Um Straftaten von gewaltbereiten Fußballfans und Hooligans innerhalb der Stadien zu verhindern, könnte es bald zum Einsatz intelligenter Videoüberwachung durch die Polizei in den prominenten Sportstätten kommen. So sieht jedenfalls der Plan des ehemaligen Innenministers von Niedersachsen, Uwe Schünemann (CDU) aus.

Schließlich äußerte sich der Vize-Fraktionschef jüngst zu diesem Vorhaben. Demnach soll eine Überwachung der Stadien in Niedersachsen durch moderne intelligente Videosysteme erfolgen, die ein auffälliges Verhalten der Besucher frühzeitig identifizieren und automatisch Alarm schlagen. Erst dann würde die anwesende Polizei die Situation beobachten und gegebenenfalls schnell einschreiten. Ein derartiges Überwachungssystem sei nach Vorstellung des Politikers effizienter als die herkömmliche Dauerüberwachung der Umgebung. Dabei verwies er auch auf das Testprojekt der Bundespolizei am Berliner Bahnhof Südkreuz.

Datenschutz bei der intelligenten Videoüberwachung

Eine intelligente Videoüberwachung wirft zahlreiche datenschutzrechtliche Bedenken auf. Zwar dürften sich die Videosysteme zur Wahrnehmung des Hausrechts bzw. zum Schutz vor Straftaten auf die Rechtsgrundlage aus 4 Abs. 1 BDSG-neu stützen. Und auch die Polizei besitzt eigene gesetzliche Vorgaben für den Einsatz der Film- und Tonaufnahmen (so z.B. § 32 Abs. 3 Nds. SOG).

Werden jedoch biometrische personenbezogene Daten z.B. im Rahmen der Gesichtserkennung verarbeitet, bestehen für den Einsatz dieser Technologie erhöhte Anforderungen aus dem Datenschutzrecht. Immerhin würden bei der Verarbeitung von individuellen Gesichtsmerkmalen des Betroffenen, die sich in Hashwerte umrechnen unter untereinander abgleichen lassen, nahezu einzigartige Templates generiert. Anhand dieser Werte ließe sich die Person zukünftig ohne Weiteres im öffentlich überwachten Raum auffinden und Bewegungsprofile könnten erstellt werden.

Des Weiteren analysiert eine derartige Software das Verhalten der anwesenden Personen, so dass bereits schnelle Bewegungen oder aber das Warten an markanten Stellen als auffällig befunden werden könnte. Dieses führt nicht nur zu einer hohen Fehlerquote, sondern kann angesichts dieses Überwachungsdrucks für Betroffene einschüchtern wirken. Manch einer wird sich dann zwei Mal überlegen, den Raum zu betreten.

Zuletzt gilt es bei einer polizeilichen Maßnahme auch die Verhältnismäßigkeit dieses Mittels zu diskutieren, denn der nicht anlassbezogene Einsatz von der Videoüberwachung mit derartigen Eingriff in die Rechte der Stadiongäste könnte außer Verhältnis zum Zweck stehen. Dieses gilt umso mehr, wenn ohnehin andere, mildere Mittel bestehen, wie z.B. schärfere Eingangskontrollen oder Deeskalationsmaßnahmen.

Ferner greifen spätestens ab dem 25. Mai die Informationspflichten nach der DSGVO, wonach der Besucher vor Betreten des durch die Videoüberwachung erfassten Bereichs über die damit einhergehende Datenverarbeitung umfassend, transparent und in verständlicher Weise aufzuklären ist (Art. 12 DSGVO). Unter anderem ist durch Hinweisschilder auf den Verantwortlichen, die Speicherdauer der Videoaufzeichnung, die tatsächlichen Prozesse wie auch die Betroffenenrechte hinzuweisen. Wie das Hinweisschild aussehen könnte, zeigte die Aufsichtsbehörde im Datenschutz in Niedersachsen jüngst mit einer Beispiel-Grafik.

Die Besonderheit dieser Systeme erfordert zusätzliche Informationen, die sich vermutlich nicht auf einem herkömmlichen Schild abbilden lassen. Wie wird symbolisch und leicht verständlich dargestellt, dass hektische Bewegungen oder das „Schubsen“ innerhalb eines Rangs bereits von einem Computer automatisch Alarm auslösen könnte?

In Deutschland wäre der Rückgriff auf diese Technik ein Novum, wurde sie bei einem früheren Test 2011 in Stadion des KSC durch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erprobt und – unter anderem auch auf Grund scharfer Kritik – wieder eingestellt. Und weitere frühere Versuche erreichten nur unzureichende Trefferquoten. In anderen europäischen Ländern sieht es anders aus. Und auch beim UEFA Champions League Finals 2017 im National Stadium of Wales in Cardiff bestand die Zutrittskontrolle am Eingang des Stadions unter anderem aus einer Gesichtserkennungssoftware.

Ob sich dieser Gedanke durchsetzt und die Bundesliga zukünftig nicht nur auf dem Platz auf „Videotechnik“ setzt, steht in den Sternen. Angesichts der hohen Kosten für diese Systeme und den geringen Straftaten in den Sportstätten, die als solche festgestellt und verurteilt worden sind, bestehen ernsthafte Zweifel. Denn die Datensätze müssten auch entsprechend den technisch-organisatorischen Maßnahmen (Art. 32 DSGVO) sicher und nicht länger als 72 Stunden aufbewahrt werden.