannt ist, dass in Einzelfällen bei Mitarbeitern mit besonders hervorgehobenen Stellungen im Unternehmen, bei denen Konflikte mit den Strafgesetzen generell von Gewicht sind, ein Führungszeugnis eingeholt werden kann.

Darüber hinaus gibt es bestimmte Unternehmensbereiche, in denen Mitarbeiter Führungs­zeugnisse beim Arbeitgeber oder einer zuständigen Behörde vorzulegen haben. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, bei denen es unbedingt auf die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter ankommt. Im Folgenden werden einzelne Beispiele hierzu aufgeführt:

Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen

Mitarbeiter, die im Bereich der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe tätig sind, dürfen gemäß § 72a des 8. Sozialgesetzbuches (SGB VIII) nur beschäftigt werden, wenn sie bei der Einstellung und sodann fortwährend in regelmäßigen Abständen ein sogenanntes „erweitertes Führungszeugnis“ vorlegen, das insbesondere für diesen Bereich einschlägige Vorstrafen wie etwa sexueller Missbrauch oder Misshandlung von Schutzbefohlenen enthält.

Üben Mitarbeiter eine sonstige Tätigkeit aus, bei der sie mit der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger befasst sind oder bei der sie in einer vergleichbaren Weise Kontakt zu Minderjährigen aufnehmen können, hat der Arbeitgeber das Recht, ein solches erweitertes Führungszeugnis zu fordern (§ 30a Bundeszentralregistergesetz).

Im kirchlichen Bereich werden zunehmend Vorschriften erlassen, die in diesen Fällen die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verpflichtend vorschreiben. Genannt seien hier beispielsweise das Bischöfliche Gesetz zur Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen im Rahmen der Prävention von sexuellem Missbrauch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, das Gesetz zur Regelung des Umgangs mit Erweiterten Führungszeugnissen für ehrenamtlich Tätige im Bistum Speyer oder die Präventionsordnung für den nordrhein-westfälischen Teil des Bistums Münster.

Bewachungsgewerbe

Für die Tätigkeit im Bewachungsgewerbe findet sich eine Regelung in § 34a Gewerbeordnung (GewO), nach der nur Bewachungspersonal eingesetzt werden darf, das die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Die in Umsetzung des § 34 Abs. 2 Nr. 3 GewO erlassene Bewachungsverordnung (BewachV) legt fest, dass die zuständige Behörde zur Überprüfung der Zuverlässig­keit der Mitarbeiter eine unbeschränkte Auskunft nach § 41 Abs. 1 Nr. 9 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) einholt.

Bewachungsgewerbe auf Seeschiffen

Für Bewachungsgewerbe auf Seeschiffen findet sich in § 31 GewO eine eigene Regelung. Dieses Gewerbe wird versagt, wenn der Gewerbetreibende nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit des eingesetzten Personals trifft. Welche das sind, ist in § 8 Abs. 3 der Seeschiffbewachungs­verordnung (SeeBewachV) sowie § 4 der Seeschiffbewachungsdurchführungsver­ordnung (SeeBewachDV) geregelt. Danach muss sich der Bewachungsunternehmer von den einzusetzenden Mitarbeitern ein aktuelles Führungszeugnis oder ein gleichwertiges amtliches ausländisches Dokument einer Behörde des Wohnortes vorlegen lassen.

Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen

Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen haben mindestens einen Betriebsleiter zu bestellen, der durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestätigt werden muss. Hierfür haben die Eisenbahnbetriebsleiter gemäß der Eisenbahnbetriebsleiterverordnung (EBV) ein aktuelles Führungszeugnis aus dem Bundeszentralregister vorzulegen.

Hafenanlagen

Zur Gewährleistung der Sicherheit in den Häfen regeln die Hafensicherheitsgesetze der Länder, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden im Rahmen einer Zuverlässig­keitsprüfung von Mitarbeitern mit – in den einzelnen Gesetzen näher bezeichneten – sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, unbeschränkte Auskünfte aus dem Bundeszentral­register einholen müssen/ können.

Transportgewerbe

Im Transportgewerbe trifft einen Frachtführer die Obliegenheit, den Transport von Waren so zu organisieren, dass sämtliche Schutzmaßnahmen getroffen werden, die zu einem Verlust oder einer Beschädigung der Ware beitragen können. Hierzu zählt neben einer angemessenen Routenplanung und der Auswahl des richtigen Fahrzeugs und von Warensicherungen unter anderem auch die richtige Auswahl der Fahrer, denen die Ware für den Transport anvertraut wird. Das OLG Naumburg stellte hierzu in seinem Urteil vom 28.03.2014 (Az.: 10 U 5/13) fest, dass es eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung darstellt, bei Einstellung eines Fahrers auf die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses zur Feststellung der Eignung für diese Tätigkeit zu verzichten, wenn es sich um Warentransporte nicht unerheblichen Wertes handelt.

Das Gericht stützt diese Vorgabe auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen mit dem Transportversicherer und geht dabei nicht darauf ein, woraus das Erfordernis abgeleitet werden soll, nicht nur tätigkeitsbezogene Straftaten (hier Eigentums- und Vermögensdelikte) abzufragen, sondern ein vollständiges Führungszeugnis einzuholen.

Öffentlicher Dienst

Zulässig ist die Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses bei Beamten. Diese sind im Rahmen des Erfordernisses ihrer charakterlichen Eignung zur uneingeschränkten Verfassungs­treue verpflichtet.

Das gilt zwar nicht pauschal für alle Anstellungsverhältnisse im öffentlichen Dienst, denn grundsätzlich ist auch der öffentliche Arbeitgeber an die Zielsetzung gebunden, die Geeignetheit eines Mitarbeiters für den konkreten Beruf festzustellen. Allerdings ist der öffentliche Arbeitgeber insgesamt zu einem größeren Auskunftsverlangen befugt, da die festzustellende Geeignetheit erfordert, dass ein Bewerber/ Mitarbeiter dem Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht insgesamt gewachsen ist. Eignungsmängel können sich hier auch aus Straftaten ergeben, die keinen unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis haben (vgl. auch Urteil v. BAG – 2 AZR 1071/12).

In vielen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst kann demnach die Einholung eines Führungszeugnisses zulässig erfolgen, insbesondere dann, wenn es sich um sicherheitsempfindliche Ämter (z.B. im Strafvollzug) handelt.